Living Planet Index 2024: Warum das Artensterben außer Kontrolle gerät

Die Wildtierbestände sind in den letzten 50 Jahren um 73 Prozent gesunken. Der WWF warnt vor Kipppunkten, die das Artensterben beschleunigen.

Das Artensterben hat ein erschreckendes Ausmaß eingenommen. © Wikimedia

Das Artensterben hat erschreckende Dimensionen erreicht. © Wikimedia

Der neue Living Planet Report des WWF schlägt Alarm: Das weltweite Artensterben nimmt dramatische Ausmaße an. In den letzten 50 Jahren sind die Populationen von Wirbeltieren wie Säugetieren, Amphibien, Reptilien und Vögeln um durchschnittlich 73 Prozent zurückgegangen. Besonders betroffen sind Süßwasserökosysteme, wo ein Rückgang von 85 Prozent festgestellt wurde. Die Zahlen sind beunruhigend und zeigen die globale Biodiversitätskrise, die laut dem WWF durch menschliche Aktivitäten verursacht wird. Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend sein, um das Artensterben zu verlangsamen und den ökologischen Schaden zu begrenzen.

Geografisch gesehen verzeichneten Lateinamerika und die Karibik mit einem Rückgang von 95 Prozent die größten Verluste. Auch Afrika ist stark betroffen: Hier sind die Bestände um 76 Prozent geschrumpft. In der Asien-Pazifik-Region beträgt der Rückgang der Wildtierbestände 60 Prozent. Der WWF warnt vor dem Überschreiten von sogenannten Kipppunkten, die unumkehrbare Veränderungen in den Ökosystemen verursachen könnten. Diese Punkte markieren den Moment, an dem sich die Natur nicht mehr erholen kann und der Schaden dauerhaft bleibt.

Ursachen: Menschliche Eingriffe und Zerstörung

Die Hauptursachen für diesen dramatischen Rückgang sind laut WWF eindeutig menschliche Eingriffe. Die Zerstörung der natürlichen Lebensräume durch Abholzung, Landwirtschaft, Urbanisierung und Infrastrukturprojekte bedroht die Artenvielfalt massiv. „Der Living Planet Index zeigt: Wir zerstören, was uns am Leben hält. Unsere Gesundheit, unsere Lebensmittelversorgung, unser Zugang zu sauberem Wasser, die Stabilität der Wirtschaft und erträgliche Temperaturen sind abhängig von intakten Ökosystemen und gesunden Wildtierbeständen. Was wir für ein gutes und sicheres Leben benötigen, steht durch unsere Lebensweise auf dem Spiel“, warnt Kathrin Samson, Vorständin Naturschutz beim WWF Deutschland. Sie verweist darauf, dass nicht nur die Tierwelt leidet, sondern auch der Mensch direkt von gesunden Ökosystemen abhängig ist.

Ökosysteme verlieren ihre Widerstandskraft

Neben der Zerstörung von Lebensräumen wird die Doppelkrise von Biodiversitätsverlust und Klimawandel als eine der größten Bedrohungen für die Stabilität der Ökosysteme gesehen. Laut WWF führt das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren dazu, dass ganze Ökosysteme ihre Widerstandsfähigkeit verlieren. Ein Beispiel ist der Amazonas-Regenwald, der durch Abholzung und den Verlust großer Tiere wie Elefanten, die Samen verbreiten, destabilisiert wird. Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf das globale Klima, da weniger Bäume weniger CO2 speichern können.

Maßnahmen dringend erforderlich

Der WWF fordert entschiedene Maßnahmen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Noch können wir das Ruder herumreißen.

Kathrin Samson

Dabei müssten renaturierte Flächen geschaffen, schädliche Subventionen abgeschafft und eine nachhaltige Wirtschaftsweise etabliert werden. Zudem sei es dringend notwendig, invasive Arten zu kontrollieren und die Umweltverschmutzung zu verringern.

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Hoffnung durch Artenschutzprogramme

Trotz der düsteren Aussichten gibt es laut WWF auch positive Entwicklungen: Schutzmaßnahmen können wirken. So erholen sich einige Arten, die bereits am Rande des Aussterbens standen. Der eurasische Biber, einst fast ausgerottet, breitet sich wieder aus, und die Bestände der afrikanischen Berggorillas wachsen. Diese Beispiele zeigen laut WWF, dass gezielter Artenschutz helfen kann, das Artensterben zu verlangsamen und gefährdete Populationen zu stabilisieren.

Living Planet Index: Die globale Biodiversitätskrise in Zahlen

Seit den 1970er Jahren misst der Living Planet Index (LPI) des WWF die Veränderungen der globalen Artenvielfalt. Der LPI gilt als wichtiger Indikator für den ökologischen Zustand der Erde. In die Berechnung des aktuellen Index flossen Daten von 35.000 globalen Populationen aus 5.500 Wirbeltierarten ein, darunter Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien. Der Bericht zeigt, dass die Populationen jährlich um durchschnittlich 2,6 Prozent schrumpfen. Diese Entwicklung gefährdet nicht nur die Tierwelt, sondern auch die Stabilität ganzer Ökosysteme, die unser Leben sichern.

Was du dir merken solltest:

  • In den letzten 50 Jahren sind die weltweiten Bestände von Wirbeltieren laut WWF um durchschnittlich 73 Prozent gesunken.
  • Besonders betroffen sind Süßwasserökosysteme mit einem Rückgang von 85 Prozent, was das ökologische Gleichgewicht gefährdet.
  • Der WWF macht menschliche Eingriffe, wie Abholzung und Umweltverschmutzung, für das Artensterben verantwortlich und fordert dringend Maßnahmen.

Übrigens: Wusstest du, dass digitale Sequenzinformationen genetischer Ressourcen zunehmend im Zentrum globaler Verteilungskämpfe stehen? Wer darf von dieser modernen Form der Biodiversität profitieren? Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Michael Bakker Paiva via Wikimedia unter CC BY 4.0

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