Protein im Übermaß – Diese Folgen hat zu viel Eiweiß für den Körper

Protein gilt als gesund, doch viele Menschen nehmen bereits genug auf. Fachleute warnen, dass zu viel Protein Risiken birgt und die Herkunft entscheidend ist.

Mann hält Shaker in der Hand

Soziale Netzwerke und Lebensmittelhersteller treiben den Protein-Trend voran, etwa mit Empfehlungen für Proteinshakes und stark beworbenen Eiweißprodukten. © Pexels

Protein steht heute für Gesundheit, Fitness und Leistungsfähigkeit. Supermarktregale sind gefüllt mit eiweißangereicherten Joghurts, Riegeln und Drinks. In sozialen Netzwerken gilt Protein fast als fester Bestandteil jeder Mahlzeit. Viele Menschen greifen gezielt zu, oft mit dem Gefühl, dem Körper etwas Gutes zu tun. Doch genau hier liegt das Problem. Neue Auswertungen zeigen, dass viele längst ausreichend versorgt sind. Zu viel Protein kann sogar gesundheitliche Risiken bergen.

Fachleute warnen: Mehr Eiweiß bringt für die meisten Menschen keinen Zusatznutzen. Entscheidend sind die Menge, die Herkunft und das Zusammenspiel mit anderen Nährstoffen.

Der tatsächliche Proteinbedarf im Alltag

Protein erfüllt wichtige Aufgaben im Körper. Es dient als Baustein der Muskulatur, ist Bestandteil von Enzymen und Hormonen und unterstützt das Immunsystem. Dennoch liegt der tatsächliche Bedarf deutlich niedriger, als viele vermuten. Ernährungsempfehlungen raten dazu, 15 bis 25 Prozent der täglichen Energiezufuhr über Protein zu decken.

Besonders greifbar sind die Richtwerte pro Körpergewicht. Empfohlen werden 0,84 Gramm Protein pro Kilogramm für Männer und 0,75 Gramm für Frauen. Auf den Alltag übertragen bedeutet das: Ein Mann mit 90 Kilogramm Körpergewicht benötigt rund 76 Gramm Protein pro Tag. Eine Frau mit 70 Kilogramm kommt auf etwa 53 Gramm. Der Bedarf steigt leicht im höheren Alter oder im Kindesalter, bleibt jedoch überschaubar.

Viele Menschen liegen bereits über diesen Werten. Trotzdem steigt der Konsum weiter. Häufig geschieht das gezielt über Pulver oder stark angereicherte Produkte.

Mehr Protein bringt kaum Vorteile

Im Kraftsport hält sich die Vorstellung, zusätzliche Eiweißmengen führten automatisch zu mehr Muskeln. Die Forschung zieht hier klare Grenzen. Menschen, die regelmäßig Krafttraining betreiben, können von einer höheren Zufuhr profitieren. Bis zu 1,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht gelten als sinnvoll. Für eine Person mit 90 Kilogramm entspricht das 144 Gramm pro Tag.

Alles darüber hinaus bringt keinen messbaren Nutzen. Weder Muskelkraft noch Muskelmasse nehmen weiter zu. Für Menschen ohne intensives Krafttraining ergibt sich ohnehin kein Vorteil. Überschüssiges Protein kann der Körper nicht einfach ausscheiden.

Protein liefert Energie. Wird mehr Energie aufgenommen als benötigt, speichert der Körper den Überschuss. Er wandelt ihn in Fettgewebe um. Ein dauerhaftes Plus auf dem Teller kann so zur Gewichtszunahme beitragen.

In diesen Fällen wird Protein zur Belastung

Für gesunde Menschen bleibt eine erhöhte Eiweißzufuhr meist ohne direkte Folgen. Anders ist die Lage bei bestimmten Vorerkrankungen. Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen sollten ihre Proteinzufuhr gezielt steuern, da eine dauerhaft hohe Aufnahme die Nieren zusätzlich belasten kann. Fachleute raten hier zu einer individuellen Beratung, um Risiken zu vermeiden.

In seltenen Extremfällen kann eine sehr einseitige Ernährung problematisch werden. Der Begriff „rabbit starvation“, auf Deutsch oft als Proteinvergiftung bezeichnet, beschreibt eine schwere Mangelerscheinung. Sie tritt auf, wenn über längere Zeit fast ausschließlich Protein gegessen wird, während Fette und Kohlenhydrate fehlen. Der Ausdruck geht auf historische Berichte aus dem frühen 20. Jahrhundert zurück, als Menschen nach einer solchen Ernährung schwer erkrankten.

Tierisch oder pflanzlich – Protein wirkt nicht immer gleich

Nicht jede Proteinquelle wirkt gleich. Die Herkunft spielt eine zentrale Rolle. Ein hoher Konsum tierischer Proteine steht laut den ausgewerteten Daten in Verbindung mit gesundheitlichen Risiken. Bei älteren Australiern zeigte sich ein erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod, besonders durch Krebserkrankungen. Eine weitere Studie beschreibt auch einen Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Viele tierische Proteinquellen enthalten viel gesättigtes Fett. Eine hohe Aufnahme dieser Fette erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Viele Menschen nehmen davon bereits mehr auf, als empfohlen wird.

Pflanzliche Proteinquellen schneiden günstiger ab. Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Nüsse liefern häufig zusätzlich Ballaststoffe. Diese fehlen in der Ernährung vieler Menschen. Ballaststoffe unterstützen die Darmgesundheit und senken das Risiko für chronische Krankheiten. Zudem zeigen sich Zusammenhänge mit besseren Cholesterinwerten und einem geringeren Diabetesrisiko.

Das Zusammenspiel der Nährstoffe zählt

Entscheidend ist die Gesamternährung. Protein, Fett und Kohlenhydrate erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Erst ihr Zusammenspiel hält den Körper leistungsfähig. Vitamine und Mineralstoffe ergänzen dieses System. Für den Alltag ergibt sich daraus eine klare, gut umsetzbare Orientierung:

  • Eiweiß über normale Mahlzeiten decken, statt gezielt auf Pulver oder Zusatzprodukte zu setzen
  • Pflanzliche Proteinquellen regelmäßig einbauen, etwa Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte oder Nüsse
  • Stark verarbeitete Proteinprodukte sparsam nutzen, da sie oft wenig Zusatznutzen bieten

Wer überwiegend ausgewogen isst und auf Vielfalt achtet, deckt seinen Proteinbedarf meist automatisch.

Kurz zusammengefasst:

  • Die meisten Menschen nehmen bereits genug Protein auf, denn offizielle Empfehlungen liegen deutlich niedriger als viele vermuten, und mehr Eiweiß bringt für die Mehrheit keinen zusätzlichen Nutzen.
  • Zu viel Protein kann Nachteile haben, weil überschüssiges Eiweiß Energie liefert, zur Gewichtszunahme beitragen kann und bei bestimmten Erkrankungen wie Nierenproblemen zur Belastung wird.
  • Entscheidend ist die Herkunft des Proteins, denn pflanzliche Quellen liefern zusätzlich Ballaststoffe und gehen mit geringeren Gesundheitsrisiken einher als ein hoher Anteil tierischer Eiweiße.

Übrigens: Lange galten Eier im Alter als Risiko fürs Herz, doch eine große Langzeitstudie mit über 8.700 Senioren zeigt nun überraschende Vorteile bei moderatem Konsum. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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