Schon 5 Minuten Junkfood-Werbung machen Kinder messbar dicker
Werbung für Junkfood sorgt bei Kindern und Jugendlichen für eine erhöhte Kalorienaufnahme – und dies in einem Ausmaß, das Übergewicht begünstigt.

Um den Appetit junger Leute auf Junkfood zu steigern, reicht es bereits, Werbung für die eigene Marke zu machen – ohne das Essen auch nur zu zeigen. © Unsplash
Kinder und Jugendliche essen deutlich mehr, wenn sie Werbung für Junkfood und andere ungesunde Lebensmittel sehen. Bereits fünf Minuten reichen aus, um täglich 130 Kalorien mehr zu sich zu nehmen. Das entspricht etwa zwei Scheiben Toast.
Die neue Studie wurde auf dem European Congress on Obesity (ECO) 2025 in Málaga vorgestellt. Die Daten stammen aus einem aufwendigen Crossover-Experiment mit 240 Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 15 Jahren in Merseyside, Großbritannien. Die zugehörige Studie wurde noch nicht veröffentlicht.
Der Effekt von Werbung ist sofort messbar
Die Kinder sahen jeweils fünf Minuten Werbung – entweder für hochverarbeitete Lebensmittel mit viel Fett, Zucker oder Salz (HFSS-Produkte, auch Junkfood genannt) oder für neutrale Inhalte ohne Bezug zu Essen. Danach durften sie so viel essen, wie sie wollten.
Das Ergebnis: Nach Werbung für Junkfood nahmen sie im Durchschnitt 58,4 kcal mehr in Form von Snacks und 72,5 kcal mehr beim Mittagessen zu sich.
Insgesamt kamen sie auf 130,9 Kilokalorien zusätzlich – ein Wert, der auf Dauer zu Übergewicht führen kann, erklären die Forscher. Der Kongress widmete der Studie eine eigene Präsentation, da sie aktuelle politische Debatten über Werbebeschränkungen untermauert.
Jede Form von Werbung führt zum gleichen Ergebnis
Zur Überraschung der Forscher machte es keinen Unterschied, ob die Kinder Werbung mit konkreten Produkten sahen oder nur Markennamen, Farben oder Logos. Auch der Kanal spielte keine Rolle – TV-Spots, Social-Media-Posts, Podcasts oder Plakatwände hatten denselben Effekt.
Für Professorin Emma Boyland von der Universität Liverpool ist das ein deutliches Warnsignal: „Schon eine kurze Werbeexposition für Lebensmittel mit hohem Fett-, Salz- oder Zuckergehalt kann zu übermäßigem Kalorienkonsum und möglicher Gewichtszunahme führen.“ Dies gelte besonders für Kinder und Jugendliche, da junge Menschen im Schnitt anfälliger für Werbung sind.
Kein Schutz durch Alter, Mediennutzung oder Einkommen
Weder Alter noch sozialer Hintergrund beeinflussten die Wirkung der Werbung. Selbst der sozioökonomische Status, erhoben auf Basis des English Index of Multiple Deprivation von 2019, zeigte keine Unterschiede. Was wiederum einen Einfluss hatte, war der zBMI, das ist ein BMI-Maß im Verhältnis zum mittleren BMI von Kindern gleichen Alters und Geschlechts gemäß dem Wachstumsstandard der WHO. Mit jedem Punkt Anstieg im zBMI stieg die Kalorienaufnahme im Schnitt um 17 kcal.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass ungesunde Lebensmittelwerbung bei jungen Menschen zu einem dauerhaft erhöhten Kalorienkonsum führt – in einem Ausmaß, das über die Zeit eine Gewichtszunahme bewirken kann.
Prof. Emma Boyland, Universität Liverpool
Markenwerbung ist besonders problematisch
Selbst sogenannte Brand-only-Werbung, also Anzeigen ohne abgebildete Produkte, hatten denselben Effekt. Besonders brisant: Genau diese Werbeform wird bisher kaum reguliert. „Diese Studie zeigt erstmals, dass reine Markenwerbung für Lebensmittel – für die es bislang weltweit keine einschränkenden Werbevorgaben gibt – die Nahrungsaufnahme bei Kindern erhöht“, erklärt Boyland auf der Tagung ECO 2025.
Die Erkenntnisse könnten nun helfen, neue internationale Richtlinien für Werbebeschränkungen zu entwickeln. Denn Kinder reagieren unabhängig vom Inhalt oder Kanal empfindlich auf jede Form von Junkfood-Werbung.
Hochverarbeitete Lebensmittel wirken sich auch anderweitig negativ auf den menschlichen Körper aus: Sie stehen unter anderem im Verdacht, die Entwicklung des Kiefers zu beeinflussen und Gedächtnisstörungen zu verursachen.
Kurz zusammengefasst:
- Kinder nehmen nach nur fünf Minuten Junkfood-Werbung im Schnitt 130 Kilokalorien mehr pro Tag zu sich.
- Dabei spielt es keine Rolle, ob die Werbung Produkte zeigt oder nur Markenelemente enthält – alle Formate erhöhen die Nahrungsaufnahme.
- Weder Alter, Medienart noch sozioökonomischer Hintergrund schwächen diesen Effekt ab.
Übrigens: Auch eine Antibiotikagabe kann Folgen für das ganze Leben haben, vor allem in den ersten zwei Lebensjahren. Eine neue finnische Studie zeigt, wie stark sie das Risiko für Übergewicht und Adipositas erhöht – mehr dazu in unserem Artikel.
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