Verkehrslärm durch Autoposer gefährdet die Gesundheit vieler Menschen

Eigentlich sollten moderne Fahrzeuge immer leiser werden – für mehr Fahrkomfort und zum Schutz der Umwelt. Doch die Realität auf deutschen Straßen sieht oft anders aus: dröhnende Motorengeräusche, röhrende Auspuffe, Lärm, der bis tief in die Nacht reicht. Nach einer Recherche des NDR wird deutlich: Autohersteller und die Tuning-Industrie sorgen bewusst für zusätzlichen Verkehrslärm – und werden damit zum Risiko für die Gesundheit vieler.

Der Trick steckt in der Technik. Viele Fahrzeuge, etwa der Audi Q7, bekommen ab Werk sogenannte Klappen-Auspuffanlagen oder Soundgeneratoren eingebaut. Eigentlich wäre der Motor des Dieselmodells leise. Doch die Technik macht ihn künstlich lauter – auf Wunsch sogar sehr viel lauter. Zwar halten sich die Hersteller an die gesetzlichen Vorgaben, aber Fahrzeughalter können diese Systeme oft mit wenig Aufwand so manipulieren, dass der erlaubte Lärmpegel überschritten wird.

Hersteller betonen eigene Schutzmaßnahmen – doch Lücken bleiben

Der NDR zitiert den Automobilhersteller Audi: „Die Auslegung unserer Fahrzeuge verfolgt bereits seit längerem das Ziel, dass möglicher Missbrauch erschwert wird.“ Dennoch könne der Hersteller nicht alle Manipulationen durch Kunden verhindern. Besonders problematisch: Viele dieser Veränderungen lassen sich leicht durchführen. Auch andere Hersteller wie BMW oder Mercedes erklären nicht konkret, wie sie Manipulationen an ihren Fahrzeugen verhindern wollen. Harley-Davidson gab laut NDR an: „Wenn Kunden unerlaubte Manipulationen an Fahrzeugen durchführen oder durchführen lassen, so liegt dies in ihrer Hand.“

Neben den großen Herstellern hat sich eine ganze Nachrüstindustrie entwickelt. Sie bietet legale Bausätze an, mit denen sich Auspuffklappen oder Soundgeneratoren per Fernbedienung steuern lassen. Der Verkauf dieser Technik ist erlaubt, die Nutzung auf öffentlichen Straßen jedoch verboten. Trotzdem finden Polizisten solche Umbauten immer wieder bei Verkehrskontrollen.

Warum Verkehrslärm krank macht

Lärm macht krank – das ist wissenschaftlich belegt. Laut Umweltbundesamt fühlen sich 76 Prozent der Menschen durch Straßenlärm in ihrem Wohnumfeld belästigt. Für Prof. Dr. Thomas Münzel, Kardiologe und Lärmwirkungsforscher an der Universität Mainz, steht fest:

Wichtig ist, dass der Lärm Stressreaktionen in unserem Körper auslöst.

Prof. Dr. Thomas Münzel

Über Jahre hinweg kann das Herz-Kreislauf-System massiv geschädigt werden. „Im Endeffekt kann sich die klassische koronare Herzerkrankung, Herzschwäche, Herz-Rhythmusstörung oder ein Schlaganfall entwickeln“, warnte Münzel laut NDR.

Die gesundheitlichen Folgen betreffen nicht nur Menschen, die direkt an Hauptstraßen wohnen. Auch in ruhigen Wohngebieten können einzelne laute Fahrzeuge, sogenannte „Autoposer“, für enorme Lärmbelastungen sorgen. Gerade in den Sommermonaten, wenn mehr Menschen draußen unterwegs sind, wird der zusätzliche Verkehrslärm besonders häufig zum Problem.

Polizei misst enorme Lautstärken bei getunten Autos

In Hamburg kämpft die Sondereinheit „Autoposer“ der Polizei gegen manipulierte Fahrzeuge. Immer wieder entdecken die Beamten bei Kontrollen illegale Einbausätze, mit denen der Motorsound künstlich verstärkt wird. Der NDR begleitete die Polizei bei Einsätzen und dokumentierte beachtliche Werte: Bei Lautstärkemessungen auf dem Verwahrhof wurden Schallpegel zwischen 97 und über 130 Dezibel festgestellt. Das entspricht etwa dem Geräusch eines Presslufthammers oder eines Rockkonzerts.

Der TÜV-Hanse bestätigte laut NDR diese Messungen und wies darauf hin, dass bereits Werte ab 85 Dezibel langfristig das Gehör schädigen können.

Kurz zusammengefasst:

• Autohersteller und Tuning-Industrie verstärken bewusst den Verkehrslärm, oft durch leicht manipulierbare Auspufftechnik.
• Dauerhafter Verkehrslärm gefährdet die Gesundheit, da er schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen kann.
• Polizei und TÜV messen bei manipulierten Autos extreme Lautstärken, die die Gesundheit ernsthaft gefährden können.

Übrigens: Lärm lässt den Stresspegel in Städten deutlich steigen. Grünflächen mindern körperliche und seelische Belastungen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy