Risiko für Migräne, Alzheimer und Co. – Wie Sexualhormone regelmäßig unser Gehirn kapern
Sexualhormone steuern die neurologische Gesundheit stärker als gedacht und stehen in Verbindung mit Migräne, Alzheimer und Co.
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Wenn Hormone das Gehirn steuern: Östrogen und Testosteron können Migräne, Parkinson und Alzheimer beeinflussen – besonders spürbar für Frauen. © Pexels
Sexualhormone steuern weit mehr als nur die Fortpflanzung – sie haben massiven Einfluss auf das Gehirn und unsere Gesundheit. Eine neue Studie zeigt, wie Östrogen, Testosteron und andere Hormone das Risiko für Migräne, Parkinson oder Alzheimer mitbestimmen. Gerade für Frauen sind die Erkenntnisse relevant: Bis zu 60 Prozent der Migränepatientinnen leiden verstärkt während der Menstruation unter Anfällen.
Die Studienautor Professor Hyman M. Schipper von der McGill University erklärt: „Unser Verständnis davon, wie reproduktive Hormone neurologische Erkrankungen beeinflussen, hat sich dramatisch erweitert. Diese Hormone beeinflussen nicht nur reproduktive Funktionen – sie beeinflussen grundlegend, wie sich das Nervensystem entwickelt, funktioniert und auf Verletzungen oder Krankheiten reagiert.“
Sexualhormone beeinflussen unsere Gesundheit – Warum Frauen häufiger betroffen sind
Viele neurologische Erkrankungen treffen Frauen häufiger oder verlaufen bei ihnen anders. Migräne ist das bekannteste Beispiel. Aber auch Multiple Sklerose zeigt bei Frauen oft einen anderen Verlauf, vor allem während Schwangerschaft und Menopause.
Besonders alarmierend sind neue Erkenntnisse zu Alzheimer: Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Ein möglicher Grund könnte der Einfluss von Östrogen sein, das eine schützende Wirkung auf das Gehirn hat – bis zur Menopause. Danach sinkt der Östrogenspiegel rapide und erhöht in Folge das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen.
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Hormonelle Schwankungen können Therapien beeinflussen
Nicht nur Krankheiten selbst, auch Medikamente wirken bei Frauen und Männern oft unterschiedlich. Bestimmte Antiepileptika beispielsweise beschleunigen den Abbau von Sexualhormonen. Das kann dazu führen, dass die Pille nicht mehr zuverlässig schützt – ein Punkt, den viele Frauen nicht wissen.
Hormonelle Veränderungen während der Menstruation, Schwangerschaft oder Menopause beeinflussen außerdem, wie stark Medikamente wirken. Wer eine neurologische Erkrankung hat, sollte mit seinem Arzt klären, ob die Therapie an den Hormonstatus angepasst werden sollte.
Neurosteroide: Neue Hoffnung für Patienten?
Ein spannender Forschungsansatz sind Neurosteroide – Hormone, die direkt im Gehirn gebildet werden. Sie könnten als Therapie gegen Alzheimer, Multiple Sklerose oder sogar psychische Erkrankungen wie Depressionen genutzt werden. Noch stehen die Forschungen am Anfang, aber erste Ergebnisse sind vielversprechend.
„Der Schlüssel liegt darin, genau zu verstehen, wie diese Hormone in verschiedenen Kontexten wirken. Dieses Wissen könnte zu personalisierten Behandlungsansätzen führen“, so Schipper. Die Hoffnung ist, dass zukünftige Therapien individuell an den Hormonhaushalt eines Menschen angepasst werden können.
Wie Hormone Ihre Symptome verstärken – oder lindern können
Falls Sie unter Migräne leiden oder eine neurologische Erkrankung haben, lohnt es sich, auf hormonelle Zusammenhänge zu achten. Klären Sie mit einem Arzt, ob der Hormonspiegel Ihre Symptome beeinflussen könnte – und ob es Möglichkeiten gibt, das zu nutzen.
Besonders in der Menopause oder während der Schwangerschaft kann es hilfreich sein, gezielt nach alternativen Behandlungen zu fragen. Die neuen Erkenntnisse zeigen: Hormonelle Veränderungen können gravierende Auswirkungen haben – aber sie bieten auch neue Chancen für eine gezieltere Therapie.
Die Veröffentlichung der Studie in Brain Medicine würdigt zudem die Pionierarbeit von Dr. Seymour Reichlin, der vor Jahrzehnten erkannte, dass Hormone das Gehirn weitaus mehr beeinflussen als damals angenommen. Seine Erkenntnisse sind heute aktueller denn je – und könnten in Zukunft vielen Patienten helfen.
Kurz zusammengefasst:
- Sexualhormone beeinflussen nicht nur die Fortpflanzung, sondern auch das Gehirn – sie können neurologische Erkrankungen wie Migräne, Alzheimer oder Parkinson verstärken oder deren Verlauf verändern.
- Besonders Frauen sind betroffen, da hormonelle Schwankungen während Menstruation, Schwangerschaft und Menopause das Risiko für neurologische Beschwerden erhöhen und die Wirkung von Medikamenten beeinflussen können.
- Neue Forschung zeigt, dass sogenannte Neurosteroide, also im Gehirn produzierte Hormone, als Therapieansatz für neurologische Erkrankungen genutzt werden könnten.
Bild: © Pexels
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