Genetische Superkraft? Was wirklich zählt für sportlichen Erfolg

Wie stark beeinflussen unsere Gene sportliche Fähigkeiten wie Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer? Eine Studie zeigt, dass Veranlagung und Umwelt eng zusammenwirken – und warum Training trotzdem der Schlüssel zum Erfolg bleibt.

Warum meistern manche Menschen Yoga und andere scheitern schon beim Schneidersitz? © Pexels

Warum meistern manche Menschen Yoga und andere scheitern schon beim Schneidersitz? © Pexels

Ob Yoga, Sprints oder der klassische Klimmzug – nicht jeder startet mit den gleichen Voraussetzungen. Während einige scheinbar mühelos ihre Ziele erreichen, kämpfen andere trotz harter Arbeit mit scheinbar unüberwindbaren Hürden. Ein internationales Forscherteam hat nun untersucht, wie stark unsere Gene unseren Sport prägen und welche Rolle Training und Umwelt dabei spielen. Die Ergebnisse überraschen: Flexibilität und Kraft scheinen zu einem großen Teil in unseren Genen verankert zu sein – doch das bedeutet nicht, dass alles vorbestimmt ist.

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Karri Silventoinen von der Universität Helsinki hat den Einfluss von Genen und Umwelt auf die sportliche Leistungsfähigkeit untersucht. Dazu testeten die Wissenschaftler laut Tagesspiegel 198 Zwillingspaare im Alter von 6 bis 18 Jahren auf der portugiesischen Insel Madeira. Zwillinge eignen sich besonders für solche Studien, da sie entweder eineiig oder zweieiig sein können. Eineiige Zwillinge teilen fast identische Gene, während zweieiige Zwillinge im Schnitt nur die Hälfte ihres Erbguts gemeinsam haben. Dieser Unterschied erlaubt es, genetische Einflüsse von umweltbedingten Faktoren abzugrenzen.

Standardisierte Fitnesstests für messbare Ergebnisse

Die Studie umfasste standardisierte Tests wie den Eurofit-Test und den Fitnessgram-Test, die verschiedene sportliche Fähigkeiten messen. Übungen wie der Flamingo-Test (Balancieren auf einem Bein), der Beep-Test (ein Ausdauerlauf mit steigender Intensität) oder der 12-Minuten-Lauf testeten Ausdauer, Kraft und Flexibilität. Diese Tests wurden gewählt, da sie umfassende Daten zur körperlichen Fitness liefern.

Die Auswertung zeigte, dass die genetische Veranlagung einen großen Einfluss hat – vor allem auf die Beweglichkeit. Ob jemand im Sitzen die Zehen berühren kann, war zu 80 Prozent genetisch bedingt. Auch bei Kraftübungen wie Klimmzügen und Sit-ups spielten die Gene eine entscheidende Rolle. Überraschend gering war der genetische Einfluss dagegen beim Weitsprung, der als Maßstab für Explosivkraft gilt. Solche Unterschiede verdeutlichen, dass nicht alle sportlichen Fähigkeiten gleichermaßen von den Genen abhängen.

Mädchen und Jungen: Unterschiede in den Ergebnissen

Die Untersuchung ergab auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Mädchen schnitten bei Beweglichkeitstests deutlich besser ab, während Jungen bei Übungen zur Muskelkraft und Ausdauer, wie Klimmzügen oder Sprints, dominierten. Diese Unterschiede sind nicht ausschließlich genetisch bedingt, sondern werden auch durch hormonelle und körperliche Faktoren beeinflusst, die sich während der Entwicklung zeigen.

Gene und Umwelt: Ein Zusammenspiel

Karri Silventoinen erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, dass Gene nicht isoliert wirken. Sie beeinflussen indirekt auch das Verhalten, etwa die Bereitschaft zum Training. Kinder mit einer genetischen Veranlagung für Sport empfinden körperliche Aktivität oft als motivierender. Sie erhalten mehr positives Feedback aus ihrer Umgebung, was wiederum ihre Bereitschaft steigert, weiter zu trainieren. Dieser Effekt, bekannt als Gen-Umwelt-Interaktion, verstärkt sich mit der Zeit: Kinder formen ihre Umwelt aktiv, etwa durch die Entscheidung, einem Sportverein beizutreten oder regelmäßig zu trainieren.

Die Forscher betonen, dass Gene kein starres Schicksal sind. Umweltfaktoren wie Motivation, Förderung und Training können genetische Unterschiede ausgleichen. Silventoinen beschreibt diesen Prozess als dynamisch, da sich Gene und Umwelt gegenseitig beeinflussen und formen.

Training bleibt entscheidend

Trotz der hohen genetischen Einflüsse bleibt das Training ein Schlüsselfaktor. Während einige Menschen dank ihrer Gene schneller Fortschritte machen, können andere mit zusätzlichem Einsatz ähnliche Ziele erreichen. Die bekannte Aussage „Übung macht den Meister“ gilt daher weiterhin.

Was du dir merken solltest:

  • Eine Studie zeigt, dass Gene einen großen Einfluss auf sportliche Fähigkeiten wie Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer haben – beispielsweise ist die Beweglichkeit zu 80 Prozent genetisch bedingt –, jedoch bestimmen sie nicht allein die Leistungsfähigkeit.
  • Genetische Veranlagung und Umwelt interagieren: Kinder mit einer Veranlagung für sportliche Fähigkeiten trainieren oft mehr, empfinden Training als motivierender und erhalten positives Feedback, was ihre Entwicklung weiter fördert.
  • Trotz der genetischen Einflüsse bleibt Training ein entscheidender Faktor, da durch gezielte Übung und Förderung auch Menschen ohne optimale Gene ähnliche sportliche Erfolge erzielen können.

Übrigens: Eine andere Studie zeigt, dass Frauen weniger Sport als Männer benötigen, um ihre Lebenserwartung deutlich zu erhöhen. Warum das so ist, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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