Bauchfett durch Darmbakterien – Das Mikrobiom bestimmt die Fettverteilung mit
Das Mikrobiom steuert Hunger, Blutzucker und Fettansammlung – und verändert sich messbar durch Ernährung, Bewegung und weniger Stress.

Darmbakterien beeinflussen den Hormonhaushalt und entscheiden mit darüber, wie viel Fett der Körper einlagert und wann ein Sättigungsgefühl eintritt. © Freepik
Der menschliche Darm leistet weit mehr als nur die Verarbeitung von Nahrung. In seinem Inneren leben Milliarden Mikroorganismen, die gemeinsam das sogenannte Mikrobiom bilden. Dieses Bakterien-Ökosystem wirkt tief in den Stoffwechsel hinein. Dabei geht es nicht nur um Verdauung: Das Mikrobiom beeinflusst auch den Hormonhaushalt, reguliert den Blutzucker und bestimmt, wo sich Körperfett anlagert. Auf einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz rückten die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie die Bedeutung des Mikrobioms für Stoffwechsel und Hormonregulation ins Rampenlicht.
Wie das Mikrobiom Hormonhaushalt, Blutzucker und Körperfett beeinflusst
Die Bakterien wirken unter anderem auf das Hormon GLP-1, das das Hungergefühl reguliert. Auch der Blutzuckerspiegel wird durch das Mikrobiom mitgesteuert. Zudem entscheidet die Bakterienzusammensetzung mit darüber, ob sich Fett eher am Bauch oder an weniger riskanten Stellen anlagert. Besonders kritisch gilt das sogenannte viszerale Fett, das sich tief im Bauchraum sammelt. Es erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und belastet den Stoffwechsel.
Bauchfett und Mikrobiom hängen eng zusammen
Schon kleine Änderungen beim Essen zeigen Wirkung. Laut Experte Prof. Dr. Reiner Jumpertz-von Schwartzenberg kann bereits „eine kalorienreduzierte Diät innerhalb kurzer Zeit messbare Effekte auf die Zusammensetzung der Darmflora haben“. Damit lassen sich bestimmte Bakterien fördern, die positive Wirkungen auf Stoffwechsel und Immunsystem entfalten.
Besonders wirksam sei eine Ernährung mit vielen Ballaststoffen. Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst versorgen die nützlichen Darmbewohner mit wichtigen Nährstoffen. Gleichzeitig sollte der Verzehr von Zucker und Weißmehl begrenzt werden.
Milchsäurebakterien aus fermentierten Lebensmitteln helfen
Auch fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Joghurt oder Kimchi enthalten lebende Milchsäurebakterien, die das Mikrobiom stabilisieren können. Zudem spielt regelmäßige Bewegung eine wichtige Rolle.
Das Ziel ist ein vielfältiges Mikrobiom, das gut balanciert ist und viele Aufgaben übernimmt – von der Nahrungsabsorption bis zum Schutz vor pathogenen Keimen.
Prof. Dr. Reiner Jumpertz-von Schwartzenberg
Dauerstress hingegen bringt die Darmflora aus dem Gleichgewicht. Wer permanent unter Anspannung steht, riskiert langfristig ein Ungleichgewicht im Mikrobiom – mit Folgen für Blutzucker, Appetitkontrolle und Immunfunktion.
Neue Therapien rücken in Reichweite
In der Medizin kommen mittlerweile Medikamente zum Einsatz, die den Hormonhaushalt gezielt beeinflussen. Dazu zählen etwa GLP-1-Analoga wie der Wirkstoff Semaglutid, der bereits erfolgreich als sogenannte Abnehmspritze bei Adipositas und Diabetes hilft. Doch Jumpertz-von Schwartzenberg sieht noch weiteres Potenzial: „Wenn wir lernen, diese Bakterien gezielt zu aktivieren oder zu verändern, eröffnen sich ganz neue therapeutische Möglichkeiten bei Adipositas und Typ-2-Diabetes. Wir stehen hier erst am Anfang, aber das Potenzial ist enorm.“
Empfehlungen für eine gesunde Darmflora
Wer das Mikrobiom stärken möchte, kann im Alltag viel bewirken – auch ohne Medikamente.
- Ballaststoffreiche Ernährung: Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst fördern gute Bakterien.
- Fermentierte Lebensmittel: Sauerkraut, Kefir, Joghurt oder Kimchi enthalten lebende Mikroorganismen.
- Zucker und Weißmehl reduzieren: Diese fördern ungünstige Keime.
- Bewegung integrieren: Regelmäßige Aktivität unterstützt die Bakterienvielfalt.
- Stress vermeiden: Dauerstress schadet dem Mikrobiom langfristig.
Kurz zusammengefasst:
- Das Mikrobiom im Darm steuert nicht nur die Verdauung, sondern beeinflusst auch den Hormonhaushalt, den Blutzuckerspiegel und die Verteilung von Körperfett.
- Schon kleine Änderungen im Lebensstil – wie ballaststoffreiche Ernährung, fermentierte Lebensmittel, mehr Bewegung und weniger Zucker – können die Darmflora positiv beeinflussen.
- Ein gesundes, vielfältiges Mikrobiom kann helfen, das Risiko für Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.
Übrigens: Einige Darmbakterien beeinflussen nicht nur Hormonhaushalt und Stoffwechsel – sie könnten sogar unser Verhalten mitsteuern. Mehr dazu in unserem Artikel.
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