„High Protein“ bringt nichts? – Neue Studie lässt die Diät-Blase platzen

Trotz Eiweiß-Zusatz führen viele High-Protein-Produkte zum Überessen. Eine neue Studie aus Kiel zeigt, warum das Abnehmversprechen trügt.

Helfen High-Protein-Produkte wirklich beim Abnehmen?

Proteinpudding gilt als gesunder Snack – doch eine neue Studie stellt das Versprechen infrage. © Vecteezy

Proteinpudding, Fitnesspizza, Müsliriegel – im Supermarkt strahlen uns überall Produkte mit dem Label „High Protein“ an: Sie versprechen Muskelaufbau, bessere Sättigung und sogar Hilfe beim Abnehmen. Doch eine Studie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zeigt jetzt: Der Schein trügt. Auch Lebensmittel mit extra Eiweiß verleiten zum Überessen.

Das Forschungsteam um Professorin Anja Bosy-Westphal hat genauer hingeschaut. In sogenannten Stoffwechselräumen – speziellen Labors, in denen Energieaufnahme und -verbrauch exakt gemessen werden – testeten sie die Wirkung von High-Protein-Produkten. 21 junge Erwachsene aßen mehrere Tage lang entweder hochverarbeitete Lebensmittel in normaler Form oder in einer High-Protein-Variante mit extra Eiweiß. Die Teilnehmer durften so viel essen, wie sie wollten.

Mehr Eiweiß – aber trotzdem zu viele Kalorien

Das Ergebnis: Zwar nahmen die Probanden bei der eiweißreichen Kost etwa 200 Kilokalorien weniger pro Tag zu sich und verbrauchten rund 130 Kilokalorien mehr Energie. Doch der Effekt reichte nicht aus, um abzunehmen. „Dennoch blieb ein deutlicher Überschuss – es wurden rund 18 Prozent mehr Kalorien gegessen, als der Körper verbrauchte“, erklärte Studienautorin Dr. Franziska Hägele. Zum Vergleich: Bei der normalen Variante ohne zusätzliches Protein betrug der Überschuss sogar 32 Prozent.

High-Protein-Produkte können den Energiehaushalt also ein wenig verbessern. Aber die Grundprobleme hochverarbeiteter Lebensmittel bleiben bestehen.

Hochverarbeitete Lebensmittel überlisten das Hungergefühl

Warum wird bei diesen Produkten so leicht zugegriffen? Hochverarbeitete Snacks und Fertiggerichte haben mehrere Eigenschaften, die das Sättigungsgefühl austricksen: Sie sind besonders kalorienreich, oft sehr schmackhaft und lassen sich schnell essen, meist ohne viel Kauen.

Diese Kombination macht es schwer, rechtzeitig mit dem Essen aufzuhören.

Professorin Anja Bosy-Westphal

Eiweißreiche Varianten bremsen das Überessen ein wenig. Zum einen, weil der Körper mehr Energie aufwenden muss, um Eiweiß zu verdauen. Zum anderen, weil Eiweiß das Hungerhormon Ghrelin senkt und gleichzeitig Sättigungshormone wie Peptid YY anregt. Außerdem verändern proteinreiche Produkte häufig die Textur der Speisen: Sie müssen länger gekaut werden. Auch das hilft, weil der Körper dadurch mehr Zeit hat, Sättigungssignale auszusenden.

Für wen „High Protein“ wirklich sinnvoll ist

Doch die Kieler Forscher machen klar: Für den Großteil der Bevölkerung bringt der Eiweißzusatz keinen Vorteil. „Die meisten Menschen in Deutschland essen mehr als genug Protein“, betont Bosy-Westphal. Viel wichtiger als Eiweißzusätze sei eine ausgewogene Ernährung mit natürlichen Eiweißquellen wie Quark, Fisch, Hülsenfrüchten oder Joghurt.

Nur bestimmte Gruppen könnten tatsächlich von proteinreichen Fertigprodukten profitieren – etwa ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen, Appetitmangel oder Schluckstörungen. In diesen Fällen können die Produkte helfen, den Eiweißbedarf unkompliziert zu decken.

Kalorienbomben bleiben Kalorienbomben

Das Label „High Protein“ weckt Hoffnungen, doch es täuscht leicht über die tatsächliche Kaloriendichte hinweg. Ein Proteinpudding oder eine Fitnesspizza bleibt ein hochverarbeitetes Produkt – oft mit viel Zucker, Fett und Kalorien. „Auch ein angereicherter Pudding lässt sich schnell essen und schmeckt genauso gut wie ein normaler. Also isst man auch davon mehr als man braucht“, fasst Franziska Hägele zusammen.

Ihr Rat: Nicht auf Schlagwörter wie „High Protein“ verlassen, sondern auf unverarbeitete Lebensmittel setzen, die durch ihre Konsistenz und natürliche Inhaltsstoffe besser satt machen.

Kurz zusammengefasst:

  • Produkte mit der Aufschrift „High Protein“ wirken oft gesund und sollen beim Abnehmen helfen. Laut einer neuen Studie führen sie aber trotzdem dazu, dass Menschen mehr essen, als sie eigentlich brauchen.
  • Zwar hilft Eiweiß dabei, das Hungergefühl zu senken und die Verdauung zu verlangsamen, doch hochverarbeitete Lebensmittel bleiben wegen ihrer Kaloriendichte und leichten Verzehrbarkeit problematisch.
  • Für die meisten Menschen sind solche Eiweißprodukte nicht nötig – wer sich ausgewogen ernährt, bekommt genug Protein über natürliche Lebensmittel wie Quark, Fisch oder Hülsenfrüchte.

Übrigens: Myc galt lange als Hoffnungsträger für starke Muskeln. Neue Forschung zeigt jedoch: Das Protein schwächt reife Muskeln und schädigt ihre Struktur. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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