Unerwartete Kehrtwende: Der Erdkern bremst und ändert die Richtung

Eine unerwartete Entdeckung: Der innere Erdkern änderte bis 2023 seine Rotationsrichtung, nachdem er bis 2008 schneller rotierte.

Die Bewegung des Erdkerns ist doch nicht so stabil, wie viele bislang angenommen haben dürften. © Unsplash

Der Erdkern hat seine Bewegungsrichtung geändert: Dies fanden Wissenschaftler bei der Analyse von Daten aus Erdbeben heraus, die sich zwischen den Jahren 1991 und 2023 ereignet haben.

Der innere Kern der Erde hatte bis zum Jahr 2008 eine Phase beschleunigter Rotation. Im Anschluss dieser Periode verlangsamte er seine Drehgeschwindigkeit jedoch immer weiter, bis sich schließlich sogar seine Rotationsrichtung umkehrte. Die dazugehörige Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde, dokumentiert diesen Umschwung.

Die innere Struktur der Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars und des Mondes. Quelle: NASA via Wikimedia Commons unter Public Domain

Erdbeben lieferten Daten

Forscher haben dazu 143 Paare von wiederholten Erdbeben analysiert, deren seismische Wellen durch den inneren Kern der Erde reisten. Diese Erdbeben fanden hauptsächlich in den Südlichen Sandwichinseln im Südatlantik statt, ihre seismischen Wellen wurden von Arrays in Nordamerika erfasst. Durch den Vergleich der seismischen Wellenformen aus verschiedenen Jahren konnten die Forscher feststellen, dass der innere Kern zunächst eine beschleunigte Bewegung zeigte, die bis 2008 andauerte.

Übrigens: Bei einem seismischen Array handelt es sich um ein System aus miteinander verbundenen Seismometern. Mit einem Array lassen sich Erdbeben und Explosionen leichter entdecken als mit einem einzelnen Seismometer.

Nach 2008 verlangsamte sich die Rotationsgeschwindigkeit des inneren Kerns signifikant und die Richtung der Bewegung kehrte sich um. Diese sub-rotierende Phase dauerte bis 2023 an und war mehr als doppelt so langsam wie die vorherige Superrotation. Solch eine präzise Beobachtung der Rotationsgeschwindigkeit und -richtung des inneren Kerns war bisher nur schwer möglich.

Seismische Wellen veränderten sich

Die wissenschaftliche Analyse basierte auf der sorgfältigen Untersuchung der Aufzeichnungen von Erdbebenwellen, die speziell die PKIKP-Wellen betreffen, welche den inneren Kern durchqueren. Die Forscher nutzten mittelgroße seismische Arrays in Nordamerika, um die Daten zu sammeln und zu vergleichen. Diese Arrays, darunter die Stationen in Eielson und Yellowknife, bieten die notwendige Empfindlichkeit und Auflösung, um geringfügige Veränderungen in den Wellenformen zu erkennen.

Quelle: Nature

Ein wesentlicher Aspekt der Studie war die Feststellung, dass bestimmte Wellenformen sich im Laufe der Zeit veränderten und dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu ihrer ursprünglichen Form zurückkehrten. Diese Beobachtung liefert direkte Beweise dafür, dass der innere Erdkern in der Lage ist, seine frühere Position relativ zum Erdmantel wieder einzunehmen. Diese Wiederkehr zu früheren Positionen und Zuständen unterstützt die Theorie, dass der innere Kern in einem zyklischen Muster rotiert, das möglicherweise mit den Gravitationskräften zwischen dem inneren Kern und dem Mantel zusammenhängt.

Erdkern rotiert vermutlich zyklisch

Die Ergebnisse der Studie haben weitreichende Implikationen für das Verständnis der Geodynamik. Sie zeigen, dass die Bewegungen des inneren Kerns nicht nur eine einfache Rotationsbewegung sind, sondern auch Elemente einer zyklischen oder oszillierenden (regelmäßig vom Ruhezustand abweichenden) Natur aufweisen, die bisher in bestehenden geodynamischen Modellen nicht vollständig berücksichtigt wurden. Diese neuen Erkenntnisse könnten dazu beitragen, einige der Variationen und Anomalien in der Länge eines Tages zu erklären, die durch Wechselwirkungen zwischen Kern und Mantel beeinflusst werden.

Was du dir merken solltest:

  • Bis 2008 erlebte der innere Kern der Erde eine Phase beschleunigter Rotation, gefolgt von einer deutlichen Verlangsamung und einer Umkehr der Rotationsrichtung bis 2023.
  • Wissenschaftler nutzten seismische Arrays, um 143 Paare von Erdbeben zu analysieren und herauszufinden, dass der innere Kern seine frühere Position relativ zum Erdmantel periodisch wieder einnimmt, was auf eine zyklische Rotationsbewegung hinweist.
  • Die beobachteten Veränderungen in der Rotation des inneren Kerns haben bedeutende Auswirkungen auf das Verständnis der Erdgeodynamik und könnten Variationen in der Länge eines Tages sowie andere geologische Phänomene erklären.

Übrigens: Wusstest du, warum uns der Mond immer nur dieselbe Seite zeigt? Der Grund dafür die sogenannte gebundene Rotation. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © NASA via Unsplash

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