Wie Schichtarbeit die Gesundheit schädigt: Die versteckten Risiken der Nachtarbeit
Schichtarbeit schädigt die Gesundheit und erhöht das Risiko für Adipositas und Diabetes. Eine Studie will nun Abhilfe schaffen.
Schichtarbeit kann die Gesundheit ernsthaft beeinträchtigen – das zeigt eine aktuelle Untersuchung, über die der österreichische Standard berichtet. Besonders Nachtschichten erhöhen das Risiko, an Adipositas zu erkranken. In Deutschland arbeiten laut der Techniker Kasse rund 17 Millionen Menschen in Schichten, davon etwa 3,5 Millionen regelmäßig nachts. Diese Art der Arbeit ist in vielen Bereichen unverzichtbar, wie etwa in Krankenhäusern, an Flughäfen oder in der Produktion. Doch sie hat ihren Preis.
Ein internationales Forschungsteam, das am Projekt Shift2Health arbeitet, will nun herausfinden, warum Schichtarbeit zu gesundheitlichen Problemen führt. Im Zentrum der Untersuchungen stehen der Zusammenhang zwischen Schichtarbeit, Ernährung und Gesundheit. Die Störung des Biorhythmus, verursacht durch unregelmäßigen Schlaf und wechselnde Arbeitszeiten, wirkt sich stark auf das Essverhalten aus. Laut dem Standard führt dies dazu, dass Schichtarbeitende häufig mehr Kalorien zu sich nehmen und zu ungesunden Snacks greifen.
Schlafstörungen und der Griff zu Kalorienbomben
Schichtarbeit stört den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus und bringt den gesamten Biorhythmus aus dem Gleichgewicht. „Studien zeigen, dass Nachtschicht eigentlich immer eine negative Auswirkung auf den Körper hat, auch wenn die Meinungen vom subjektiven Empfinden auseinandergehen“, erklärt Marlies Wallner vom Institut Diätologie an der Fachhochschule Joanneum in Graz. Wallner koordiniert das von der EU mit rund zehn Millionen Euro geförderte Projekt Shift2Health. Diese ständigen Rhythmuswechsel wirken sich nicht nur auf den Schlaf, sondern auch auf den Stoffwechsel aus. Das Risiko für Übergewicht und damit verbundene Erkrankungen steigt dadurch erheblich.
Schichtarbeitende nehmen oft mehr Kalorien zu sich als Menschen mit geregelten Arbeitszeiten. Vor allem nachts steigt die Lust auf fettige und süße Speisen, was zu einer höheren Kalorienaufnahme führt. Diese ungesunde Ernährungsweise erhöht das Risiko für Adipositas und bringt damit eine Vielzahl weiterer gesundheitlicher Probleme mit sich, wie Diabetes Typ 2, Herzerkrankungen und sogar Krebs.
Warum Schichtarbeit zu Adipositas führt
Obwohl die Forschung bereits wichtige Erkenntnisse geliefert hat, bleiben die genauen Mechanismen, durch die Schichtarbeit zu Adipositas führt, noch unklar. Schichtarbeit verändert das Essverhalten grundlegend: Schichtarbeitende essen zu ungewöhnlichen Zeiten, entwickeln ein verändertes Hungergefühl und greifen häufiger zu kalorienreichen Snacks. Besonders nachts steigt die Vorliebe für fettige und süße Lebensmittel, was die Kalorienaufnahme in die Höhe treibt.
Adipositas wird von der World Health Organization als chronische Krankheit definiert, die durch eine übermäßige Vermehrung des Fettgewebes gekennzeichnet ist und ernsthafte Gesundheitsrisiken birgt. Das Shift2Health-Projekt, an dem 15 Partner aus sieben europäischen Ländern beteiligt sind, untersucht diese Zusammenhänge intensiv. Rund 34 Millionen Menschen in der EU arbeiten in Schichten, und das Projekt will herausfinden, wie ihre Gesundheit besser geschützt werden kann. „Es ist eine der größten Untersuchungen mit Schichtarbeitenden, die es in Europa gibt oder geben wird“, betont Wallner.
Praktische Forschung und individuelle Lösungen
Insgesamt sollen etwa 1.000 Personen aus fünf europäischen Ländern an den Untersuchungen teilnehmen. In Graz, einem der Forschungsstandorte, sucht man 100 Personen, die entweder in Nachtschichten arbeiten oder geregelte Arbeitszeiten haben, um Unterschiede zwischen diesen Gruppen genau zu analysieren. Diese Untersuchungen sollen wertvolle Einblicke in das Leben von Schichtarbeitenden und ihre spezifischen Gesundheitsrisiken liefern.
Zusätzlich zu den klinischen Tests führt das Forschungsteam umfassende Befragungen durch. Dabei werden Schlafgewohnheiten, Pausenzeiten und Essverhalten der Schichtarbeitenden dokumentiert. Ziel dieser Befragungen ist es, individuelle Ernährungsempfehlungen zu entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse von Schichtarbeitenden abgestimmt sind. Diese Empfehlungen sollen helfen, die Gesundheitsrisiken, die mit Schichtarbeit verbunden sind, zu minimieren.
Produkt für den Schichteinsatz
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts ist die Entwicklung eines gesunden Lebensmittels, das speziell für Schichtarbeitende konzipiert wird. Die Betroffenen selbst werden in den Entwicklungsprozess einbezogen. Ob es sich um ein flüssiges Produkt, einen Riegel oder ein Pulver zum Aufgießen handelt, hängt von den Bedürfnissen der Schichtarbeitenden ab. Diese Produktentwicklung soll eine praktische und gesunde Lösung für die Ernährungsprobleme von Schichtarbeitenden bieten.
Am Ende des Projekts sollen die Erkenntnisse in einem praxisorientierten Handbuch zusammengefasst werden, das auch in der Ausbildung von Pflegekräften und anderen Berufsgruppen genutzt werden soll. Ziel ist es, das gewonnene Wissen direkt an Schichtarbeitende weiterzugeben und so ihre Gesundheit langfristig zu fördern.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen
Spannend sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede, die sich im Laufe der Forschung zeigen könnten. Erste Studien deuten darauf hin, dass Männer häufiger Heißhunger auf Snacks verspüren, während bei Frauen die hormonelle Steuerung eine größere Rolle spielt. Diese Erkenntnisse könnten in Zukunft zu gezielteren Präventionsstrategien führen, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Männern und Frauen eingehen.
Was du dir merken solltest:
- Schichtarbeit stört den natürlichen Biorhythmus und führt zu Schlafstörungen, die das Risiko für ernsthafte Probleme für die Gesundheit wie Adipositas und Diabetes erhöhen.
- Nachtschichten fördern ungesunde Essgewohnheiten, wodurch die Kalorienaufnahme steigt und das Risiko für Herzkrankheiten und Übergewicht zunimmt.
- Studien zeigen, dass die gesundheitlichen Folgen von Schichtarbeit erheblich sind, besonders für die rund 34 Millionen Schichtarbeitenden in der EU.
Übrigens: Eine Studie hat herausgefunden, dass man je nach Chronotyp – also Lerche oder Eule – anders frühstücken sollte. Was dahinter steckt, erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy
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