Gefährlicher Eindringling – Was Nanoplastik im Darm anrichtet

Nanoplastik verändert die Darmflora, schwächt die Schutzschicht und stört die Zellkommunikation – das zeigt eine neue Studie.

Gefährlicher Eindringling: Was Nanoplastik im Darm anrichtet

Wenn Nanoplastik in den Körper gelangt, steht im Verdacht, die Darmflora aus dem Gleichgewicht zu bringen. © Wikimedia

Sie sind winzig klein, mit bloßem Auge nicht zu erkennen und doch ständig um uns herum: Partikel aus Kunststoff, die in Luft, Wasser und Lebensmitteln auftauchen. Ohne es zu merken, gelangen sie in unseren Körper und bleiben dort nicht einfach liegen. Eine neue Studie der National Cheng Kung University in Taiwan hat untersucht, wie Nanoplastik im Darm wirkt und zeigt erstmals, wie tief diese winzigen Partikel biologische Abläufe im Verdauungssystem beeinflussen können.

Nanoplastik im Darm – Wenn Plastik die Schutzschicht angreift

Die Forscher fütterten Labormäusen zwölf Wochen lang mit winzigen Polystyrol-Partikeln. Die Ergebnisse waren eindeutig: Zwei wichtige Proteine, die normalerweise dafür sorgen, dass die Darmwand dicht bleibt, wurden deutlich weniger produziert. Das bedeutet: Die Darmbarriere wird durchlässiger – schädliche Stoffe können leichter eindringen.

Gleichzeitig veränderte sich die Zusammensetzung der Darmflora. Bakterien, die als gesund gelten, wie Lactobacillus, gingen zurück. Andere, die potenziell schädlich wirken, wie Ruminococcaceae, nahmen zu. Besonders auffällig: Ein Bakterium namens Lachnospiraceae nahm die Plastikpartikel auf und veränderte dadurch sein Verhalten.

Bakterien verändern ihre Sprache

Die Kommunikation im Darm läuft über sogenannte extrazelluläre Vesikel. Das sind winzige Bläschen, mit denen Zellen und Bakterien Informationen austauschen. Sie transportieren unter anderem sogenannte microRNAs – kleine Moleküle, die beeinflussen, welche Gene ein- oder ausgeschaltet werden.

„Diese Studie ist die erste, die zeigt, dass Plastikpartikel die von extrazellulären Vesikeln zwischen Maus-Darmzellen und spezifischen Darmmikroben transportierte microRNA beeinflussen können“, erklärt Studienleiterin Wei-Hsuan Hsu.

Das stört nicht nur den Austausch zwischen Zellen und Bakterien, sondern kann auch die mikrobielle Zusammensetzung des Darms verändern – zum Nachteil der Gesundheit.

Dünnere Schleimschicht – schwächerer Schutz

Die veränderten Vesikel sorgten dafür, dass weniger Darmschleim produziert wurde. Dabei schützt gerade dieser Schleim die Darmwand vor Angriffen von außen. Ohne ihn können Schadstoffe, Keime oder entzündliche Stoffe leichter durch die Darmwand in den Körper gelangen.

Das bedeutet nicht, dass jeder Mensch nun akut gefährdet ist. Die Forscher weisen darauf hin, dass die Mäuse in der Studie sehr viel mehr Plastik bekamen als wir Menschen im Alltag. Dennoch zeigen die Ergebnisse, was passieren kann, wenn Nanoplastik regelmäßig in den Körper gelangt – über Jahre hinweg.

Nanoplastik erreicht den Darm – Risiken bleiben schwer messbar

Mikro- und Nanoplastik lässt sich kaum vollständig vermeiden. Es steckt in Verpackungen, Kosmetika, Kleidung und Lebensmitteln. Es wird eingeatmet, verschluckt oder über die Haut aufgenommen. Der Gedanke, dass diese winzigen Partikel unseren Darm erreichen und dort unsere Gesundheit beeinflussen können, ist alarmierend.

Yueh-Hsia Luo, Immunologin an der National Central University in Taiwan und nicht an der Studie beteiligt, fordert laut Science Alert weitere Untersuchungen: „Angesichts der aktuellen Einschränkungen bei Technologien zur Erkennung von Nanoplastik und der Unsicherheiten bei der Übertragung von Ergebnissen aus Tiermodellen auf den Menschen ist weitere Forschung entscheidend, um die potenziellen langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen von Nanoplastik beim Menschen genau zu bewerten.“

Warum das Mikrobiom so wichtig ist

Der Darm ist nicht nur für die Verdauung zuständig – er ist ein komplexes System, das eng mit dem Immunsystem zusammenarbeitet. Die Billionen von Bakterien, die dort leben, helfen uns dabei, Nährstoffe aufzunehmen, Krankheitserreger abzuwehren und sogar Stimmung und Hormone zu regulieren. Verändert sich dieses Gleichgewicht, kann das weitreichende Folgen haben – von Reizdarmsyndrom über Entzündungen bis hin zu chronischen Erkrankungen.

Kurz zusammengefasst:

  • Nanoplastik gelangt über Nahrung und Umwelt in den Darm, wo es die schützende Schleimschicht und das Gleichgewicht der Darmflora stören kann.
  • Die Partikel verändern die Kommunikation zwischen Zellen und Bakterien, wodurch nützliche Mikroben abnehmen und potenziell schädliche zunehmen.
  • Die Studie aus Taiwan zeigt erstmals einen konkreten molekularen Mechanismus, der erklärt, wie Nanoplastik die Darmgesundheit langfristig beeinträchtigen könnte.

Übrigens: Eine neue App macht die Darmkrebsvorsorge so einfach wie ein Corona-Selbsttest – ganz ohne Arztbesuch und Wartezimmer. Wie zuverlässig der Heimtest tatsächlich ist – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Oregon State University via Wikimedia unter CC BY-SA 2.0

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