Trump entfesselt neuen Goldrausch in der Tiefsee – und ignoriert Experten-Warnungen
Die USA stoßen beim Tiefseebergbau vor. Dabei missachten sie die Kritik von Experten und jegliche Bemühungen der Staatengemeinschaft.

US-Präsident Trump erlaubt Tiefseebergbau in internationalen Gewässern – Forscher warnen vor den Umweltfolgen. © Wikimedia
Mit einem Erlass vom 24. April erlaubt Donald Trump Unternehmen in den USA, in internationalen Gewässern Tiefseebergbau zu betreiben. Die internationalen Verhandlungen über Umweltstandards sind dabei noch gar nicht abgeschlossen. Wie die Frankfurter Allgemeine berichtet, betrifft der Vorstoß vor allem die begehrten Manganknollen in 3.000 bis 6.000 Meter Tiefe.
Schon Ende März kündigte die US-Tochter des kanadischen Unternehmens The Metals Company (TMC) an, eine Lizenz für den Abbau beantragen zu wollen. Das Unternehmen interessiert sich für Vorkommen in der Clarion-Clipperton-Zone im Zentralpazifik, einem Gebiet, in dem riesige Mengen der metallreichen Knollen vermutet werden.
Trump startet im Alleingang „neuen Goldrausch“
Die US-Wetter- und Ozeanographiebehörde sprach nach Trumps Dekret von einem neuen Goldrausch und bezeichnete den Erlass als „historisch“. Dieser Schritt solle die nationale Sicherheit stärken und das Wirtschaftswachstum fördern.
Dabei war es bisher Konsens unter Staaten, mit dem Abbau in der Tiefsee zu warten, bis ein globales Regelwerk unter Leitung der Internationalen Seebodenbehörde (ISA) beschlossen ist. Zwar sind die USA dem UN-Seerechtsübereinkommen UNCLOS nie beigetreten, hatten sich aber bislang an die Verhandlungswege gehalten. Die letzte Runde der ISA endete Ende März ergebnislos, neue Gespräche sind für Juli angesetzt.
Experten sehen den Vorstoß kritisch. Die Kieler Völkerrechtlerin Nele Matz-Lück erklärte gegenüber dem Science Media Center: „Die Möglichkeiten, dem Einhalt zu gebieten, sind gering. Vor einen internationalen Gerichtshof, wie den IGH in Den Haag, kann man die USA ohne ihre Zustimmung nicht zitieren. Gegenmaßnahmen als Reaktion auf einen Völkerrechtsverstoß sind unwahrscheinlich und würden sich voraussichtlich in Handelsmaßnahmen erschöpfen.“
Forscher und Aktivisten warnen vor Schäden am Meeresboden
Gleichzeitig warnen Meeresbiologen vor irreversiblen Schäden. Aufgewirbelte Sedimente könnten große Mengen an Kohlenstoff freisetzen und empfindliche Ökosysteme langfristig zerstören. Daher fordern 32 Staaten, darunter Deutschland, eine Pause beim Tiefseebergbau. Sie wollen den Meeresboden erst besser erforschen, bevor kommerzielle Vorhaben starten.
Auch Greenpeace warnte bereits eindringlich vor den Folgen der Industrie. Maschinen für den Tiefseebergbau würden Geräusche und Licht aussenden, die sensible Tierarten stören. Besonders betroffen wären Arten, die auf akustische Signale angewiesen sind – darunter etwa Pottwale, die durch Lärmverschmutzung Stress erleiden und die Orientierung verlieren können. Laut Greenpeace könnte der Eingriff in das kaum erforschte Tiefsee-Ökosystem irreversible Schäden verursachen.
Noch gibt es Riesenkalmare, Drachenfische und Riesenkrabben. Wenn die Monster der Bergbauindustrie auf sie losgelassen werden, könnte das vorbei sein.
Mag. Lukas Meus, Meeresexperte bei Greenpeace
Wirtschaftlicher Nutzen bleibt fraglich
Hinzu kommt: Der wirtschaftliche Nutzen ist umstritten. Zwar enthalten die Manganknollen eine Vielzahl von Metallen, darunter Eisen, Kobalt und Nickel. Doch laut dem Freiburger Stoffstromexperten Dr. Andreas Manhart ist der Hype überzogen: „Der Verweis auf die angeblich so große Vielfalt an kritischen Rohstoffen ist trügerisch. Zwar sind zahlreiche Elemente in Spuren in den Knollen enthalten, realistischerweise können aber nur sehr wenige davon tatsächlich aus diesen Knollen gewonnen werden.“
Wirtschaftlich interessant seien nur Kupfer, Kobalt und Nickel – und selbst bei Mangan sei fraglich, ob sich der Abbau lohne. Auch seltene Erden seien nicht enthalten und das „egal wie viel Forschung noch in die Förder- und Verarbeitungstechnik gesteckt wird“, so Manhart.
Zudem weisen Forscher auf unerforschte Funktionen der Knollen im Ökosystem hin. Laut einem Beitrag im Fachmagazin Nature Geoscience aus dem vergangenen Jahr tragen sie zur Sauerstoffproduktion bei. Ihr Abbau könnte also auch den natürlichen Sauerstoffkreislauf im Meer zerstören.
Wir haben in diesem komplexen System Tiefsee noch längst nicht alle Prozesse verstanden.
Andrea Koschinsky, Geowissenschaftlerin an der Uni Bremen und Co-Autorin der Studie
Auch Norwegen, das Anfang 2024 den Tiefseebergbau erlaubt hatte, ist Ende des Jahres wieder davon abgerückt. Der Alleingang der USA könnte international als Signal gesehen werden, das andere Länder zu ähnlichen Schritten bewegt.
Kurz zusammengefasst:
- Die USA treiben den Tiefseebergbau voran, obwohl es noch keine internationalen Umweltregeln dafür gibt.
- Wissenschaftler und Umweltorganisationen warnen vor schweren Schäden an sensiblen Meeresökosystemen.
- Zudem ist unklar, ob sich der Abbau der Rohstoffe wirtschaftlich überhaupt lohnt.
Bild: © Gage Skidmore via Wikimedia unter CC BY-SA 2.0