Verändern hochverarbeitete Lebensmittel unseren Kiefer?
Hochverarbeitete Lebensmittel stehen im Verdacht, langfristige Auswirkungen auf den Kiefer zu haben. Eine neue Studie zeigt: Unsere Ernährung könnte mehr verändern, als wir denken.
Sind hochverarbeitete Lebensmittel (Ultra-Processed Food – UPFs) Schuld an kleinen Kiefern? Eine aktuelle Studie aus Spanien lässt darauf schließen, dass weiche und flüssige Nahrung die Entwicklung des Kiefers beeinflusst. Gleichzeitig spielen auch genetische und evolutionäre Faktoren eine Rolle. Warum verändern sich unsere Kiefer und wie groß ist der Einfluss moderner Ernährung wirklich?
Weiche Nahrung: Auswirkungen auf das Kieferwachstum
Die Forscher untersuchten 25 Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren und beobachteten deren Essgewohnheiten. Dabei fiel auf: Kinder, die hauptsächlich flüssige oder weiche Nahrung aßen, hatten kleinere Lücken zwischen den Zähnen als jene, die häufiger feste Nahrung zu sich nahmen. Diese Lücken sind wichtig, da sie anzeigen, wie viel Platz der Kiefer für die späteren, größeren bleibenden Zähne bietet. Ein engerer Kiefer kann dazu führen, dass die bleibenden Zähne nicht ausreichend Platz finden. Da hochverarbeitete Lebensmittel oft sehr weich sind, warnen einige Experten, dass dies zur Entwicklung kleinerer Kiefer beiträgt.
Die Studie fand jedoch keine eindeutigen Beweise, dass hochverarbeitete Lebensmittel direkt für kleinere Kiefer verantwortlich sind. Laut dem Guardian liefert die spanische Untersuchung lediglich erste Hinweise und untersuchte keine langfristigen Folgen für die Zahnstellung. Trotzdem wird der Einfluss moderner Ernährung auf das Kieferwachstum stark diskutiert.
Vergleich mit früheren Generationen: Von Jägern und Sammlern bis zur Industrialisierung
Schon in der Vergangenheit veränderte sich die Kiefergröße durch Änderungen in der Ernährung. Menschen, die von Landwirtschaft lebten, hatten kleinere Kiefer als Jäger- und Sammlergruppen, deren Nahrung oft härter und schwerer zu kauen war. Ähnliche Veränderungen wurden während der Industrialisierung beobachtet, als verarbeitete Lebensmittel wie Brot und Brei zum Standard wurden.
Die Bioarchäologin Dr. Carolyn Rando erklärte gegenüber dem Guardian, dass gerade mit der Einführung industrieller Nahrung Kieferveränderungen deutlicher wurden. Zudem könnte sich dadurch auch die Sprache entwickelt haben: Kleinere Kiefer erleichterten möglicherweise die Aussprache bestimmter Laute wie „f“ und „v“.
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Ist weiche Nahrung der Hauptgrund?
Nicht alle Forscher sehen den Grund allein in der Ernährung. Einige Experten gehen davon aus, dass die Evolution eine wichtige Rolle spielt. Laut Dr. Hayley Llandro von der British Orthodontic Society sind neben äußeren Einflüssen auch genetische Faktoren entscheidend. Das Kauen härterer Lebensmittel allein reiche nicht aus, um genetische Veranlagungen zu überwinden.
Llandro warnte jedoch vor zu vielen hochverarbeiteten Lebensmitteln: Diese enthalten oft viel Zucker und erhöhen das Risiko für Karies und Zahnprobleme. Deshalb kann eine Einschränkung solcher Produkte generell sinnvoll sein, unabhängig davon, ob sie die Kieferentwicklung beeinflussen.
Hochverarbeitete Lebensmittel, Genetik und evolutionäre Anpassungen – wie genau sich unser Kiefer entwickelt, bleibt ein Thema, das Forscher weiter untersuchen. Klar ist jedoch, dass die Art unserer Ernährung und die modernen Essgewohnheiten nicht ohne Auswirkungen bleiben.
Was du dir merken solltest:
- Eine spanische Studie zeigt, dass Kinder, die vorwiegend weiche oder flüssige Nahrung konsumieren, kleinere Zahnlücken haben, was auf eine mögliche Beeinflussung der Kieferentwicklung hinweist.
- Forschungen deuten darauf hin, dass die Kiefergröße auch in der Vergangenheit durch härtere Nahrung größer war, wobei auch genetische und evolutionäre Einflüsse eine wichtige Rolle spielen.
- Hochverarbeitete Lebensmittel fördern wegen ihres hohen Zuckergehalts Karies und Zahnprobleme und sollten daher generell eingeschränkt werden.
Bild: © Vecteezy