Fast die Hälfte der Kalorien von Kleinkindern kommt aus stark verarbeiteten Lebensmitteln

Eine Studie zeigt, dass britische Kleinkinder fast die Hälfte ihrer Kalorien aus stark verarbeiteten Lebensmitteln beziehen, was im Alter von sieben Jahren auf 59 Prozent steigt.

So sieht das Frühstück vieler Kinder aus. Doch leider steckt in den meisten Zerealien viel zu viel Zucker. © Unsplash

Kleinkinder in Großbritannien nehmen fast die Hälfte (47 Prozent) ihrer Kalorien aus stark verarbeiteten Lebensmitteln (UPFs – ultra-processed foods) auf. Diese Zahl steigt bis zum siebten Lebensjahr auf 59 Prozent, wie eine neue Studie des University College London (UCL) zeigt. Die Forschungsergebnisse, veröffentlicht im European Journal of Nutrition, basieren auf Daten von 2.591 Kindern, die 2007 und 2008 in Großbritannien geboren wurden. Die Eltern dieser Kinder führten über drei Tage hinweg detaillierte Aufzeichnungen über die Ernährung ihrer Kinder.

Die am häufigsten konsumierten UPFs bei den Kleinkindern im Alter von 21 Monaten waren aromatisierte Joghurts und Vollkorn-Frühstückszerealien, die normalerweise als gesund gelten. Doch bei den Siebenjährigen veränderte sich das Bild. Die häufigsten stark verarbeiteten Lebensmittel in dieser Altersgruppe waren süße Zerealien, Weißbrot und Desserts.

„Stark verarbeitete Lebensmittel sind nicht per se schlecht für die Gesundheit, und die von den Kleinkindern in unserer Studie verzehrten Produkte gelten oft als recht gesund“, erklärt Dr. Rana Conway vom UCL Institute of Epidemiology & Health Care, die Hauptautorin der Studie laut EurektAlert. Sie fügt jedoch hinzu: „Einige Vollkorn-Zerealien und aromatisierte Joghurts enthalten hohe Mengen an zugesetztem Zucker und Salz. Unsere Studie zeigte, dass Kleinkinder, die mehr dieser stark verarbeiteten Lebensmittel konsumierten, auch mehr Zucker und Salz aufnahmen.“ Dies sei besonders besorgniserregend, da Kleinkinder im Allgemeinen mehr Zucker und Salz zu sich nähmen, als empfohlen werde.

Conway betont weiter: „Neben dem Zucker- und Salzgehalt neigt eine Ernährung, die viele stark verarbeitete Lebensmittel enthält, dazu, Kinder weniger an die natürlichen Geschmäcker von frischen Lebensmitteln zu gewöhnen. Dadurch könnte die Bereitschaft, später gesunde Lebensmittel zu essen, abnehmen.“

Ernährungsgewohnheiten prägen die Zukunft

Die leitende Autorin der Studie, Professor Clare Llewellyn, ebenfalls vom UCL Institute of Epidemiology & Health Care, betont die Bedeutung der frühkindlichen Ernährung:

Die Essgewohnheiten in den ersten Lebensjahren sind entscheidend, weil sie Verhaltensmuster festigen, die sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen können.

Professor Clare Llewellyn

In der Studie zeigte sich, dass Kinder, die mit 21 Monaten eine hohe Menge an UPFs konsumierten, im Alter von sieben Jahren tendenziell weiterhin viele dieser Lebensmittel aßen.

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Die Forscher analysierten Daten der sogenannten Gemini-Zwillingskohortenstudie, in der die Nahrungsmittel und Getränke nach der NOVA-Klassifikation in vier Gruppen unterteilt werden: unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel (wie Eier, Milch, Gemüse, Fisch und Obst), verarbeitete kulinarische Zutaten (Salz, Butter und Öl), verarbeitete Lebensmittel (z. B. Dosenfisch, Erdnussbutter und Käse) sowie stark verarbeitete Lebensmittel (z. B. Zerealien, Joghurts, industriell hergestelltes Weißbrot, Kekse, Würstchen und Chips).

Stark verarbeitete Lebensmittel werden typischerweise industriell hergestellt und enthalten oft Zusatzstoffe wie Emulgatoren, Farbstoffe oder Süßungsmittel, die selten in der heimischen Küche verwendet werden.

Langfristiger Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel

In der Studie wurden die Kleinkinder in fünf Gruppen unterteilt, basierend auf ihrem Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln. Die Gruppe der Kleinkinder mit dem niedrigsten UPF-Verbrauch nahm 28 Prozent ihrer Kalorien aus UPFs auf. Die Gruppe mit dem höchsten Verbrauch bezog 69 Prozent ihrer Kalorien aus diesen Lebensmitteln. Die Forscher stellten fest, dass der Konsum von UPFs im Alter von 21 Monaten den Konsum im Alter von sieben Jahren vorhersagte. Kleinkinder, die zu den höchsten UPF-Essern gehörten, hatten eine 9,4-mal höhere Wahrscheinlichkeit, auch im Alter von sieben Jahren in dieser Gruppe zu sein.

In allen fünf Gruppen überstieg der Konsum von Zucker die von der britischen Regierung empfohlene Höchstmenge von 5 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs. In den beiden Gruppen mit dem höchsten UPF-Verbrauch lag der Zuckerkonsum im Durchschnitt sogar bei über 10 Prozent.

Politische Maßnahmen gefordert

Die Forscher betonten die Notwendigkeit politischer Maßnahmen, um den Anteil von stark verarbeiteten Lebensmitteln in der Kinderernährung zu reduzieren. Dazu gehören Maßnahmen, die die Bewerbung von ungesunden Lebensmitteln einschränken, die auf Kinder abzielen. Außerdem sind Warnhinweise auf Produkten mit hohem Zuckergehalt sinnvoll. Frische sowie minimal verarbeitete Lebensmittel sollten subventioniert werden.

Es ist in unserer derzeitigen Lebensmittelumgebung nicht einfach, Kinder gesund zu ernähren.

Dr. Rana Conway

Stark verarbeitete Lebensmittel sind oft günstiger als frische Produkte wie Obst und Gemüse. „Trotz Etiketten, die sie als gesunde Wahl ausweisen, enthalten ultra-verarbeitete Lebensmittel, die für Kinder vermarktet werden, oft zu viel Zucker und Salz. Das erschwert es Eltern, gesunde Entscheidungen zu treffen“, erklärt sie.

Im Rahmen der Studie stellten die Forscher auch fest, dass es eine Reihe von kommerziellen Produkten gibt, die zwar nicht als UPF klassifiziert werden, da sie keine typischen UPF-Zutaten enthalten, aber in ihrer Textur stark verarbeiteten Lebensmitteln ähneln. Dazu können Gemüsesticks oder -bällchen zählen sowie Snacks, die wie Kekse aussehen. Frühzeitiger Kontakt mit diesen Lebensmitteln, so die Forscher, fördert den Verzehr von Gemüse eher nicht, selbst wenn die Nährstoffe der Lebensmittel gesund sind.

Demografische Verzerrungen in der Studie

Eine Einschränkung der Studie betrifft die Zusammensetzung der Teilnehmer. Menschen mit weißer Hautfarbe und einem höheren sozioökonomischen Status sind in der untersuchten Stichprobe überrepräsentiert. Verglichen mit der britischen Bevölkerung insgesamt entspricht das nicht der Realität. Dies könnte die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Bevölkerungsgruppen einschränken.

Was du dir merken solltest:

  • Kleinkinder in Großbritannien beziehen fast die Hälfte ihrer Kalorien aus stark verarbeiteten Lebensmitteln. Bis zum siebten Lebensjahr steigt dieser Anteil auf 59 Prozent an. 
  • Stark verarbeitete Lebensmittel enthalten oft viel Zucker und Salz, was die Gesundheit der Kinder langfristig beeinträchtigen kann. 
  • Forscher fordern politische Maßnahmen, um den Konsum von ungesunden Lebensmitteln bei Kindern zu reduzieren und gesündere Ernährungsgewohnheiten zu fördern.

Übrigens: Wie die Deutschen essen, zeigt der aktuelle Ernährungsreport 2024. Dieser verdeutlicht, dass Frauen verstärkt auf gesunde Ernährung achten und der Fleischkonsum in Deutschland weiterhin zurückgeht. Was den Deutschen beim Essen sonst noch wichtig ist, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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