Neue Reaktortechnologie in den USA: Energierevolution oder teures Experiment?

Westinghouse entwickelt aktuell einen kleinen modularen Reaktor (SMR), der bis 2033 emissionsfreien Strom liefern soll.

SMR

Westinghouse arbeitet an einem neuen Mikroreaktor, doch es gibt Zweifel an der Rentabilität der Technologie. © Westinghouse

Die US-Firma Westinghouse hat Pläne für einen kleinen modularen Reaktor (SMR) vorgestellt, der nahezu emissionsfrei Strom produzieren soll. Dieser soll laut Informationen von Reuters veraltete Kohlekraftwerke ersetzen oder zur Energieversorgung in der Wasseraufbereitung und anderen Industrien eingesetzt werden.

Rita Baranwal, Technologiechefin bei Westinghouse, erklärte, der als AP300 bezeichnete Reaktor, hat eine geplante Kapazität von 300 Megawatt und vermeidet den Einsatz spezieller Brennstoffe oder flüssiger Metallkühlmittel, im Gegensatz zu anderen Reaktoren der nächsten Generation. Die AP300-Technologie basiert auf dem bewährten AP1000-Reaktor, der unter anderem in China im Einsatz ist.

Realistische Planung oder Überoptimismus?

Trotz verschiedener Herausforderungen im Bereich der Kernenergie zeigt sich Baranwal zuversichtlich: „Wir haben das Konzept einfach gehalten, es basiert auf erprobter und lizenzierter Technologie“, so Baranwal im Gespräch mit Reuters. Die Bauarbeiten am ersten AP300-Reaktor sollen 2030 beginnen, der Betrieb ist für 2033 geplant. Doch nicht alle sind überzeugt von der Machbarkeit dieser Technologie.

Ein Bericht des Instituts für Wirtschafts- und Finanzanalyse (IEEFA) stellt die Eignung kleiner modularer Reaktoren in Frage. In ihrem Bericht mit dem Titel „Kleine modulare Reaktoren: Noch immer zu teuer, zu langsam und zu riskant“ hebt die IEEFA hervor, dass die wenigen bislang gebauten oder in Bau befindlichen SMRs ähnliche Probleme wie frühere Großreaktorprojekte zeigen: erhebliche Bauverzögerungen und steigende Kosten.

Hohe Kosten und langsame Entwicklung

So wurde ein vom SMR-Entwickler NuScale und den Utah Associated Municipal Power Systems (UAMPS) geplantes Mini-AKW in Idaho doch nicht gebaut, nachdem die Kosten von anfänglich 58 Dollar pro Megawatt-Stunde auf 200 Dollar stiegen. Diese Investitionen könnten laut dem Bericht besser in schnellere, sicherere und sauberere Energiequellen wie Wind-, Solar– und Batterietechnologien fließen.

Neben den Kosten und zeitlichen Verzögerungen gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Funktionalität der neuen SMR-Technologien. „Die Frage, ob die neuen SMRs wirklich die versprochene Leistung erbringen können, bleibt offen“, heißt es im IEEFA-Bericht. Zusätzlich könnte ein technisches Versagen in einem SMR weltweit Auswirkungen auf andere Reaktoren desselben Typs haben.

Die US-Regierung bleibt optimistisch

Trotz der skeptischen Stimmen unterstützt die Biden-Administration die Weiterentwicklung und Erhaltung bestehender Kernkraftwerke sowie die Forschung an neuen Reaktoren als Teil ihres Ziels, die Wirtschaft bis 2050 CO2-frei zu gestalten. Die mögliche Unabhängigkeit von russischen Energieimporten, besonders nach den jüngsten Ereignissen in der Ukraine, spielt dabei eine wichtige Rolle.

Westinghouse hofft, nicht nur in den USA, sondern auch in Osteuropa und möglicherweise in Subsahara-Afrika neue Märkte zu erschließen. Obwohl die Exportmöglichkeiten nach China durch frühere Restriktionen der Trump-Administration noch unsicher sind, könnte eine Neuinterpretation der Technologie als Weiterentwicklung des AP1000 neue Chancen eröffnen.

Was du dir merken solltest:

  • Die US-Firma Westinghouse entwickelt den kleinen modularen Reaktor AP300, der nahezu emissionsfrei Strom produzieren soll und auf der bewährten Technologie des AP1000 basiert, um insbesondere veraltete Kohlekraftwerke zu ersetzen.
  • Trotz des Optimismus von Westinghouse verweist ein Bericht des Instituts für Wirtschafts- und Finanzanalyse (IEEFA) auf erhebliche Herausforderungen bei kleinen modularen Reaktoren, darunter hohe Kosten, lange Entwicklungszeiten und Unsicherheiten bezüglich der Sicherheit und Leistungsfähigkeit.
  • Die US-Regierung unterstützt dennoch die Entwicklung neuer Reaktortechnologien als Teil ihrer Strategie zur Dekarbonisierung der Wirtschaft bis 2050, auch als Mittel zur Steigerung der Energieunabhängigkeit von ausländischen Energieimporten.

Bild: © Westinghouse

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert