Dank Neandertaler-Fürsorge – Kind überlebt mit Down-Syndrom

Ein fossiler Fund in Spanien soll belegen, dass Neandertaler eine ausgeprägte Fürsorge für ihre Gemeinschaftsmitglieder hatten.

Neandertaler Down-Syndrom

Naturhistorisches Museum, Wien. Rekonstruktion von Neandertalern: In Spanien entdeckten Forscher einen fossilen Knochen eines Neandertaler-Kindes mit Merkmalen des Down-Syndroms (Symbolbild). © Wikimedia

Forscher haben einen fossilen Knochen gefunden, der Down-Syndrom-Merkmale aufweist und zu einem Neandertaler-Kind gehörte. Das Kind wurde mindestens sechs Jahre alt. Dieser Fund soll zeigen, dass Neandertaler sich gut um ihre Gemeinschaftsmitglieder kümmerten.

Die Forscher entdeckten den Knochen in der Cova Negra, einer Höhle nahe Xàtiva in Spanien. Seit den 1920er Jahren führten Archäologen in der Höhle immer wieder Ausgrabungen durch und fanden dabei heraus, dass sie zwischen 273.000 und 146.000 Jahren von Neandertalern bewohnt wurde. Mercedes Conde Valverde von der Universität Alcalá in Spanien und ihr Team identifizierten den Knochen als Teil des Schläfenbeins, der auch Teile des Innenohrs enthält.

Wissenschaftler analysieren den Fund

Mit Hilfe von CT-Scans erstellten die Forscher ein 3D-Modell des Knochens und erkannten ihn als Neandertaler-Knochen. Der Entwicklungszustand des Knochens deutet darauf hin, dass das Kind zwischen sechs und zehn Jahre alt war. Sie entdeckten mehrere auffällige Merkmale im Innenohr, die typisch für das Down-Syndrom sind. Diese genetische Erkrankung kann Lernschwierigkeiten sowie Hör- und Gleichgewichtsprobleme verursachen.

Conde Valverde und ihr Team glauben, dass das Kind mehr Pflege als andere Neandertaler-Kinder benötigte. Schwindelanfälle könnten seine Bewegungen erschwert haben, ein häufiges Symptom des Down-Syndroms. Conde Valverde erklärt, dass die Mutter Unterstützung benötigte, da die zusätzliche Pflegezeit sie und möglicherweise den Vater von anderen Aktivitäten abgehalten hat.

Woher kommt das Down-Syndrom?

Jeder Mensch besteht aus Zellen. In jeder dieser Zellen befindet sich eine Art Bauplan für den Menschen – die Chromosomen.

Dieser Bauplan legt beispielsweise fest:

Jede menschliche Zelle enthält 23 Chromosomenpaare, das bedeutet, jedes der 23 Chromosomen ist zweimal in jeder Zelle vorhanden.

Laut der Lebenshilfe ist das bei Menschen mit Down-Syndrom anders. Hier gibt es das 21. Chromosom dreimal statt zweimal. Das bedeutet, dass Menschen mit Down-Syndrom in jeder Zelle ein zusätzliches Chromosom haben. Daher wird das Down-Syndrom auch Trisomie 21 genannt. „Tri“ steht für drei und „21“ für das 21. Chromosom. Trisomie 21 bedeutet also, dass das 21. Chromosom dreimal vorhanden ist.

Neandertaler-Fürsorge im Fokus

Penny Spikins von der Universität York in Großbritannien, die nicht an der Forschung beteiligt war, betont: „Neandertaler sorgten eindeutig für ihre Gruppenmitglieder, und dies ist ein schönes Beispiel dafür, wie sehr sie sich kümmerten.“ NewScientist zitiert Sarah Turner von der Concordia University in Kanada, die darauf hinweist, dass Menschen mit Down-Syndrom auf vielfältige Weise zur Gesellschaft beitragen können und dass dies auch für Neandertaler galt.

Turner argumentiert, dass es viele Variationen gibt, wie Menschen Behinderungen in verschiedenen Kontexten betrachten und behandeln. Ohne genaue Kenntnisse über das Leben und die Behandlung des Kindes sei es schwierig zu sagen, warum und wie es überlebte. Turner zeigte in früheren Studien, dass auch wilde Primaten mit Behinderungen lange überleben können, wenn sie Unterstützung erhalten. Ein Schimpansenbaby mit Down-Syndrom überlebte, solange die Mutter Unterstützung von einer älteren Tochter erhielt.

Weitere Beweise für Fürsorge

Der Fund des Neandertaler-Kindes reiht sich in andere Beispiele für Neandertaler-Fürsorge ein. Forscher fanden einen erwachsenen männlichen Neandertaler aus der Shanidar-Höhle im Irak, der mit einem verkümmerten Arm, einem beschädigten Bein und vermutlich einseitiger Taubheit und Blindheit lebte. Trotz dieser Verletzungen lebte er weitere 10 bis 15 Jahre, was darauf hindeutet, dass andere ihn pflegten.

Conde Valverde und Spikins lehnen die Vorstellung ab, dass Neandertaler Fürsorge nur aus der Erwartung von zukünftiger Hilfe leisteten. Spikins erklärt: „Die Vorstellung, dass jemand produktiv sein muss, stammt aus unserer Gesellschaft. Tatsächlich lebten wir in eng verbundenen Gruppen, und der Instinkt, sich umeinander zu kümmern, war entscheidend.“ Menschen mit Down-Syndrom seien oft „außerordentlich liebevoll und sehr gesellig“, was in kleinen Gemeinschaften von großer Bedeutung ist.

Was du dir merken solltest:

  • Forscher fanden in der Cova Negra, einer Höhle in Spanien, einen fossilen Knochen eines Neandertaler-Kindes mit Down-Syndrom. Der Fund deutet eine fürsorgliche Gemeinschaft hin.
  • Das Kind, das zwischen sechs und zehn Jahre alt wurde, benötigte aufgrund seiner Erkrankung besondere Pflege, was darauf hinweist, dass Neandertaler sich intensiv um ihre Gemeinschaftsmitglieder kümmerten.
  • Diese Entdeckung ergänzt weitere Hinweise auf Neandertaler-Fürsorge, wie der Fund eines schwer verletzten Neandertalers in der Shanidar-Höhle im Irak, der trotz seiner Behinderungen lange überlebte.

Übrigens: Eine Studie der Uni Tübingen zeigt, dass Neandertaler und moderne Menschen in ihrer Kindheit vermutlich unterschiedlich gut mit Stress umgegangen sind, was ihre Lebenserwartungen beeinträchtigte. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Jakub Hałun via Wikimedia unter CC BY 4.0

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