Planetare Grenzen: Fünf Jahre, um das Unumkehrbare zu verhindern

Sechs von neun planetaren Grenzen sind überschritten. Nur noch fünf Jahre bleiben, um irreversible Schäden zu verhindern.

Luftaufnahmen des von der Dürre betroffenen Ackerlandes in Colorado

Luftaufnahmen des von der Dürre betroffenen Ackerlandes in Colorado. © Wikimedia

Während der UN-Klimawoche in New York wurde eine alarmierende Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) veröffentlicht. Sie zeigt, dass die sogenannten planetaren Grenzen weiter überschritten werden und die Lebensgrundlagen auf der Erde zunehmend gefährdet sind. Das Konzept „Planetare Grenzen“, das 2009 von Johan Rockström und seinem Team entwickelt wurde, bietet einen Rahmen, um die Belastungsgrenzen unseres Planeten zu verstehen.

Die Forscher betonen, dass wir nur fünf Jahre Zeit haben, um die CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren und das Risiko irreversibler Schäden zu minimieren. Das meldet das ZDF. Bis 2030 müssen die globalen CO2-Emissionen um 50 Prozent gesenkt werden, um irreparable Schäden zu verhindern. Diese Studie, die von der Initiative „Planetary Boundaries Science“ (PBScience) durchgeführt wurde, spricht eine klare Sprache: Die Zeit drängt.

Planetare Grenzen: Sechs von neun bereits überschritten

Die planetaren Grenzen umfassen neun kritische Bereiche, die das Gleichgewicht der Erde beeinflussen. In sechs dieser Bereiche hat die Menschheit bereits die sicheren Grenzen überschritten:

  • Klimawandel: Der wichtigste Treiber ist die Freisetzung von Treibhausgasen. Das Abschmelzen der Polareisflächen und das Auftauen von Permafrostböden beschleunigen die Erderwärmung und führen zu mehr Wetterextremen.
  • Biosphäre: Die Vielfalt des Lebens schwindet schneller als jemals zuvor. Das Artensterben gefährdet nicht nur das natürliche Gleichgewicht, sondern auch die Lebensgrundlagen des Menschen.
  • Entwaldung: Wälder, besonders in den Tropen, werden massiv abgeholzt oder fallen Waldbränden zum Opfer. Statt CO2 zu speichern, tragen sie durch Zerstörung und Brände selbst zur Emission bei.
  • Biogeochemische Kreisläufe: Der übermäßige Einsatz von Stickstoff und Phosphor in der Landwirtschaft stört die natürlichen Kreisläufe und belastet Böden und Gewässer.
  • Einbringen neuartiger Stoffe: Chemikalien wie Mikroplastik und Pestizide, die vom Menschen produziert werden, gelangen in die Umwelt und verursachen unvorhersehbare Schäden an Ökosystemen.
  • Süßwassersysteme: Der Rückgang an verfügbarem Süßwasser, insbesondere durch Übernutzung und Verschmutzung, bedroht die Versorgung von Millionen Menschen.
2009 wurden schon drei planetare Grenzen überschritten, mittlerweile doppelt so viele. © Azote for Stockholm Resilience Centre, based on analysis in Richardson et al 2023 / Attribution: CC BY-NC-ND 3.0 via Wikimedia unter CC BY 3.0
2009 wurden schon drei planetare Grenzen überschritten, mittlerweile doppelt so viele. © Azote for Stockholm Resilience Centre, based on analysis in Richardson et al 2023 / Attribution: CC BY-NC-ND 3.0 via Wikimedia unter CC BY 3.0

Grenzen überschritten: Die Risiken wachsen

Die Studie zeigt, dass das Überschreiten dieser Grenzen nicht bedeutet, dass der Zusammenbruch unmittelbar bevorsteht, jedoch steigt die Wahrscheinlichkeit drastisch. Boris Sakschewski von PBScience unterstreicht: „Wenn wir uns die Trends der Indikatoren anschauen, sehen wir, dass die meisten von ihnen bald in der Hochrisikozone liegen werden. Wir müssen diesen Trend umkehren.“

Die Kipppunkte in diesen Bereichen sind eng miteinander verknüpft. Steigende Temperaturen verschärfen Dürren und Extremwetterereignisse, was wiederum die Entwaldung vorantreibt. Die Folge: Der Verlust der natürlichen Kohlenstoffsenken und ein immer weiter angetriebener Klimawandel.

Entwaldung und Artensterben: Der Dominoeffekt

Besonders schwerwiegend ist die Zerstörung der Wälder, die bisher eine wichtige Rolle im Klimaschutz spielten. Durch Abholzung und Brände sind große Waldflächen bedroht, die bisher als CO2-Senken dienten. Ein alarmierendes Beispiel ist der Amazonas-Regenwald, der sich von einer Senke in eine Quelle von Treibhausgasen verwandelt hat.

Auch das dramatische Artensterben verschärft die Situation. Das Aussterben zahlreicher Pflanzen- und Tierarten bedroht nicht nur das ökologische Gleichgewicht, sondern beeinträchtigt direkt das menschliche Leben. Der Verlust der biologischen Vielfalt hat weitreichende Konsequenzen, die bereits jetzt spürbar sind.

Versauerung der Ozeane: Kurz vor der Grenzüberschreitung

Die Ozeane, die etwa 30 Prozent des CO2 aufnehmen, stehen kurz vor dem Überschreiten der planetaren Grenze. Dieser Prozess, bekannt als Ozeanversauerung, gefährdet marine Ökosysteme und die globale Nahrungskette. Noch befinden sich die Werte im akzeptablen Bereich, doch die Grenze ist nah.

  • Ozeanversauerung: Der steigende CO2-Ausstoß führt dazu, dass die Meere mehr Kohlendioxid aufnehmen, was das Wasser saurer macht. Dieser Prozess bedroht besonders kalkbildende Organismen wie Korallen und Muscheln und destabilisiert damit ganze Ökosysteme.

Die Forscher betonen, dass das Fenster für Gegenmaßnahmen noch offen ist, doch es schließt sich rasch. Es wird gefordert, dass die Emissionen in den nächsten Jahren drastisch gesenkt werden, um die Grenzüberschreitungen in den betroffenen Bereichen rückgängig zu machen.

Aerosolbelastung und Ozonabbau: Hoffnungsschimmer

Nicht alle planetaren Grenzen sind bereits überschritten. Es gibt zwei Bereiche, in denen das Erdsystem noch stabil ist: die Belastung der Atmosphäre mit Aerosolen und der Ozonabbau in der Stratosphäre.

  • Aerosolbelastung: Aerosole, wie Staubpartikel und Ruß, beeinflussen die Niederschlagsmuster und die Luftqualität. Bisher ist die Belastung jedoch noch in einem sicheren Bereich.
  • Ozonabbau: Dank des internationalen Abkommens von Montreal aus dem Jahr 1987 hat sich der Ozonabbau verlangsamt, und die Ozonschicht regeneriert sich allmählich. Dieser Erfolg zeigt, dass globale Kooperationen tatsächlich Wirkung zeigen können.

Planetary Health Check: Ein Signal für weltweites Handeln

Die aktuelle Studie hebt hervor, dass es möglich ist, den Kurs zu ändern. Ein Hoffnungsschimmer ist die 2023 beschlossene „30 by 30“-Initiative, die vorsieht, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Diese Vereinbarung, maßgeblich beeinflusst vom Konzept der planetaren Grenzen, zeigt, dass internationale Zusammenarbeit der Schlüssel ist.

Mehr zum Thema:

„Es gibt Anlass zur Hoffnung. Menschen auf der ganzen Welt – Wissenschaftler, Politiker, Unternehmen und indigene Gemeinschaften – setzen sich dafür ein, die Grenzüberschreitungen rückgängig zu machen“, sagt Juan Manuel Santos, ehemaliger Präsident Kolumbiens, Friedensnobelpreisträger und Botschafter für den Umweltschutz.

Übrigens: Wusstest du, dass 52 Prozent der landwirtschaftlichen Böden weltweit bereits degradiert sind? Die Initiative „Save Soil“ kämpft für ihre Rettung. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Lance Cheung/USDA / Flickr.com via Wikimedia unter Public domain

1 thought on “Planetare Grenzen: Fünf Jahre, um das Unumkehrbare zu verhindern

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert