DNA-Durchbruch: Ein Mammut widerlegt eine These Einsteins

Ein Forschungsteam hat die 3D-Struktur der DNA eines 52.000 Jahre alten Wollhaarmammuts rekonstruiert und dabei erstaunliches entdeckt.

Mammut DNA

Ein neuer Fund liefert endlich eine Antwort auf die Frage, warum das Wollhaarmammut im Vergleich zu seinen noch lebenden Verwandten so plüschig ist. © Vecteezy

Ein internationales Forschungsteam um Erez Lieberman Aiden vom Broad Institute in Cambridge, USA, konnte erstmals die 3D-Struktur von Mammut-DNA rekonstruieren, die noch dazu rund 52.000 Jahre alt ist. Dies gelang mithilfe von fossilen Chromosomen, die laut Einstein eigentlich gar nicht existieren sollten.

Die Ergebnisse wurden im Journal „Cell“ veröffentlicht. Marcela Sandoval-Velasco von der Universität Kopenhagen, eine der Erstautorinnen, erklärte, dass man bereits wusste, dass winzige Fragmente alter DNA über lange Zeiträume überleben können. Die Chromosomen aus der gut erhaltenen Mammuthaut seien jedoch etwa eine Million Mal länger als die meisten Fragmente uralter DNA. Dies ermögliche es, nicht nur Teile der Sequenzen abzulesen, sondern auch herauszufinden, welche Gene in einer Zelle blockiert und welche aktiviert wurden.

Der Schlüssel war ein Mammutweibchen aus Ostsibirien

Das Mammutweibchen wurde 2018 in Ostsibirien ausgegraben. Olga Dudchenko, ebenfalls Erstautorin und Forscherin am Baylor College of Medicine in Houston, Texas, sagte, das Tier sei kurz nach seinem Tod spontan gefriergetrocknet worden. Mit diesem Fund widerlegte das Forschungsteam auch gleich eine Vorhersage, die Albert Einstein im Jahr 1905 getroffen hatte. Dieser veröffentlichte damals einen Artikel mit dem Titel „Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderten Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilen“. Dieser beinhaltete auch die sogenannte „Einstein-Gleichung“, mit der sich kurz gesagt berechnen lässt, wie schnell sich winzige Teilchen durch eine Substanz bewegen.

Nun ging Einstein aber davon aus, dass winzig kleine Teilchen (zu denen auch DNA gehört) keine Fossilien bilden können. Die entdeckten Chromosomenfossilien dürfte es also eigentlich gar nicht geben. Das Team fand jedoch heraus, dass sich diese in einem besonderen Zustand befanden – als wären sie in Glas eingeschlossen. Dieser Zustand, den die Wissenschaftler*innen „Chromoglas“ genannt haben, sei auf ebenjene spontane Gefriertrocknung zurückzuführen, die kurz nach dem Tod des Mammut-Exemplars stattgefunden haben muss. Die Kernarchitektur kann in einer dehydrierten Probe also unglaublich lange überleben. Dudchenko spricht von einem „Gamechanger“, der bisher unmögliche Einblicke in die DNA ausgestorbener Arten erlaube.

Experimentelle Bestätigung der Chromoglas-Theorie

Studienleiter Aiden erklärte, dass DNA in einem solchen Zustand wie ein Stau im Nanomaßstab sei, in einer Welt ohne Fahrbahnmarkierungen. In einem solchen Stau könnten sich DNA-Fragmente nicht weit bewegen – selbst nach Tausenden von Jahren. Die Annahme wollte das Team experimentell bestätigen, allerdings nicht mit originalem Mammut-Dörrfleisch, sondern mit gewöhnlichem Beef Jerky (Trockenfleisch aus Rind). Erstautorin Cynthia Pérez Estrada vom Baylor College of Medicine erklärte, das gefriergetrocknete Rindfleischstück sei nicht gerade zimperlich behandelt worden und habe auf Nanoebene trotzdem intakte Chromosomen behalten.

Chromosomen-Vergleich mit heutigen Elefanten

Durch die Chromosomenstruktur könne man nun wesentlich mehr Mammut-DNA mit dem Erbgut heutiger Elefanten vergleichen. So wie auch seine noch lebenden Verwandten hatte das Wollhaarmammut 28 Chromosomenpaare. Juan Antonio Rodríguez von der Universität Kopenhagen zeigte sich äußerst begeistert über diesen Fund.

Es war extrem aufregend, zum ersten Mal die Chromosomen eines ausgestorbenen Lebewesens zählen zu können.

Juan Antonio Rodríguez

Schlüsselgene für Haarfollikel entdeckt

Thomas Gilbert, ebenfalls von der Universität Kopenhagen, erklärt, dass das Wollhaarmammut bestimmte Schlüsselgene besaß, welche die Entwicklung von Haarfollikeln steuerten und deren Aktivitätsmuster sich völlig von dem bei Elefanten unterscheiden. Diese Abweichung, die eine Anpassung an seinen kalten Lebensraum gewesen sein dürfte, erklärt, warum Wollhaarmammuts ein so dichtes Fell haben und andere Elefantenarten nicht.

Ist eine Wiederbelebung des Mammuts in greifbarer Nähe?

Die genetischen Ergebnisse könnte Forschern Aufwind verleihen, die sich der „Wiederbelebung“ des Mammuts widmen. Einer von ihnen ist Genetiker George Church, Gründer der Firma Colossal Biosciences, die sich der sogenannten „De-Extinction“ ausgestorbener Tierarten verschrieben hat. Wenn man nun wisse, in welchen Mammutgeweben welche Gene an- und ausgeschaltet seien, könne man dies vergleichend auf Elefantengenome anwenden und Tiere züchten, die Mammuteigenschaften haben, so Church.

Die Methoden von Aiden und seinem Team könnten aber auch dabei helfen, die DNA von menschlichen Mumien genauer zu untersuchen. Vorausgesetzt, ihr Gewebe hat sich ähnlich gut erhalten.

Was du dir merken solltest:

  • Ein internationales Team hat erstmals die 3D-Struktur 52.000 Jahre alter Mammut-DNA rekonstruiert.
  • Sie entdeckten, dass Schlüsselgene die Entwicklung von Haarfollikeln steuern und dadurch den Unterschied zu den heutigen, felllosen Elefanten erklären.
  • Einstein irrte, als er annahm, dass DNA keine Fossilien bilden könne. Die Chromosomen des Mammuts wurden durch spontane Gefriertrocknung wie in Glas eingebettet konserviert.

Bild: © Thomas Quine via Wikimedia unter CC BY 2.0

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