Lebenserwartung: Hat der Mensch seine biologische Grenze erreicht?
Die Lebenserwartung der Menschen steigt weltweit langsamer. Forscher sehen darin Hinweise auf eine mögliche biologische Altersgrenze.
In den letzten Jahrhunderten ist die Lebenserwartung der Menschen durch bessere Ernährung und medizinische Fortschritte deutlich gestiegen. Jetzt zeigt sich jedoch eine Verlangsamung dieser Entwicklung. Steht die Menschheit vor ihrer biologischen Grenze?
1871 lebten Männer in Deutschland durchschnittlich 35,6 Jahre, 2021 erreichten sie bereits 78,5 Jahre. Auch Frauen erlebten einen ähnlichen Anstieg: Ihre Lebenserwartung stieg von 38,5 auf 83,4 Jahre. Forscher mehrerer US-Universitäten haben nun festgestellt, dass sich dieser Anstieg in den letzten 30 Jahren deutlich verlangsamt hat. Die Wissenschaftler der Universitäten von Illinois Chicago, Hawaii, Harvard und Los Angeles (UCLA) stellten laut mdr fest, dass die Lebenserwartung weltweit nur um etwa sechseinhalb Jahre stieg.
Weniger Menschen erreichen 100 Jahre
Trotz medizinischer Fortschritte bleibt es für die meisten Menschen unwahrscheinlich, 100 Jahre oder älter zu werden. In Hongkong, dem Land mit der höchsten Lebenserwartung, liegt die Chance für Frauen bei 12,8 Prozent und für Männer bei 4,4 Prozent. In Ländern wie Japan, Frankreich und der Schweiz sind die Zahlen ähnlich, wenn auch leicht niedriger. Die Studie zeigt, dass Kinder, die in den letzten Jahren geboren wurden, in den meisten Ländern nur eine geringe Chance haben, 100 Jahre alt zu werden. Für Jungen liegt diese bei etwa 1,8 Prozent, für Mädchen bei rund 5,3 Prozent.
Biologische Grenzen rücken näher
S. Jay Olshansky von der University of Illinois Chicago erklärt, dass Menschen, die heute älter werden, dies vor allem der modernen Medizin verdanken. „Diese Fortschritte verlängern unser Leben, aber das passiert langsamer als früher“, sagt er. Die Forscher schätzen, dass die Lebenserwartung in den nächsten 30 Jahren nur um rund zweieinhalb Jahre steigen wird, deutlich weniger als in der Vergangenheit.
Olshansky betont, dass auch am Ende des Jahrhunderts die Chance, 100 Jahre zu erreichen, nicht stark zunehmen wird. Nach seiner Analyse könnten etwa 15 Prozent der Frauen und nur fünf Prozent der Männer dieses Alter erreichen. Dafür müsste der Alterungsprozess allerdings deutlich langsamer verlaufen.
Gesundheit statt höheres Alter
Die Wissenschaftler fordern, den Fokus stärker auf die Erhaltung der Gesundheit zu legen, anstatt weiterhin nur das Höchstalter zu erhöhen. Die sogenannte „Gesundheitsspanne“, also die Anzahl der Jahre, in denen Menschen gesund leben, wird immer wichtiger. Obwohl es auch in Zukunft möglich sein soll, dass einige Menschen 100 Jahre oder älter werden, bleibt das weiterhin eine Ausnahme. Nur mit erheblichem medizinischen Fortschritt könnten mehr Menschen dieses Alter erreichen.
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Frühere Forschungen deuteten darauf hin, dass Menschen theoretisch bis zu 150 Jahre alt werden könnten. Dafür müssten sie jedoch lernen, besser mit Krankheiten und Stress umzugehen. Ob dies in naher Zukunft gelingt, bleibt jedoch unklar.
Was du dir merken solltest:
- Die Lebenserwartung der Menschen ist in den letzten Jahrhunderten stark gestiegen, hat sich aber in den letzten 30 Jahren deutlich verlangsamt.
- Forscher vermuten, dass die Menschheit ihre biologischen Grenzen für ein längeres Leben erreicht hat, und schätzen, dass die Lebenserwartung in Zukunft nur geringfügig steigen wird.
- Statt die Lebensspanne zu verlängern, sollte der Fokus auf der Erhaltung der Gesundheit liegen, da die Chance, 100 Jahre zu erreichen, für die meisten Menschen weiterhin gering bleibt.
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