Greenpeace schlägt Alarm: Tiefseebergbau würde Ökosysteme im Meer ruinieren

Pläne für den Tiefseebergbau alarmieren Umweltschützer weltweit: Dieser würde ganze Ökosysteme im Meer unwiderruflich zerstören.

Tiefseebergbau

Der Tiefseebergbau steht an der Schwelle zur praktischen Umsetzung. Die Pläne für den Abbau von Ressourcen in der Tiefsee werden dabei von den Unternehmen oft als notwendig für den Fortschritt der Elektromobilität dargestellt. Kritische Stimmen stellen diese Notwendigkeit jedoch in Frage.

Anfang 2024 hat Norwegen offiziell die Erlaubnis für den Tiefseebergbau erteilt. Zusätzlich existieren bereits Abbaulizenzen für Gebiete in Papua-Neuguinea, Ozeanien und im Roten Meer. Diese Entwicklung markiert einen großen Schritt hin zur Ausbeutung der Meeresböden, die bisher größtenteils unberührt waren, schreibt Greenpeace.

Internationale Meeresbodenbehörde am Zug

Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA), gegründet 1994 durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über das Recht des Meeres (UNCLOS), spielt eine zentrale Rolle in der Regulierung dieser neuen Industrie. Die ISA ist dafür verantwortlich, die Aktivitäten im Tiefseebergbau zu überwachen, zu verwalten und zu regulieren.

Doch trotz der wachsenden Bedeutung und der bevorstehenden Projekte hat die ISA bisher kein vollständiges Regelwerk vorgelegt. Eine ursprüngliche Frist wurde ohne endgültige Entscheidungen bis 2025 verlängert. Das schafft Unsicherheit in Bezug auf Umweltstandards und operative Praktiken, berichtete die Deutsche Welle.

Debatte um Umwelt- und Klimaauswirkungen

Die Umweltauswirkungen des Tiefseebergbaus sind besonders besorgniserregend. Kritiker wie Daniela Herrmann von Greenpeace argumentieren, dass kein Regelwerk den empfindlichen Lebensraum der Tiefsee ausreichend schützen kann:

Ein Mining Code führt unweigerlich zu einer Ausbeutung der Tiefsee, egal wie er ausgestaltet ist. Es ist nicht möglich, ein Regelwerk für Tiefseebergbau aufzustellen, das diesen extrem empfindlichen Lebensraum schont.

Till Seidensticker von Greenpeace hebt hervor, dass die Tiefseebergbau-Lobby die Energiewende missbraucht, um ihre umweltschädlichen Pläne zu rechtfertigen – ein Vorgang, der oft als Greenwashing bezeichnet wird:

Die Tiefseebergbau-Lobby missbraucht die Energiewende, um ihre klima- und umweltschädlichen Pläne zu rechtfertigen. Das ist Greenwashing. Der Bedarf für Elektroautos und eine grüne Verkehrs- und Energiewende lässt sich auch ohne Ausbeutung der Tiefsee decken.

Was befindet sich in der Tiefsee?

Die Tiefsee beginnt laut Definition ab 200 Metern Tiefe und wirkt auf den ersten Blick tot. Dort herrscht völlige Dunkelheit, die Temperaturen sind eiskalt, und der Druck ist immens. Doch trotz dieser unwirtlichen Bedingungen beherbergt sie eine überraschende Vielfalt an Leben, darunter bizarre Kreaturen wie den Vampirtintenfisch und den Anglerfisch. Diese Spezies haben sich an die Dunkelheit angepasst und nutzen oft Biolumineszenz, um in der absoluten Finsternis zu überleben.

Eines der größten Säugetiere der Welt ist ebenfalls auf die Tiefsee angewiesen. Pottwale begeben sich für die Jagd nach Riesenkalmaren und anderen Beutetieren in Tiefen von über zu 3.000 Metern. Die lauten Maschinen und grellen Lichter, die für den Tiefseebergbau eingesetzt werden, würden ihren Lebensraum nachhaltig verändern, schreibt Greenpeace in einer Petition gegen den Tiefseebergbau.

Neben dem Pottwal wären auch der Nördliche Entenwal und der Buckelwal potenziell bedroht, falls es zu Tiefseebergbau in den arktischen Gewässern Norwegens kommen sollte. Sie alle nutzen eine Vielzahl an akustischen Signalen zur Kommunikation, zur Orientierung und auch für die Nahrungssuche. Aus diesem Grund haben Wale ein sehr empfindliches Gehör entwickelt, was sie anfällig für Lärmverschmutzung macht. Studien belegen, dass laute Geräusche – wie sie etwa Schiffsmotoren und Ölplattformen von sich geben – bei Walen zu Stress, Hörverlust und im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen können.

Eingriffe in ein hochsensibles Ökosystem

Die Hauptzielobjekte des Tiefseebergbaus sind Manganknollen. Die befinden sich in einer Tiefe von 3.000 bis 6.000 Metern und sind reich an wertvollen Metallen wie Nickel, Kupfer und Kobalt. Diese Knollen wachsen nur extrem langsam und sind von großer Bedeutung für das marine Ökosystem. Die Entfernung dieser Knollen würde nicht nur das lokale Ökosystem zerstören, sondern auch langfristige Schäden verursachen, wie das Beispiel eines umgepflügten Meeresbodens vor Peru zeigt. Eine Langzeitstudie hat ergeben, dass der sich auch nach Jahrzehnten nicht erholt hat.

Die Störung des Sediments durch Bergbaumaschinen würde zudem im Meeresboden gespeicherten Kohlenstoff freisetzen, der dann zur Versauerung der Ozeane beiträgt und dadurch die Biodiversität, die für das Gleichgewicht des marinen Lebens entscheidend ist, unwiederbringlich zerstört.

Noch gibt es Riesenkalmare, Drachenfische und Riesenkrabben. Wenn die Monster der Bergbauindustrie auf sie losgelassen werden, könnte das vorbei sein. 

Mag. Lukas Meus, Meeresexperte bei Greenpeace (Quelle)

Braucht es den Tiefseebergbau wirklich?

Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie des Öko-Instituts kam zu dem Ergebnis, dass Metalle aus der Tiefsee nicht benötigt werden, während seltene Rohstoffe wie Lithium und Graphit ohnehin nicht aus den Manganknollen gewonnen werden könnten. Zudem führe der aktuelle Trend hin zu nickel- und kobaltfreien Batterien, wodurch die Nachfrage nach diesen Elementen in Zukunft sinken dürfte. Dies würde es überflüssig machen, in der Tiefsee nach diesen Metallen zu graben.

Die Antwort auf den steigenden Bedarf an Metallen sieht Greenpeace daher nicht im vermehrten Abbau, sondern in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, die das Recycling und das Ökodesign von Produkten verbessert. So könnten der Bedarf an Neumaterialien reduziert und die Umweltauswirkungen minimiert werden.

Was du dir merken solltest:

  • Der Tiefseebergbau könnte mit bereits erteilten Abbaulizenzen in Gebieten wie Norwegen, Papua-Neuguinea und dem Roten Meer bald beginnen.
  • Die Internationale Meeresbodenbehörde ist für die Überwachung und Regulierung des Tiefseebergbaus zuständig. Sie hat jedoch noch kein abschließendes Regelwerk vorgelegt, was Unsicherheit über die Umweltauswirkungen schafft.
  • Kritiker warnen, dass der Abbau von Manganknollen in der Tiefsee erhebliche ökologische Schäden verursachen könnte, einschließlich der Zerstörung von Lebensräumen und der Freisetzung von gespeichertem Kohlenstoff, was die Ozeanversauerung beschleunigen würde.

Bild: © Pexels

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