Gefahr für die Demokratie? – CEO-Gehälter in Deutschland steigen 30-mal stärker als Reallöhne
In Deutschland steigen die Gehälter von Chefs deutlich stärker an als die der Beschäftigten – laut Oxfam eine besorgniserregende Entwicklung.

Manager streichen Rekordgehälter ein – viele Beschäftigte hingegen kämpfen mit stagnierenden Löhnen – das sorgt für wachsende Kritik.© Pexels
Während die Gehälter deutscher Vorstandschefs stark zulegen, fällt der Zuwachs bei Beschäftigtenlöhnen kaum ins Gewicht. Eine aktuelle Analyse von Oxfam vergleicht die Einkommensentwicklung von 2019 bis 2024 – und das mit ernüchterndem Ergebnis: In Deutschland stiegen die CEO-Gehälter 30-mal stärker als die Reallöhne. Oxfam und der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnen vor den Konsequenzen dieser Entwicklung.
Manager kassieren – Löhne stagnieren
Die internationalen Zahlen fallen sogar noch drastischer aus: Weltweit legten die Managergehälter im Median um 50 Prozent zu. Die Reallöhne der Beschäftigten stiegen im selben Zeitraum nur um 0,9 Prozent. Damit wuchsen die Einkommen der Spitzenmanager 56-mal so stark.
Laut Oxfam erhielten Vorstandschefs der 56 größten deutschen Unternehmen 2024 ein Median-Gehalt von rund 4,4 Millionen Euro. Das entspricht einem Plus von 21 Prozent gegenüber 2019. Die Reallöhne der Beschäftigten in Deutschland legten im gleichen Zeitraum lediglich um 0,7 Prozent zu.
„Die Gehälter von CEOs schießen weiter unkontrolliert in die Höhe und sind völlig losgekoppelt von der Lohnentwicklung normaler Beschäftigter“, sagte Leonie Petersen, Referentin für sozial-ökologische Transformation bei Oxfam Deutschland. Viele Menschen wüssten nicht mehr, wie sie steigende Mieten und Lebensmittelpreise bezahlen sollen, erklärte sie.
Oxfam und SoVD warnen vor schweren Folgen
Laut Petersen hat die zunehmende soziale Ungleichheit nicht nur wirtschaftliche Folgen: „Diese immer gravierendere Ungleichheit ist auch eine Gefahr für unsere Demokratie.“ Oxfam fordert deshalb höhere Steuern für Superreiche und eine Vermögenssteuer, um die Lohnschere zu verkleinern.
Neben der Besteuerung setzt sich die Organisation auch für einen Mindestlohn von mindestens 15 Euro pro Stunde ein. Zudem ruft Oxfam dazu auf, Gewerkschaftsrechte zu stärken und das Lieferkettengesetz nicht wie angekündigt abzuschwächen. Die Bundesregierung müsse verhindern, dass Rechte von Beschäftigten verwässert werden.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) meldet sich angesichts der Zahlen zu Wort. Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier zeigte sich entsetzt über die Entwicklung. Gegenüber der Berliner Morgenpost sagte sie: „Dass viele sich abgehängt fühlen, wenn sie von solchen Entwicklungen hören, ist nur verständlich.“ Die Corona-Pandemie habe viele Menschen finanziell schwer getroffen. Engelmeier warnte: „Welche Folgen, sich abgehängt zu fühlen, haben kann, erleben wir bei jeder Wahl aufs Neue.“
Die Menschen sehen Millionengehälter und zweistellige Gehaltssteigerungen auf der einen Seite und auf der anderen eine zu geringe Rentenerhöhung, eine unwürdige Debatte um die nötige Anhebung des Mindestlohns, ungebremst steigende Sozialabgaben und einen aktuellen Armutsbericht, der klar belegt: Arme werden ärmer, Reiche immer reicher.
Michaela Engelmeier
Engelmeier forderte die kommende Bundesregierung zum Handeln auf. Ansonsten werde die Spaltung der Gesellschaft noch „dramatische Formen“ annehmen.
Globale Datenbank zeigt Ausmaß der Ungleichheit
Die Auswertung basiert auf Daten von 1.984 Vorstandsvorsitzenden aus 35 Ländern, darunter 56 CEOs aus Deutschland. Alle analysierten Führungskräfte erhielten 2024 mehr als eine Million US-Dollar. Die Vergütungspakete beinhalten Grundgehalt, Boni und Aktienoptionen. Oxfam stützt sich bei der Analyse auf öffentlich zugängliche Finanzdaten der Datenbank S&P Capital IQ.
Auch auf internationaler Ebene ist die Ungleichheit ausgeprägt. Die International Labour Organisation (ILO) stellte im aktuellen Global Wage Report fest: Zwar sind die Reallöhne weltweit 2024 im Schnitt um 2,7 Prozent gestiegen. Doch in vielen Ländern stagnieren sie weiterhin – besonders in einkommensschwachen Regionen.
Laut ILO ist der Einkommensanteil der reichsten zehn Prozent weltweit dreimal so hoch wie jener der ärmsten 40 Prozent. Zusätzlichen Druck erzeugt die aktuelle Zollpolitik der USA. Sie könnte weltweit Arbeitsplätze gefährden und Konsumgüter verteuern – zulasten der breiten Bevölkerung.
Oxfam mahnt: Ohne politische Gegenmaßnahmen verschärft sich die Kluft zwischen Spitzenverdienern und der Mehrheit der Beschäftigten weiter. Die Organisation fordert deshalb entschlossenes Handeln auf nationaler und globaler Ebene.
Kurz zusammengefasst:
- Die CEO-Gehälter in Deutschland sind zwischen 2019 und 2024 dreißigmal stärker gestiegen als die Reallöhne der Beschäftigten.
- Laut Oxfam verdienen CEOs im Median 4,4 Millionen Euro im Jahr, während die Löhne der meisten Menschen kaum wachsen.
- Organisationen wie Oxfam und der SoVD warnen vor wachsender sozialer Ungleichheit und fordern politische Maßnahmen wie höhere Steuern für Superreiche.
Bild: © Pexels
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