Warum bleiben Menschen so lange Kinder? 1,77 Millionen Jahre alter Fund gibt verblüffende Antworten

Forscher analysierten ein 1,77 Millionen Jahre altes Fossil. Der Fund zeigt, wie einzigartig die Kindheit der Menschen ist.

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Menschliche Kinder wachsen langsamer heran – warum ist das so? © Pexels

Warum wachsen wir Menschen eigentlich so lange heran, während Tiere meist viel schneller auf eigenen Beinen stehen? Eine neue Studie hat untersucht, warum unsere Kindheit im Laufe der Evolution länger wurde – und zeigt, wie eng das mit unserem sozialen Zusammenleben zusammenhängt. Dabei rückt ein 1,77 Millionen Jahre altes Fossil aus Georgien in den Fokus, das verblüffende Antworten liefert.

Die Besonderheit der menschlichen Kindheit

Im Vergleich zu anderen Menschenaffen zeichnet sich der Mensch durch eine ungewöhnlich lange Kindheitsphase aus. Während junge Schimpansen kurz nach dem Abstillen selbstständig Nahrung suchen müssen, können menschliche Kinder oft viele Jahre auf die Unterstützung von Erwachsenen zählen. Diese Zeit nutzen wir, um essenzielle Fähigkeiten zu erlernen, wie Sprache, Sozialverhalten oder komplexes Denken.

Der Schweizer Paläoanthropologe Christoph Zollikofer betont laut SRF, wie einzigartig diese Entwicklungszeit ist:

Ein Schimpanse hätte gar keine Zeit, in die Schule zu gehen.

Christoph Zollikofer

Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass das Wachstum unseres Gehirns der Grund für die verlängerte Kindheit ist. Das Gehirn benötigt während seiner Entwicklung sehr viel Energie, weshalb andere Prozesse – wie körperliches Wachstum – verlangsamt werden. Doch eine neue Studie von Zollikofer und seinem Team stellt diese Theorie infrage.

Was ein Fossil aus Georgien verrät

Im Zentrum der Untersuchung steht der Schädel eines elfjährigen Frühmenschen aus Dmanisi in Georgien. Dieses Fossil ist eines der ältesten Funde der Gattung Homo außerhalb Afrikas und stammt aus einer Zeit vor etwa 1,77 Millionen Jahren. Die Forscher analysierten die Zähne des Fossils, die ähnlich wie Baumringe Informationen über die Wachstumsphasen des Individuums liefern.

Die Forscher analysierten die Zähne des 1,77 Millionen Jahre alten Fossils. © ESRF

Dabei stellte das Team fest, dass die Zahnentwicklung des Frühmenschen der moderner Kinder erstaunlich ähnlich war. Das deutet darauf hin, dass unsere Vorfahren bereits damals eine lange Kindheit hatten – obwohl ihr Gehirn im Vergleich zu heutigen Menschen noch relativ klein war. Laut Zollikofer spricht dieses Ergebnis gegen die Annahme, dass das Gehirnwachstum allein für die verlängerte Kindheit verantwortlich ist.

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Soziale Strukturen als entscheidender Faktor

Stattdessen könnten die sozialen Strukturen der Frühmenschen eine Schlüsselrolle gespielt haben. Ein weiteres Fossil aus Dmanisi, das von einem zahnlosen, älteren Menschen stammt, legt nahe, dass dieser von seiner Gemeinschaft versorgt wurde. Diese Fürsorge könnte es jüngeren Generationen ermöglicht haben, länger zu wachsen und zu lernen, ohne früh für ihr eigenes Überleben sorgen zu müssen.

Besonders bemerkenswert ist die mögliche Rolle der Großeltern. Sie könnten nicht nur bei der Versorgung der Kinder geholfen haben, sondern auch Wissen und Erfahrung weitergegeben haben. Die Anthropologin Debbie Guatelli-Steinberg von der Ohio State University sieht hierin einen wichtigen Ansatz, ergänzt jedoch, dass das Gehirnwachstum nicht vollständig ausgeschlossen werden dürfe: „Es könnte ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren sein.“

©  2024 ESRF via YouTube

Was du dir merken solltest:

  • Die menschliche Kindheit ist im Vergleich zu anderen Menschenaffen deutlich länger, was es Kindern ermöglicht, essenzielle Fähigkeiten wie Sprache und Sozialverhalten zu erlernen.
  • Eine Untersuchung eines 1,77 Millionen Jahre alten Fossils zeigt, dass bereits frühe Menschen eine lange Kindheit hatten, obwohl ihr Gehirn relativ klein war.
  • Forscher vermuten, dass soziale Strukturen, wie die Unterstützung durch Gemeinschaften und Großeltern, entscheidend für die Entwicklung dieser verlängerten Kindheitsphase waren.

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