Tasmanischer Tiger vor Wiederauferstehung – DNA aus 110 Jahre altem Schädel rekonstruiert

Forscher rekonstruierten fast vollständig das Genom des Tasmanischen Tigers aus einem 110 Jahre alten Schädel – ein spektakulärer Durchbruch.

Das Genom des ausgestorbenen Tasmanischen Tigers konnte aus einem 110 Jahre alten Schädel fast vollständig rekonstruiert werden.

Das Genom des ausgestorbenen Tasmanischen Tigers konnte aus einem 110 Jahre alten Schädel fast vollständig rekonstruiert werden. © Wikimedia

Einem australischen Forschungsteam ist es gelungen, wesentliche Teile der DNA des Beutelwolfs, auch bekannt als der Tasmanische Tiger, zu rekonstruieren. Der letzte Vertreter dieser Art starb 1936, nachdem der Mensch den nachtaktiven Raubtierbestand stark dezimiert hatte. Die Entdeckung eines gut erhaltenen Schädels, der seit über einem Jahrhundert in einem Eimer Ethanol aufbewahrt wurde, ermöglichte es, die genetische Struktur des Beutelwolfs nahezu vollständig nachzuvollziehen. Dies ist ein Durchbruch, den viele Experten für unmöglich hielten.

Die Firma Colossal Biosciences, ein Unternehmen für Biotechnologie mit Sitz in Texas, treibt das Projekt voran. Sie arbeitet daran, ausgestorbene Arten wie den Tasmanischen Tiger oder das Mammut wiederzubeleben. Laut einem Bericht des Guardian konnten die Forscher das Genom des Beutelwolfs so vollständig wie nie zuvor rekonstruieren. Der Biologe Andrew Pask, Leiter der genetischen Forschung an der Universität Melbourne, erklärte gegenüber der Zeitung, dass es ihnen gelungen sei, „eine Reihe von Dingen abzuschließen, die viele als unmöglich erachtet haben.“

Tasmanischer Tiger vor Rückkehr – Genom fast vollständig rekonstruiert

Die wissenschaftliche Arbeit an der Rekonstruktion des Beutelwolf-Genoms zeigte überraschende Ergebnisse. Mit Ausnahme von 45 Lücken konnte das Team das etwa 3 Milliarden Basenpaare umfassende Genom entschlüsseln. Dieser Grad an Präzision, der laut Pask „mehr als 99,9 Prozent Genauigkeit“ aufweist, ist bei einem ausgestorbenen Tier bislang unerreicht. Das Team plant, die verbliebenen Lücken in den nächsten Monaten zu schließen.

Besonders bemerkenswert war die Entdeckung langer RNA-Moleküle im Schädel, die in der Regel viel weniger stabil sind als DNA. Sie gaben den Wissenschaftlern wertvolle Informationen darüber, welche Gene in verschiedenen Geweben des Tieres aktiv waren. So konnte das Team etwa rekonstruieren, wie der Beutelwolf schmeckte, roch und sah. Diese Erkenntnisse seien von unschätzbarem Wert, um den Beutelwolf in seiner ursprünglichen Form möglichst exakt zurückzubringen, berichtet der Guardian.

Vergleich mit anderen Arten erforderlich

Trotz dieses Durchbruchs stellt sich die Frage, wie vollständig das rekonstruierte Genom tatsächlich ist. Laut Emilio Mármol-Sánchez von der Universität Kopenhagen, der als einer der ersten RNA aus konservierten Thylacin-Überresten extrahierte (Thylacinus potens ist der lateinische Name des Beutelwolfs), ist es „ziemlich schwierig, ein vollständiges Genom von fast jedem Organismus zu erhalten.“ So wurden beispielsweise die letzten Lücken im menschlichen Genom erst in den vergangenen Jahren geschlossen. Da es jedoch keine weiteren Thylacin-Genome gibt, fehlt der direkte Vergleich.

Colossal zieht daher laut Pask verwandte Arten derselben Familie heran, um die verbleibenden Lücken zu füllen und eine möglichst vollständige Sequenz zu erstellen. Trotz dieser Bemühungen gibt es momentan keine realistische Möglichkeit, lebende Zellen direkt mit diesem Genom zu erzeugen. Stattdessen plant Colossal, ein lebendes Beuteltier, die Dickschwänzige Schmalfußbeutelmaus (Sminthopsis crassicaudata), genetisch zu verändern, um sie dem Tasmanischen Tiger möglichst ähnlich zu machen.

Modifizierte Nachbildungen statt echter Wiederauferstehung

„Es handelt sich eher um eine Nachbildung einiger Merkmale“, erklärt Mármol-Sánchez im New Scientist. „Es wäre kein ausgestorbenes Tier, sondern eine ziemlich seltsame, modifizierte Version des modernen Tieres, die unserem Bild von diesen ausgestorbenen Tieren ähnelt.“ Trotz dieser Einschränkungen hoffen die Forscher, dass sie mit Hilfe moderner Gentechnik und weiterer genetischer Durchbrüche zumindest eine Art „Beutelwolf-ähnliches“ Wesen schaffen können.

Ein ambitioniertes Vorhaben

Das ambitionierte Ziel der Forscher besteht darin, den Tasmanischen Tiger durch genetische Manipulation wieder zum Leben zu erwecken. Colossal Biosciences plant, mithilfe von Gentechnik einen Embryo zu erschaffen, der in der Gebärmutter eines verwandten Beuteltieres ausgetragen werden soll. Erste Versuche, ausgestorbene Arten zu klonen, zeigten jedoch, dass viele Versuche scheitern, bevor ein gesunder Embryo entsteht. Laut Pask wären dutzende bis hunderte Versuche notwendig, um den Prozess erfolgreich abzuschließen.

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Ethische Fragen rund um das Vorhaben bleiben jedoch bestehen. Pask äußerte bereits die Hoffnung, zukünftig keine tierischen Leihmütter mehr einsetzen zu müssen, um den Prozess zu vereinfachen und mögliche ethische Konflikte zu vermeiden. Die Wissenschaftler haben zudem künstliche Uterus-Technologien entwickelt, die in Zukunft das Klonen erleichtern könnten.

Skepsis bleibt bestehen

Trotz der Begeisterung, die das Projekt ausgelöst hat, gibt es kritische Stimmen. Die Evolutionsbiologin Sarah Otto von der University of British Columbia warnte im Guardian vor den hohen Kosten und Risiken der Wiederbelebung ausgestorbener Arten. Sie betonte, dass die Erhaltung der Lebensräume lebender Arten weitaus sinnvoller sei, als ausgestorbene Arten mit hohem Aufwand wieder zum Leben zu erwecken.

Ähnlich äußerte sich der Ökologe Euan Ritchie von der Deakin University in Geelong. Er wies darauf hin, dass der wiedergeborene Tasmanische Tiger nicht in seine alte Umwelt zurückkehren könne, da keine anderen Beutelwölfe mehr existieren, von denen er lernen könnte. „Wir wissen nicht, wie sich diese Tiere verhalten werden“, erklärte Ritchie und fügte hinzu, dass dies ein großes Hindernis für die Wiederansiedlung darstellen könnte.

Weiterer Nutzen für bedrohte Arten?

Colossal Biosciences verteidigt das Projekt jedoch als bedeutenden wissenschaftlichen Fortschritt. Das Unternehmen betont, dass die gewonnenen Erkenntnisse nicht nur für die Wiederbelebung ausgestorbener Arten nützlich seien, sondern auch für den Schutz von Arten, die derzeit vom Aussterben bedroht sind. Der Gründer von Colossal Biosciences, Ben Lamm, erklärte im Guardian, dass „die Wissenschaft, die wir entwickeln, das Potenzial hat, das Aussterben für immer zu beenden.“

Ob das ambitionierte Projekt Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Doch die Fortschritte, die die Forscher bislang gemacht haben, geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. „Wir sind weiter, als ich je dachte“, betonte Pask und blickt mit Spannung auf die kommenden Monate, in denen weitere entscheidende Fortschritte erwartet werden.

Was du dir merken solltest:

  • Der Tasmanische Tiger konnte von Forschern aus einem 110 Jahre alten Schädel fast vollständig rekonstruiert werden.
  • Das Genom weist nur noch 45 Lücken auf, die durch verwandte Arten geschlossen werden sollen.
  • Das Projekt zur Wiederbelebung dieser Spezies steht vor technischen und ethischen Herausforderungen, aber die wissenschaftlichen Fortschritte sind vielversprechend.

Übrigens: Wissenschaftler haben menschliche DNA in einem 5D-Kristall gespeichert, der Milliarden Jahre überdauern soll – eine mögliche Rettung im Falle unserer Auslöschung. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Geekgecko via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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