Tiere konsumieren mehr Alkohol als gedacht

Neue Studien zeigen, dass Alkoholkonsum unter Tieren häufiger vorkommt als vermutet. Ethanol in vergorenen Früchten beeinflusst Verhalten und Evolution vieler Tierarten.

Ein Schwarzhandklammeraffe (Ateles geoffroyi) ernährt sich von den Früchten von Spondias mombin mit einem Ethanolgehalt zwischen 1 Prozent und 2,5 Prozent. Alkoholkonsum ist bei vielen Frucht- und Nektarfressern weit verbreitet. © Nicholas Chapoy via Cell.com

Ein Schwarzhandklammeraffe (Ateles geoffroyi) ernährt sich von den Früchten von Spondias mombin mit einem Ethanolgehalt zwischen 1 Prozent und 2,5 Prozent. Alkoholkonsum ist bei vielen Frucht- und Nektarfressern weit verbreitet. © Nicholas Chapoy via Cell.com

Tiere scheinen häufiger Alkohol zu konsumieren als bisher angenommen. Ein Team von Ökologen erklärt in der Zeitschrift Trends in Ecology & Evolution, dass Ethanol, der in fast allen Ökosystemen vorkommt, regelmäßig von Frucht- und Nektarfressern aufgenommen wird. Die bisherige Annahme, dass Alkohol nur zufällig von Tieren konsumiert werde, steht damit auf dem Prüfstand.

„Wir entfernen uns von der Ansicht, dass Ethanol nur eine menschliche Besonderheit ist“, meint Verhaltensökologin Kimberley Hockings von der University of Exeter. Ethanol ist weitaus häufiger in der Natur verbreitet als bisher angenommen. Besonders Tiere, die zuckerhaltige Früchte fressen, sind dadurch automatisch Ethanol ausgesetzt.

Evolution und Ethanol: Anpassungen über Millionen Jahre

Vor rund 100 Millionen Jahren, als blühende Pflanzen süßen Nektar und Früchte zu produzieren begannen, entstand Ethanol. Besonders in feuchten, tropischen Klimazonen erreichen Früchte durch natürliche Gärung einen Alkoholgehalt von bis zu 10,2 Prozent – etwa bei überreifen Palmenfrüchten in Panama. Ursprünglich besaßen Tiere bereits Gene zur Ethanol-Abbau. Die Evolution hat diesen Mechanismus jedoch verfeinert, insbesondere bei Säugetieren und Vögeln, die regelmäßig Fruchtzucker konsumieren. Einige Primaten und Baumspitzhörnchen sind in der Lage, Ethanol besonders effizient zu verarbeiten.

Molekulare Anpassungen schützen Tiere auch vor den Nachteilen des Alkoholkonsums. Laut Matthew Carrigan vom College of Central Florida wäre es für ein Tier evolutionär wenig vorteilhaft, betrunken zu sein – besonders, wenn es in den Bäumen lebt oder von Raubtieren umgeben ist. Carrigan erklärt:

Für Tiere zählt der Kaloriengewinn, nicht die Rauschzustände – im Gegensatz zum Menschen, der Alkohol meist zur Entspannung genießt.

Matthew Carrigan

Nahrungsquelle und Schutzfunktion: Ethanol in der Tierwelt

Noch ungeklärt ist, ob Tiere Alkohol gezielt konsumieren oder ob es für sie nur ein Nebenprodukt der Nahrung ist. Die Forscher glauben, dass Ethanol gewisse Vorteile bieten könnte. Eine der Hauptfunktionen besteht darin, als Kalorienquelle zu dienen. Auch könnten die geruchsintensiven Gärungsstoffe Tieren helfen, Nahrungsquellen leichter zu finden. Laut ScienceDaily ist es jedoch unwahrscheinlich, dass Tiere Ethanol selbst wahrnehmen können. Darüber hinaus könnte Ethanol auch medizinische Funktionen haben: Fruchtfliegen legen gezielt ihre Eier in ethanolhaltige Substanzen ab, um ihre Nachkommen vor Parasiten zu schützen. Wenn Larven von Parasiten befallen sind, erhöhen sie ihren Ethanol-Konsum.

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Alkohol und das Verhalten von Tieren

Trotz zahlreicher Hinweise sind viele Fragen zur Bedeutung des Alkoholkonsums in der Tierwelt offen. Ein zukünftiger Forschungsschwerpunkt wird die Untersuchung der sozialen Verhaltensweisen des Alkoholkonsums bei Primaten sein. Die Forscher möchten klären, ob Ethanol bei Tieren eine physiologische Wirkung zeigt und wie dies möglicherweise das Verhalten beeinflusst. „Wir vermuten, dass Ethanol das Endorphin- und Dopaminsystem aktiviert, was zu Entspannung führen und die sozialen Bindungen stärken könnte“, so Anna Bowland von der University of Exeter.

Was du dir merken solltest:

  • Alkoholkonsum ist bei Tieren weit verbreitet, da viele Frucht- und Nektarfresser regelmäßig Ethanol aus vergorenen Früchten aufnehmen.
  • Die Evolution hat bei einigen Tieren, insbesondere Primaten, Anpassungen zur besseren Ethanolverarbeitung gefördert.
  • Ethanol kann eine wichtige Rolle als Nahrungsquelle, möglicherweise auch als Schutz gegen Parasiten, und in sozialen Bindungen spielen.

Übrigens: Mit zunehmendem Alter verstärken sich nach dem Trinken von Alkohol nicht nur Kater-Symptome, sondern auch die Gesundheit wird zunehmend geschädigt. Wie sich Alkoholkonsum im Laufe der Jahre auf den menschlichen Körper auswirkt, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Nicholas Chapoy via Cell.com

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