Müllentsorgung im Gehirn erstmals entschlüsselt: Neue Hoffnung im Kampf gegen Alzheimer

Das glymphatische System im menschlichen Gehirn entfernt Abfallstoffe und könnte laut Forschenden der OHSU sogar Alzheimer vorbeugen.

An Mäusen wurde ein System der Abfallentsorgung im Gehirn bereits festgestellt, doch ob der Mensch ebenfalls so eines besitzt, blieb bis jetzt ein Rätsel. © OHSU/Christine Torres Hicks

Das glymphatische System ist eine Struktur im Gehirn, die Hirnflüssigkeit transportiert, um Stoffwechselabfälle zu beseitigen. Laut Dr. Juan Piantino, einem Neurologen an der Oregon Health & Science University (OHSU) wurde das glymphatische System bisher nur bei Mäusen nachgewiesen. Nun wurde es entgegen aller Erwartungen auch beim Menschen bestätigt. Dieses System könnte eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Alzheimer und andere Demenzerkrankungen spielen. Eine Studie der OHSU liefert erste Bilder.

In der Studie, die in Proceedings of the National Academy of Sciences erschien, injizierten Forscher fünf Patienten eine Kontrastlösung in das Gehirn und dokumentierten den Fluss der Hirnflüssigkeit mittels Magnetresonanztomografie (MRT). Diese floss durch klar definierte Kanäle entlang perivaskulärer Räume, anstatt sich diffus (also ohne klare Struktur) im Hirngewebe zu verteilen.

Übrigens: „Perivaskulär“ bedeutet „um ein Gefäß herum“, beziehungsweise „in der Nähe eines Gefäßes“.

Der Pfad der Flüssigkeit wurde durch eine spezielle MRT-Sequenz, die sogenannte „fluid-attenuated inversion recovery“ (FLAIR), erfasst. Diese machte die Kontrastflüssigkeit in hellen Kanälen sichtbar, wie die folgenden MRT-Scans zeigen.

Visualisierung der perivaskulären Räume im Gehirn. Bei Durchfließen der Kontrastflüssigkeit erhellten sich diese. (Quelle: Studie)

Neue Entdeckung im menschlichen Gehirn

Die Studie baut auf Forschungsergebnissen von Wissenschaftlern der University of Rochester auf. Die äußerten vor über einem Jahrzehnt den Verdacht auf eine solche Abfallentsorgung im Gehirn. Sie prägten auch den Begriff „glymphatisches System“. Bei Mäusen konnten diese Forscher den Effekt nachweisen. Die Existenz dieses Systems beim Menschen blieb jedoch bis zur aktuellen OHSU-Studie unbewiesen.

Ich war selbst immer skeptisch, und es gibt immer noch viele Skeptiker da draußen, die es immer noch nicht glauben. Das ist es, was diese Erkenntnis so bemerkenswert macht.

Dr. Juan Piantino

Die Patienten in der OHSU-Studie unterzogen sich zwischen 2020 und 2023 einer Gehirnoperation zur Entfernung von Tumoren und erhielten eine Injektion eines inerten Kontrastmittels, das über den Liquorraum im Gehirn verteilt wurde. „Inert“ bedeutet, dass von dieser Flüssigkeit keine schädliche Wirkung auf den menschlichen Körper bekannt ist.

Die FLAIR-Sequenz ließ diese perivaskulären Räume sichtbar erscheinen. „Es ist, als würden dunkle Kanäle im Gehirn plötzlich hell erscheinen“, sagte Dr. Erin Yamamoto, Neurologie-Assistenzärztin der OHSU und Mitautorin der Studie.

Menschen dachten immer, dass diese perivaskulären Räume wichtig sind, aber bewiesen war das nie – bis jetzt.

Dr. Juan Piantino
Dr. Erin Yamamoto und Dr. Juan Piantino von der Oregon Health & Science University (Bild: © OHSU/Christine Torres Hicks)

Hilft guter Schlaf gegen Demenz?

Die Forschung zeigt, dass dieses System für die Abfallentsorgung des Gehirns eine zentrale Rolle spielt. Es entfernt Stoffwechselabfälle wie die Proteine Amyloid und Tau. Diese Proteine gelten als Indikatoren für Alzheimer, da sie in Form von Plaque bei Patienten mit dieser Krankheit zu finden sind.

Forscher konzentrieren sich derzeit auf mögliche Behandlungsmethoden zur Förderung eines gesunden glymphatischen Systems. Im Raum stehen ein regelmäßiger Schlafrhythmus und die Vermeidung von Bildschirmen vor dem Schlafengehen.

Was du dir merken solltest:

  • Die Oregon Health & Science University konnte erstmals das glymphatische System, ein Abfallentsorgungssystem im menschlichen Gehirn, sichtbar machen.
  • Dieses System transportiert Flüssigkeit entlang perivaskulärer Räume und entfernt Stoffwechselabfälle wie Amyloid- und Tau-Proteine, wodurch es der Entstehung von Alzheimer vorbeugen könnte.
  • Zukünftige Forschung wird sich auf die Erhaltung eines gesunden glymphatischen Systems konzentrieren, etwa durch regelmäßigen Schlaf und einen screenfreien Schlafbereich.

Bild: © OHSU/Christine Torres Hicks

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