Studie warnt: Bauchfett beeinflusst Hirnregionen für Gedächtnis und Gefühle bei Jugendlichen

Eine neue Studie zeigt: Bauchfett steht bei Jugendlichen in Zusammenhang mit auffällig vergrößerten Hirnregionen für Gedächtnis und Gefühle.

Was Bauchfett mit dem Teenager-Gehirn macht

Eine neue Studie bringt Bauchfett mit Veränderungen im Gehirn und in der Emotionsverarbeitung bei Jugendlichen in Verbindung. © Vecteezy

Bestimmte Gehirn-Regionen fallen bei Jugendlichen mit zu viel Bauchfett (abdominaler Adipositas) deutlich größer aus als bei Gleichaltrigen ohne dieses Gesundheitsproblem. Das zeigt eine neue Auswertung von MRT-Daten aus den USA. Besonders betroffen: Areale, die für Gedächtnis, Lernen und Emotionskontrolle verantwortlich sind. Die Ergebnisse stammen aus einer groß angelegten Untersuchung mit über 3.300 Jugendlichen der UTHealth Houston School of Public Health in Austin. Vorgestellt wurden die Ergebnisse bei einer medizinischen Tagung zu Übergewicht.

Bauchfett lässt bestimmte Regionen im Gehirn wachsen

Die Forscher analysierten Daten der laufenden ABCD-Studie, die untersucht, wie sich Kindheitserfahrungen auf die Gesundheit und das Gehirn auswirken. Sie begleiteten die Jugendlichen über vier Jahre hinweg, von 2016 bis 2020. Die Jugendlichen waren bei Studienbeginn im Schnitt 9,9 Jahre alt. Gut ein Drittel wies bereits damals abdominales Übergewicht auf, gemessen am Taillen-Umfang.

Mit Hilfe struktureller MRTs wurden verschiedene Gehirnregionen vermessen. Auffällig war: Die Amygdala – das Areal im Gehirn, das für die Verarbeitung von Emotionen wie Angst oder Wut zuständig ist – war bei Jugendlichen mit Bauchfett etwa 4,3 Prozent größer. Der Hippocampus, der für das Gedächtnis zentral ist, zeigte sogar eine Zunahme von rund 6,6 Prozent.

Hoher Taillen-Fett-Anteil beeinflusst Gefühlskontrolle und körperliche Fähigkeiten

Noch stärker war der Effekt bei Jugendlichen mit einem besonders hohen Taillen-zu-Körpergrößen-Verhältnis. Bei einem Verhältnis über 0,5 war die Amygdala besonders vergrößert. Die Wissenschaftler sehen darin ein mögliches Risiko für die emotionale Entwicklung. „Das könnte beeinflussen, wie Jugendliche mit Angst, Wut oder Freude umgehen“, sagt Studienleiter Dr. Augusto Cesar Ferriera De Moraes.

Auch andere Regionen wie Thalamus und Caudatus, zuständig für Bewegung, Sinneswahrnehmung und Koordination, zeigten ein leichtes Größenwachstum, allerdings weniger stark als Amygdala und Hippocampus.

Das Forschungsteam weist darauf hin, dass bei einem sich entwickelnden Gehirn sowohl ein verlangsamtes als auch ein übermäßiges Wachstum problematisch sein kann. Entzündungsprozesse im Körper durch Fettgewebe könnten das unnatürliche Größenwachstum erklären.

Prognose: Fettleibigkeit bei Jugendlichen nimmt rasant zu

Hintergrund der Studie ist die starke Zunahme von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen. Zwischen 1990 und 2022 hat sich die Zahl der Betroffenen weltweit vervielfacht. In den USA lebten einer aktuellen Studie zufolge zuletzt über 15 Millionen Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren mit Übergewicht oder Adipositas.

Besonders stark betroffen sind laut aktuellen Daten Mädchen im Alter von 15 bis 24 Jahren. In einigen US-Bundesstaaten lag der Anteil übergewichtiger Jugendlicher bei über 60 Prozent. Die Prognosen bis 2050 gehen von einem weiteren drastischen Anstieg aus. Dr. De Moraes fasst zusammen: „Die Behandlung und Vermeidung von Adipositas im Jugendalter verbessert nicht nur die körperliche Gesundheit – sie schützt möglicherweise auch das Gehirn.“

Sozialer Hintergrund beeinflusst die Hirnentwicklung zusätzlich

Neben der Fettleibigkeit spielte auch das soziale Umfeld eine Rolle. Die Forscher nutzten den Child Opportunity Index, um zu bewerten, in welchen Wohngegenden die Jugendlichen aufwachsen, etwa in Bezug auf Bildungsangebote, gesunde Ernährung und Bewegungsmöglichkeiten. Kinder aus weniger privilegierten Gegenden zeigten eine schlechtere Hirnentwicklung, besonders im Hippocampus, Putamen und der Amygdala. Die Kombination aus Bauchfett und fehlender sozialer Förderung trifft das Gehirn besonders hart. De Moraes sagt dazu:

Die Unterschiede waren am größten bei Jugendlichen, die sowohl übergewichtig waren als auch in sozial benachteiligten Regionen lebten.

Erhöhtes Risiko für spätere Demenz?

Die Wissenschaftler vermuten, dass durch die strukturellen Veränderungen im Jugendalter auch das Risiko für spätere Erkrankungen wie Demenz steigen könnte. Belege dafür gibt es noch nicht – doch die Hinweise seien besorgniserregend. Deshalb appelliert De Moraes an die Politik, stärker in Prävention zu investieren: „Es geht nicht nur um körperliche Gesundheit. Wir müssen auch die Gehirngesundheit von Jugendlichen schützen.“

Kurz zusammengefasst:

  • Jugendliche mit zu viel Bauchfett (abdominale Adipositas) zeigen vergrößerte Hirnregionen, insbesondere in der Amygdala und im Hippocampus – die Bereiche im Gehirn für Emotionen und Gedächtnis.
  • Ein hoher Taillenumfang geht mit auffälligen strukturellen Veränderungen im Gehirn einher, die Forscher als potenziell schädlich einstufen.
  • Sozial benachteiligte Jugendliche mit Bauchfett sind besonders betroffen – sie zeigen zugleich größere Risikofaktoren für eine gestörte Hirnentwicklung.

Übrigens: Auch frühe Antibiotikagaben könnten späteres Übergewicht begünstigen. Kinder, die in den ersten zwei Lebensjahren Antibiotika erhielten, hatten laut einer Studie ein deutlich höheres Risiko für Adipositas – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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