Klimawandel lässt Pflanzen schneller wachsen – doch auf Kosten ihrer Nährstoffe
Klimawandel und steigende CO2-Werte lassen Pflanzen schneller wachsen, doch ihre Nährstoffe wie Proteine und Mineralien gehen verloren.
Der Klimawandel lässt Pflanzen heute schneller wachsen als je zuvor – begünstigt durch steigende Kohlendioxidwerte in der Atmosphäre. Was zunächst positiv klingt, hat jedoch eine Kehrseite: Die Nährstoffdichte dieser Pflanzen, insbesondere an Proteinen und Mineralien wie Eisen und Zink, nimmt ab. Für Pflanzenfresser, die auf diese Nährstoffe angewiesen sind, können die Folgen gravierend sein. Nutztiere, Wildtiere und Insekten stehen zunehmend unter Druck.
Klimawandel lässt Pflanzen sprießen – Nährstoffe gehen zurück
Das Phänomen hat eine einfache Ursache: Pflanzen nutzen das zusätzliche CO2 wie Dünger. Das beschleunigt ihr Wachstum und erhöht die Biomasse. Doch je schneller die Pflanzen wachsen, desto weniger Energie stecken sie in ihre Nährstoffproduktion. Pflanzen bilden nur so viele Proteine, wie sie brauchen, berichtet The Conversation. Was übrig bleibt, ist Masse – mit weniger Wert.
Diese Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen. Nutztiere wie Rinder müssen mehr fressen, um den gleichen Nährstoffgehalt aufzunehmen. Das kostet Landwirte nicht nur Geld, sondern schmälert auch die Produktivität der Tiere. Wildtiere wie Pandas oder Koalas, die ohnehin auf spezielle Pflanzen angewiesen sind, drohen unterversorgt zu werden.
Nutztiere in Gefahr: Proteinmangel auf der Weide
Rinder, Schafe und Ziegen verbringen den Großteil ihres Lebens damit, zu grasen. Doch das, was sie heute fressen, enthält weniger Protein als vor ein paar Jahrzehnten. Dieser Trend verschärft die ohnehin knappe Versorgung vieler Tiere mit lebenswichtigen Nährstoffen, heißt es im Bericht. Für Landwirte bedeutet das: geringere Gewichtszunahme, höhere Futterkosten und weniger Einnahmen.
Das Problem beschränkt sich nicht auf Nutztiere. Auch Wildtiere sind betroffen. Besonders Panda-Bären, die sich fast ausschließlich von Bambus ernähren, sind durch die sinkende Nährstoffqualität ihrer Nahrung bedroht. Der Verlust von Mineralstoffen und Proteinen in Bambus könnte das Überleben der ohnehin gefährdeten Art weiter erschweren.
„Ich bin Ökologin und arbeite mit Kollegen zusammen, um zu untersuchen, wie sich eine Nährstoffverdünnung auf Arten im gesamten Nahrungsnetz auswirken könnte. Unser Fokus liegt auf Reaktionen in pflanzenfressenden Populationen, von kleinen Heuschrecken bis hin zu Riesenpandas“, erklärt die Ökologin Ellen Welti, die an diesen stillen, aber folgenreichen Veränderungen forscht.
Wir glauben, dass langfristige Veränderungen im Nährwert von Pflanzen eine unterschätzte Ursache für schrumpfende Tierpopulationen sein könnten.
Ellen Welti
Wie Insekten und Pflanzenfresser leiden
Nicht nur die großen Tiere kämpfen mit dem Problem. Bei Insekten wie Schmetterlingsraupen oder Heuschrecken, die eine zentrale Rolle im Ökosystem spielen, zeigen sich erste negative Effekte. Besonders betroffen sind Insekten, die Blätter kauen. Sie wachsen langsamer und pflanzen sich weniger fort.
Doch es gibt auch Gewinner. Heuschrecken etwa profitieren von kohlenstoffreichen Pflanzen. Das könnte sogar vermehrte Heuschreckenplagen auslösen, warnen Wissenschaftler. Die Auswirkungen sind je nach Art unterschiedlich – und oft schwer vorhersagbar.
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Regionen mit ohnehin knappen Ressourcen stark betroffen
Die Folgen der nährstoffärmeren Pflanzen treffen besonders Regionen, in denen die Böden ohnehin arm an Mineralstoffen sind. Australien, die Regenwälder des Amazonas und die Böden in Afrika zählen zu den am stärksten betroffenen Gebieten. Hier kämpfen Pflanzenfresser bereits heute um ihre Versorgung. Wenn ihre Nahrung an Qualität verliert, könnte das das Überleben vieler Tierarten gefährden.
Die Frage ist, wie weitreichend diese Veränderungen das gesamte Ökosystem beeinflussen. Wissenschaftler fordern dringend mehr Forschung, um die Auswirkungen der CO2-getriebenen Nährstoffverluste besser zu verstehen. Es geht nicht nur um einzelne Arten, sondern um die Stabilität ganzer Nahrungsnetze.
Warum die stillen Veränderungen alle betreffen könnten
Was heute als „stille Krise“ bei Pflanzenfressern beginnt, könnte langfristig auch andere Tierarten treffen – und letztlich uns Menschen. Die Nahrungskette ist eng miteinander verwoben. Wenn die Qualität der Pflanzen sinkt, wirkt sich das auf die Gesundheit und Fortpflanzung von Pflanzenfressern aus. Das könnte Raubtiere und sogar Bestäuber wie Bienen in Mitleidenschaft ziehen.
Was du dir merken solltest:
- Steigendes CO2 durch den Klimawandel fördert das Wachstum von Pflanzen, senkt jedoch den Gehalt der Nährstoffe wie Proteine und Mineralien.
- Nutztiere brauchen dadurch mehr Futter. Auch Wildtiere wie Pandas und viele Insekten leiden unter schlechterer Nahrung.
- In armen Böden und Tropen verschärft sich die Lage. Ganze Nahrungsnetze könnten langfristig aus dem Gleichgewicht geraten.
Übrigens: Pflanzen können mehr als nur wachsen – sie können sogar Metalle abbauen und gleichzeitig CO2 aus der Luft binden. Wie ein Start-up diese bahnbrechende Methode namens Phytomining einsetzt, erfährst du in unserem Artikel.
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