Der Klimawandel hat einen weiteren negativen Effekt – Unser Gemüse ist in Zukunft weniger gesund

Steigende CO2-Werte und Hitze lassen Gemüse schneller wachsen – wichtige Nährstoffe wie Kalzium, Eiweiß und Vitamine gehen dabei allerdings verloren.

Klimawandel entzieht unserem Gemüse die Nährstoffe.

Blattgemüse verändert sich durch Klimastress – es wächst üppiger, enthält aber weniger von dem, was unseren Körper wirklich stärkt. © Pexels

Gemüse, das schneller wächst und größer aussieht, wirkt auf den ersten Blick wie ein Fortschritt – ist aber in Wahrheit ein immer größer werdendes Problem für unsere Ernährung. Durch den Klimawandel verändern sich nicht nur Erntezeiten und Erträge, unser Essen enthält auch weniger Nährstoffe. Das heißt, die Qualität von Lebensmitteln sinkt – mit direkten Folgen für unsere Gesundheit.

Entscheidend sind dabei zwei Faktoren: der steigende CO2-Gehalt in der Atmosphäre und die zunehmende Hitze. Sie beeinflussen, wie Pflanzen wachsen – und was in ihnen steckt. Diese Effekte wurden nun unter kontrollierten Bedingungen untersucht. Das Ergebnis: Mehr Zucker, weniger Eiweiß, Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien – also genau jene Bestandteile, die eine gesunde Ernährung ausmachen.

Klimawandel-Effekt auf Gemüse simuliert – Nährstoffe schwinden

In speziellen Wachstumskammern simulierten Forscher die Klimabedingungen, die für Großbritannien bis zum Jahr 2050 erwartet werden. Dafür setzten sie Blattgemüse wie Grünkohl, Spinat und Rucola gezielt höheren CO2-Werten und Temperaturen aus. Die Veränderungen im Wachstum und Nährstoffgehalt wurden mit modernen Methoden wie Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC) und Röntgenfluoreszenz gemessen.

„Diese Umweltveränderungen können alles beeinflussen: von der Photosynthese und dem Wachstum bis hin zur Synthese und Speicherung von Nährstoffen in den Pflanzen“, erklärt Jiata Ugwah Ekele, Doktorandin an der Liverpool John Moores University. Ihre Studie wurde auf der Jahrestagung der Society for Experimental Biology in Antwerpen vorgestellt.

Die ersten Zahlen sind eindeutig:

  • Der Gehalt an Kalzium nahm in den getesteten Pflanzen deutlich ab.
  • Auch Antioxidantien – wichtig für den Zellschutz – gingen zurück.
  • Gleichzeitig stieg der Zuckergehalt in vielen Proben an.
  • Eiweiß- und Vitaminwerte lagen teils signifikant unter den Normalwerten.

Mit dem Klimawandel steigt der Zuckergehalt – und warum fehlen Nährstoffe?

CO2 wirkt wie ein Wachstumsbeschleuniger für Pflanzen. Er regt die Photosynthese an – also den Prozess, mit dem Pflanzen Licht in Energie umwandeln. Dadurch wachsen Blätter schneller und werden größer. Was dabei verloren geht: Die Zeit für die Einlagerung wichtiger Mikronährstoffe.

Hinzu kommt: Die gesteigerte Biomasse verdünnt den Gehalt an Proteinen, Vitaminen und Mineralien – ein Effekt, den Experten als „Nutrient Dilution“ bezeichnen. Das Ergebnis: Die Pflanzen liefern mehr Kalorien, aber weniger verwertbare Inhaltsstoffe.

Der Effekt könnte sich mit steigenden Temperaturen noch verschärfen

Steigt zusätzlich die Temperatur – wie es der Klimawandel bewirkt –, verschärft sich der Effekt. Die Hitze setzt Pflanzen unter Stress. Das beeinträchtigt sowohl die Nährstoffaufnahme aus dem Boden als auch die Fähigkeit, komplexe Moleküle wie Antioxidantien zu bilden.

„Das veränderte Gleichgewicht könnte zu einer Ernährung führen, die mehr Kalorien, aber weniger Nährwert bietet“, warnt Ekele. Besonders kritisch ist das für Menschen, die sich hauptsächlich pflanzlich ernähren – sei es aus kulturellen, gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen.

Wer besonders betroffen ist – und warum

Die Forschung zeigt: Die Auswirkungen auf die Nährstoffqualität betreffen nicht alle gleich. Besonders gefährdet sind:

  • Kinder und Schwangere, die einen erhöhten Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen haben
  • Menschen mit chronischen Erkrankungen, deren Immunsystem auf eine gute Versorgung angewiesen ist
  • Bevölkerung in Ländern mit wenig Ernährungsspielraum, etwa in Subsahara-Afrika oder Südasien
  • Sozial benachteiligte Haushalte, die sich hochwertige Lebensmittel oft nicht leisten können

„Es ist entscheidend, diese Auswirkungen zu verstehen, weil wir sind, was wir essen, und Pflanzen das Fundament unseres Ernährungssystems bilden“, so Ekele. In einer Welt, in der über zwei Milliarden Menschen bereits an verstecktem Hunger leiden – also an Mangelernährung trotz ausreichender Kalorienzufuhr –, verschärft der Klimawandel das Problem zusätzlich.

Was sich ändern muss – und was wir tun können

Diese Entwicklung erfordert ein Umdenken. Es reiche nicht aus, Erträge zu sichern – die Qualität müsse ebenso im Fokus stehen. „Unsere Arbeit schaut über die Quantität hinaus auf die Qualität dessen, was wir essen“, sagt Ekele.

Für eine gute Versorgung braucht es:

  • Neue Züchtungen robuster, nährstoffreicher Sorten
  • Verbesserte Böden und Anbaumethoden, die die Nährstoffaufnahme fördern
  • Klimapolitik, die Ernährungssicherheit als zentrales Ziel integriert

Nahrung ist mehr als nur Kalorienaufnahme; sie ist die Grundlage für menschliche Entwicklung und Anpassung an den Klimawandel.

Jiata Ugwah Ekele

Warum Gemüse trotz Nährstoffverlust unverzichtbar bleibt

Auch wenn der Klimawandel die Nährstoffzusammensetzung vieler Pflanzen verändert, bleibt Gemüse unverzichtbar für eine ausgewogene Ernährung. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liefert Gemüse wichtige Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe. Wer regelmäßig Gemüse isst – möglichst bunt, saisonal und abwechslungsreich –, senkt das Risiko für Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar bestimmte Krebsarten. Dabei gilt: Je frischer und regionaler das Produkt, desto besser fällt meist auch die Umweltbilanz aus.

Die DGE empfiehlt, täglich mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse zu essen – darunter möglichst viel Gemüse. Gegartes und rohes Gemüse sollten dabei abwechselnd auf dem Teller landen. Auch Tiefkühlprodukte oder Konserven können helfen, die tägliche Menge zu erreichen. Wer auf seine Kalorienzufuhr achtet, sollte häufiger zu Gemüse als zu Obst greifen – denn Gemüse hat meist eine geringere Energiedichte und sättigt dennoch gut.

Kurz zusammengefasst:

  • Der Klimawandel lässt Gemüse schneller wachsen – gleichzeitig verlieren viele Sorten aber wertvolle Nährstoffe wie Eiweiß, Kalzium und Vitamine.
  • Höhere CO2-Werte und Hitze führen zu einem Anstieg des Zuckergehalts, während wichtige Nährstoffe durch verdünnte Zusammensetzung und Hitzestress abnehmen.
  • Besonders betroffen sind Kinder, Schwangere und Menschen mit Vorerkrankungen – ihre Versorgung mit essenziellen Nährstoffen wird durch den Klimawandel erschwert.

Übrigens: Wenn Lebensmittel durch den Klimawandel an Nährstoffen verlieren, müssten wir dies genau analysieren – doch viele Nährwertdatenbanken sind unvollständig. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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