Vier-Tage-Woche im Test: Studie zeigt mehr Produktivität und weniger Stress

Eine Studie der Uni Münster zeigt: Die Vier-Tage-Woche steigert die Produktivität und reduziert den Stress der Beschäftigten deutlich.

Laut einer Studie der Universität Münster erhöht die Vier-Tage-Woche die Produktivität und senkt gleichzeitig das Stressniveau der Beschäftigten.

Laut einer Studie der Universität Münster erhöht die Vier-Tage-Woche die Produktivität und senkt gleichzeitig das Stressniveau der Beschäftigten. © Pexels

Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche läuft seit längerem, doch nun liefert eine Studie der Universität Münster neue Erkenntnisse. 45 Unternehmen und Organisationen aus Deutschland testeten sechs Monate lang das Modell der verkürzten Arbeitszeit. Dabei arbeiteten die Beschäftigten nur noch vier Tage pro Woche – bei gleichem Lohn. In dieser Zeit wurden die Gesundheits- und Stresswerte der Mitarbeiter genau beobachtet.

Das Ergebnis ist bemerkenswert: Die Lebenszufriedenheit stieg deutlich, der Stress nahm ab. Die Arbeitszufriedenheit blieb unverändert, während die Produktivität stieg. Allerdings änderte sich eines nicht: Die Zahl der Krankmeldungen blieb konstant, was die Studienleiterin Julia Backmann von der Universität Münster als überraschend bezeichnet. „Vielleicht braucht es länger, bis der positive Effekt der Stressreduzierung folgt,“ wie der WDR berichtet.

Effizienzsteigerung ohne Überstunden

Interessant an der Studie ist, dass die verringerte Arbeitszeit nicht durch vermehrte Überstunden ausgeglichen wurde. Stattdessen nahmen die Belegschaften verschiedene Anpassungen vor, um die Effizienz zu steigern. Über 60 Prozent der Unternehmen nannten die Reduzierung von Ablenkungen und die Optimierung von Prozessen als wichtige Faktoren. Zudem veränderte gut die Hälfte der Befragten ihre Meetingkultur, indem sie etwa die Häufigkeit und Dauer interner Besprechungen reduzierte. Ein Viertel führte sogar neue digitale Werkzeuge ein, um die Arbeitsabläufe weiter zu verbessern. Co-Initiator des Pilotprojekts und Geschäftsführer von Intraprenör Carsten Meier erklärt in der Mitteilung der Uni Münster: „Das Potenzial der verkürzten Arbeitszeit scheint unter komplizierten Prozessen, Meetings und geringer Digitalisierung zu schlummern.“

Verbesserte Gesundheit der Mitarbeiter

Die Mitarbeiter profitierten auch gesundheitlich von der Vier-Tage-Woche. Julia Backmann betont, dass sich sowohl die mentale als auch die körperliche Gesundheit der Beschäftigten verbessert habe. Fitness-Tracker zeichneten die täglichen Aktivitätslevel auf, die bei den Testpersonen der Vier-Tage-Woche-Gruppe höher lagen als bei der Kontrollgruppe. Zudem schliefen die Studienteilnehmer der verkürzten Arbeitszeit im Durchschnitt 38 Minuten länger pro Woche. Die gemessenen Stressminuten pro Tag fielen ebenfalls deutlich niedriger aus. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Vier-Tage-Woche das Wohlbefinden der Mitarbeiter spürbar steigern kann.

Wenig Einfluss auf Krankmeldungen und Umweltverhalten

Trotz der positiven Effekte auf die Gesundheit konnte kein signifikanter Rückgang der Krankmeldungen festgestellt werden. Laut den Daten der Universität Münster zeigten die Testpersonen zwar einen leichten Rückgang der monatlichen Krankentage, doch statistisch war dieser Unterschied im Vergleich zu 2023 nicht relevant. Zudem stellte die Studie fest, dass die Vier-Tage-Woche keinen positiven Einfluss auf das umweltbewusste Verhalten oder den ökologischen Fußabdruck der Teilnehmer hatte. Im Gegenteil, es zeigte sich sogar, dass die Beschäftigten häufiger Inlandsreisen unternahmen als zuvor.

Mehr Kreativität und Umsatz durch das neue Modell

Auch das Steuerberaterbüro Urban und Göbel aus Schönaich nahm an der Studie teil. Harald Urban, der Geschäftsführer, berichtete, dass die Vier-Tage-Woche die Kreativität seiner 16-köpfigen Belegschaft deutlich gesteigert habe. Mitarbeiter hätten eigenständig neue Ideen entwickelt, die zuvor nur von der Geschäftsleitung kamen. In der Testphase habe das Unternehmen sogar eine Umsatzsteigerung verzeichnet. Besonders der Umgang mit digitalen Tools wie ChatGPT sei kreativer geworden, so Urban gegenüber dem WDR.

Kritische Stimmen aus der Wirtschaft

Trotz der positiven Resultate sehen viele Arbeitgeber das Modell kritisch. Steffen Kampeter, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), äußerte laut dem WDR seine Zweifel. Zwar sei die Vier-Tage-Woche verlockend, doch die Produktivität müsse stark steigen, um den Wohlstand und das hohe Niveau der sozialen Sicherung in Deutschland zu halten. Die BDA hält die Studie zudem für nicht repräsentativ, da sie auf einer zu kleinen Stichprobe beruhe.

Laut Kampeter könnten sich die meisten Unternehmen eine Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich schlicht nicht leisten. Flexiblere Arbeitszeiten, wie etwa längere Arbeitszeiten von Montag bis Donnerstag und einen freien Freitag, hält er hingegen für machbar, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich darauf einigen.

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Unterschiedliche Meinungen in der Politik

In der Politik gibt es geteilte Meinungen. Während die CDU skeptisch bleibt, sehen Grüne und SPD Potenzial in der Vier-Tage-Woche, um die Attraktivität von Arbeitsplätzen zu erhöhen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Lena Teschlade, die arbeitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, betont, dass flexiblere Arbeitszeiten auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern könnten.

Nicht alle Branchen könnten jedoch von diesem Modell profitieren. In Bereichen mit hoher Präsenzpflicht, wie dem Handwerk, sei eine verkürzte Arbeitszeit schwer umzusetzen. Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer NRW, erklärte dem WDR bereits im August, dass viele Betriebe derzeit mit einem akuten Fachkräftemangel kämpfen und daher mehr statt weniger Arbeitszeit benötigen.

Was du dir merken solltest:

  • Die Vier-Tage-Woche steigert laut einer Studie der Universität Münster die Produktivität, während das Stressniveau sinkt.
  • Die Arbeitszufriedenheit bleibt unverändert, jedoch veränderten Unternehmen Abläufe und nutzten digitale Tools zur Effizienzsteigerung.
  • Krankmeldungen gingen nicht signifikant zurück, und die Vier-Tage-Woche zeigte keinen Einfluss auf das umweltbewusste Verhalten der Teilnehmer.

Übrigens: Über die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland wünscht sich eine kürzere Arbeitszeit – viele wären sogar bereit, dafür Gehalt einzubüßen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild:  © Pexels

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