Früher Abbau von Gedächtnis und Konzentration? – Die Gehirn-Alters-Lücke könnte der Grund sein
Die Gehirn-Alters-Lücke verrät, wie stark Bluthochdruck und Diabetes das Denken beeinflussen – oft lange bevor erste Symptome auftreten.

Auf MRT-Bildern lassen sich Veränderungen erkennen, die zeigen, ob ein Gehirn biologisch älter ist als das tatsächliche Alter. © Pexels
Manche Menschen wirken geistig fit bis ins hohe Alter, andere verlieren schon früh an Konzentration, Merkfähigkeit oder Sprachfluss – obwohl sie gleich alt sind. Warum das so ist, beschäftigt Forscher seit Langem. Moderne Verfahren wie MRT-Bildgebung und künstliche Intelligenz liefern nun neue Hinweise: Sie machen sichtbar, wie stark sich das Gehirn im Laufe des Lebens verändert – und zeigen, dass diese Veränderungen nicht immer dem kalendarischen Alter folgen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass das biologische Alter des Gehirns deutlich vom tatsächlichen Lebensalter abweichen kann. Diese sogenannte Gehirn-Alters-Lücke (Brain Age Gap) steht in engem Zusammenhang mit der geistigen Leistungsfähigkeit – besonders bei Personen mit Bluthochdruck, Diabetes oder Gefäßerkrankungen.
Gehirn-Alters-Lücke steht in engem Zusammenhang mit Denkfähigkeit
In der Studie wurden die Gesundheitsdaten und Gehirnleistungen von 1.437 älteren Erwachsenen untersucht, die keine Demenz hatten. Sie waren im Schnitt 66 Jahre alt. Es zeigte sich: Wer unter Bluthochdruck, Diabetes oder einem früheren Schlaganfall litt, schnitt bei Tests zu Aufmerksamkeit, Reaktion und Denkvermögen deutlich schlechter ab.
Besonders bei Aufgaben, bei denen schnelle Entscheidungen oder visuelles Vorstellungsvermögen gefragt waren, zeigten sich klare Schwächen. Die sogenannte Gehirn-Alters-Lücke – also der Unterschied zwischen dem biologischen und dem tatsächlichen Alter des Gehirns – konnte einen Teil dieser Unterschiede erklären: Bei einfachen Aufgaben etwa 20 Prozent, bei schwierigeren Denkprozessen sogar über 30 Prozent.
Gefäßerkrankungen verstärken die negativen Effekte
Die Studie zeigte außerdem: Bei Menschen mit Durchblutungsstörungen im Gehirn altert das Gehirn besonders schnell. In dieser Gruppe hing ein großer Teil der geistigen Einschränkungen mit der Gehirn-Alters-Lücke zusammen – bei Denkaufgaben rund 34 Prozent, bei sprachlichen Fähigkeiten etwa 27 Prozent.
„Unsere Studie zeigt, dass mehr Risikofaktoren mit schlechterer kognitiver Leistung verbunden sind und dass die Brain Age Gap dabei eine Schlüsselrolle spielt.“, sagt Dr. Saima Hilal von National University of Singapore laut der American Academy of Neurology.
Lebensstilfaktoren haben großen Einfluss
In einer weiteren Untersuchung wurden 552 gesunde Erwachsene im mittleren Alter betrachtet, im Schnitt etwa 53 Jahre alt. Hier zeigte sich: Die Gehirn-Alters-Lücke war auch bei Personen mit Bluthochdruck oder regelmäßigem Alkoholkonsum tendenziell größer. Ein ungesunder Lebensstil scheint die Alterung des Gehirns also ebenfalls zu beschleunigen. Das deutet darauf hin, dass auch veränderbare Faktoren im Alltag entscheidend sind – etwa Ernährung, Bewegung und der Verzicht auf Alkohol oder Tabak.
Eine frühzeitige Erfassung der Gehirn-Alters-Lücke kann also helfen, das Risiko für geistige Leistungseinbußen besser zu verstehen und präventive Maßnahmen gezielter zu planen. Besonders bei Personen mit bestehenden Gefäßerkrankungen könnte sie Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für kognitiven Abbau geben – noch bevor erste Symptome auftreten. Dr. Hilal meint dazu abschließend:
Die Gehirn-Alters-Lücke kann ein hilfreicher Biomarker sein, um das Risiko für kognitiven Abbau zu bestimmen.
Kurz zusammengefasst:
- Die Gehirn-Alters-Lücke beschreibt, wie sehr das biologische Alter des Gehirns vom tatsächlichen Lebensalter abweicht.
- Eine größere Lücke hängt mit einer schlechteren geistigen Leistungsfähigkeit zusammen, vor allem bei Personen mit Bluthochdruck, Diabetes oder Gefäßerkrankungen.
- Als möglicher Frühindikator könnte die Gehirn-Alters-Lücke helfen, Risiken rechtzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern.
Übrigens: Mit Hilfe von KI und Ganzkörper-MRT lassen sich Veränderungen im Fett- und Muskelgewebe so präzise messen, dass sich daraus sogar die individuelle Sterblichkeit vorhersagen lässt. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
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