Der Traum vom ewigen Leben: Wie realistisch ist er wirklich? Ein Experte klärt auf
Technik-Soziologe Thomas Ramge kritisiert die Idee der extremen Lebensverlängerung und warnt vor wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und ethischen Herausforderungen.
Der Technik-Soziologe Thomas Ramge kritisiert die Behauptung des britischen Longevity-Gurus Aubrey de Grey, dass der erste Mensch, der 1000 Jahre alt wird, bereits geboren ist. Ramge nennt diese Aussage „Marketing-Bullshit“ und sieht darin einen Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen. Er betont, dass der menschliche Körper evolutionär darauf ausgelegt ist, maximal etwa 120 Jahre zu leben. Danach bricht das biologische System zusammen. Eine Verlängerung dieser Grenze ist zwar möglich, doch 1000 Jahre hält er für wissenschaftlich nicht plausibel.
Selbst wenn es gelingen sollte, den Alterungsprozess der Körperzellen vollständig zu stoppen oder umzukehren, bleibt unklar, wie das Gehirn über einen so langen Zeitraum funktionsfähig bleiben kann. Ramge weist darauf hin, dass es einfacher ist, die Hautalterung aufzuhalten, als Demenz zu verhindern. Die Forschung im Bereich der Verjüngung läuft auf Hochtouren: In Kalifornien bieten Zentren Blutwäschen mit jungem Blut für 10.000 Dollar an. Tierversuche deuten darauf hin, dass diese Methoden wirken könnten, doch für Menschen fehlen noch Langzeitstudien, sagt Ramge laut der WirtschaftsWoche.
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Chancen und Grenzen der Forschung
Diese Technologien, darunter Stammzellentherapie und Gen-Editierung, basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, stoßen jedoch auf Zulassungsprobleme. Ramge betont, dass es nur wenige öffentliche Forschungsgelder gibt, und diese fließen erst, wenn der Tod als Krankheit anerkannt wird. Longevity-Zentren behandeln ihre Kunden zudem mit Kältekammern und Höhentraining. Ramge hält diese Methoden für seriös, aber nicht revolutionär. Er verweist darauf, dass ähnliche Ansätze, wie Fasten oder Frieren, schon lange bekannt sind und den Zellerneuerungsprozess stimulieren.
Ramge sieht in der Langlebigkeitsbranche auch einen Lifestyle-Trend. Er vergleicht moderne Longevity-Zentren mit traditionellen Reformhäusern, die heute lediglich unter einem neuen Namen und mit höheren Preisen auftreten. Besonders in der Schweiz findet dieser Trend Anklang, da das Land dafür bekannt ist, reichen Menschen gegen hohe Summen ein gutes Gefühl zu verkaufen. In Deutschland bleibt die Nachfrage hingegen zurückhaltend.
Gesellschaftliche Auswirkungen und ethische Fragen
Ramge warnt vor den gesellschaftlichen Auswirkungen einer verlängerten Lebensdauer. Er stellt Fragen zur Zukunft der Rentensysteme und der Lebensarbeitszeit. Er sieht die Gefahr einer Überbevölkerung und hält es für möglich, dass politische Maßnahmen wie eine Ein-Kind-Politik diskutiert werden müssen. Für sich selbst kann er sich nicht vorstellen, in einer Welt ohne Kinder, aber mit vielen alten Menschen in jungen Körpern zu leben. Die Endlichkeit des Lebens sieht er nicht nur als Nachteil. Sie gibt den Menschen Motivation. Ramge zitiert den Philosophen Arthur Schopenhauer, der sagte:
Die so oft beklagte Kürze des Lebens ist vielleicht gerade das Beste daran.
Arthur Schopenhauer
Was du dir merken solltest:
- Der Technik-Soziologe Thomas Ramge kritisiert die Behauptung, dass Menschen 1000 Jahre alt werden könnten, und betont, dass der menschliche Körper evolutionär nur auf eine maximale Lebensdauer von etwa 120 Jahren ausgelegt ist.
- Trotz intensiver Forschung, wie der Verjüngung durch Blutwäschen oder Gen-Editierung, bleibt unklar, wie eine extreme Lebensverlängerung ohne negative Auswirkungen auf das Gehirn erreicht werden kann, da langfristige Studien fehlen.
- Ramge sieht in der Langlebigkeitsforschung und den damit verbundenen Angeboten einen Lifestyle-Trend, warnt jedoch vor gesellschaftlichen und ethischen Herausforderungen wie Überbevölkerung.
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Bild: © Vecteezy