Dry January und Veganuary? Warum Verzicht uns schwerfällt – und dennoch glücklich macht
Unser Gehirn kämpft gegen Verzicht. Trotzdem können wir davon profitieren – körperlich und mental.
Dry January und kein Fleisch im Veganuary: Viele Menschen beginnen das Jahr mit Vorsätzen, die Verzicht erfordern. Dabei klingt es oft nach Verzicht auf Lebensfreude. Warum fällt uns das so schwer? Und was bringt es überhaupt, wenn wir auf etwas verzichten, das uns lieb geworden ist? Experten zeigen, dass hinter dem Verzicht mehr steckt als nur ein „Nein“. Es geht um die Chance, das eigene Leben bewusst zu gestalten – und davon zu profitieren.
Verzicht: Warum unser Gehirn dagegen ankämpft
Der Psychiater und Psychotherapeut Christian Firus hat eine einfache Erklärung, warum uns Verzicht so schwerfällt. Laut ntv sagt er:
Unser Gehirn verbindet Verluste mit sehr starken negativen Gefühlen, während Zugewinne oft weniger emotional wirken.
Christian Firus
Dieses Muster sorgt dafür, dass wir Einschränkungen schnell als Verlust erleben – selbst wenn sie uns eigentlich guttun.
Das zeigt sich zum Beispiel beim Alkohol- oder Fleischverzicht. Dabei gibt es klare Vorteile: besserer Schlaf, ein stärkeres Immunsystem, weniger Stress und eine insgesamt bessere Gesundheit. Trotzdem ist es für viele Menschen ein echter Kampf, Gewohnheiten zu ändern. Denn das Gehirn belohnt kurzfristige Befriedigung stärker als langfristige Vorteile.
Selbstoptimierung allein reicht nicht
Verzicht klingt oft nach einer schnellen Lösung für ein gesünderes Leben. Doch laut Firus greifen viele zu kurz, wenn sie nur auf Selbstoptimierung setzen.
Wer immer versucht, sich selbst zu perfektionieren, wird nicht zufriedener. Oft erzeugt das nur zusätzlichen Druck.
Christian Firus
Besonders junge Menschen leiden unter dem ständigen Vergleich in sozialen Medien. Die Folgen sind Stress und das Gefühl, niemals genug zu sein.
Stattdessen empfiehlt Firus, bewusste Grenzen zu setzen. Das könnte bedeuten, abends keine E-Mails mehr zu lesen oder auf unnötigen Konsum zu verzichten. „Es geht darum, aus dem Kreislauf von ständiger Optimierung und Vergleichen auszubrechen“, erklärt er. Diese kleinen Schritte können bereits für mentale und körperliche Entlastung sorgen.
Warum Verzicht die innere Stärke fördert
Verzicht kann nicht nur den Alltag erleichtern, sondern auch die persönliche Widerstandskraft stärken. Diese sogenannte Resilienz beschreibt die Fähigkeit, mit Herausforderungen und Rückschlägen besser umzugehen. Firus erklärt laut ntv, dass Menschen mit höherer Frustrationstoleranz oft entspannter und zufriedener leben. Wer lernt, nicht alles sofort oder immer zu bekommen, kann Stress besser bewältigen und gelassener auf Probleme reagieren.
Ein Beispiel ist der Umgang mit Überfluss. In einer Welt, die uns mehr Konsum und ständige Erreichbarkeit verspricht, fällt es schwer, auf das „Immer mehr“ zu verzichten. Doch genau dieses „Weniger“ kann langfristig mehr Wohlbefinden schaffen, sagt Firus. Dauerstress und das Streben nach Perfektion seien dagegen echte Gesundheitsrisiken. Chronischer Stress kann bis in die Zellen wirken und Krankheiten wie Burnout, Herz-Kreislauf-Probleme oder Depressionen begünstigen.
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Die Macht positiver Erzählungen
Firus betont, wie wichtig es ist, den Verzicht positiv zu kommunizieren. Statt sich nur auf Einschränkungen zu konzentrieren, können Menschen von den Vorteilen profitieren. Dankbarkeit, Zufriedenheit und Heiterkeit sind emotionale Ressourcen, die unsere Denkweise und unser Handeln deutlich verbessern können. Wer Verzicht übt, kann mehr Kreativität und mentale Stärke entwickeln.
Natürlich reicht ein Monat wie der Dry January oft nicht aus, um das ganze Leben zu verändern. Doch die ersten Schritte – weniger Alkohol, fleischfreie Mahlzeiten oder digitale Pausen – können langfristig helfen, aus Stress und Überforderung auszusteigen. Verzicht ist dabei nicht das Ende von Genuss, sondern ein Weg zu mehr Freiheit und Zufriedenheit.
Was du dir merken solltest:
- Verzicht fällt schwer, weil das Gehirn Verluste emotional stärker bewertet als Zugewinne; dabei kann der bewusste Verzicht auf Gewohnheiten wie Alkohol oder Fleisch Vorteile wie bessere Gesundheit und mehr Zufriedenheit bringen.
- Reine Selbstoptimierung erzeugt oft zusätzlichen Druck, insbesondere durch Vergleiche in sozialen Medien; stattdessen helfen kleine, bewusste Veränderungen wie digitale Pausen, um Stress zu reduzieren und mental zu entlasten.
- Verzicht stärkt die persönliche Resilienz, indem er die Frustrationstoleranz fördert und langfristig zu mehr emotionaler Stabilität, Kreativität und Gesundheit führen kann.
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