Chronische Rückenschmerzen – Ursache liegt oft im Muskelgewebe

Chronische Rückenschmerzen können mit der Zusammensetzung der Rückenmuskulatur zusammenhängen, wie neue MRT-Daten zeigen.

Rückenschmerzen

Die Zusammensetzung der Rückenmuskulatur beeinflusst das Risiko für chronische Rückenschmerzen deutlich. © DALL-E

Wer dauerhaft Schmerzen im Rücken hat, ist nicht allein. In Europa leiden über 80 Millionen Menschen daran, viele davon täglich. Wenn die Schmerzen länger als drei Monate anhalten, bezeichnet man sie als chronisch. Für Betroffene wird jeder Tag zur Herausforderung – beruflich wie privat. Eine deutsche Studie zeigt nun, wie eng chronische Rückenschmerzen mit der Qualität der Muskulatur zusammenhängen.

Fett im Muskel erhöht das Schmerzrisiko deutlich

Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben dafür MRT-Bilder von über 27.000 Menschen analysiert. Die Teilnehmer waren zwischen 19 und 74 Jahre alt und Teil der bundesweiten NAKO-Gesundheitsstudie.

Entscheidend bei der Untersuchung war: Wie viel Fett steckt in der Rückenmuskulatur und wie viel echte Muskelmasse ist noch da? Das Ergebnis klingt alarmierend: Menschen mit einem höheren Fettanteil in der Rückenmuskulatur litten deutlich häufiger unter chronischen Rückenschmerzen. Umgekehrt hatten Teilnehmer mit kräftiger, fettarmer Muskulatur seltener Beschwerden. Entscheidend ist also nicht nur, ob jemand Muskeln hat – sondern wie gut diese Muskeln aufgebaut sind.

Ein höherer Wert an muskulärem Fettgewebe war mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für chronische Rückenschmerzen verbunden, während eine höhere Muskelmasse mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit assoziiert war.

Dr. Sebastian Ziegelmayer, TUM Klinikum

Rückenmuskulatur verrät mehr als gedacht

Für die Auswertung nutzte das Forschungsteam Ganzkörper-MRTs. Diese bildgebenden Verfahren erlauben es, Körperbereiche millimetergenau zu untersuchen. Künstliche Intelligenz half dabei, die Muskelanteile automatisch zu analysieren. So konnten die Forscher erkennen, ob die Muskeln stark durch Fett durchsetzt waren – oder ob es sich um „reine“ Muskulatur handelte.

Aber es geht nicht nur um Muskeln allein. Entscheidend ist auch, wie viel Bewegung Menschen in ihren Alltag einbauen. Die niedrigste Häufigkeit von Rückenschmerzen wurde bei Teilnehmern festgestellt, die sich etwa 150 Minuten pro Woche moderat bis intensiv bewegten. Das entspricht den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Wichtig dabei: Auch zu viel Sport kann laut Studie kontraproduktiv sein. Wer extrem viel trainiert oder sich komplett überlastet, schadet dem Rücken ebenfalls. Der Schlüssel liegt also im richtigen Maß. Bewegung ja – aber regelmäßig, ausgewogen und ohne Überforderung.

Chronische Rückenschmerzen: Mehr als nur ein Muskelproblem

Die Forscher weisen darauf hin, dass Rückenschmerzen selten nur eine Ursache haben. Oft treten sie gemeinsam mit anderen Erkrankungen auf – etwa mit Arthrose, Osteoporose oder Stoffwechselstörungen. Auch Alter, Geschlecht, Diabetes oder ein zu hoher Cholesterinspiegel beeinflussen die Zusammensetzung der Muskulatur.

„Rückenschmerzen, insbesondere in ihrem chronischen Verlauf, sind ein multifaktorielles Problem und treten häufig gemeinsam mit anderen muskuloskeletalen Erkrankungen auf,“ erklärt Ziegelmayer.

Lebensstil beeinflusst chronische Rückenschmerzen deutlich

Ein zentraler Punkt der Studie ist die Rolle des Lebensstils. Ernährung, psychische Gesundheit und alltägliche Bewegungsgewohnheiten beeinflussen das Risiko für Rückenschmerzen. Deshalb kann es sich lohnen, den eigenen Alltag genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Die Identifikation veränderbarer Faktoren wie körperliche Aktivität, Ernährung und Alltagsgewohnheiten ist nicht nur für das Therapiemanagement essenziell, sondern bietet auch enormes Potenzial für die primäre Prävention“, heißt es in der Studie.

Muskelzusammensetzung bisher unterschätzt

In der ärztlichen Routine wird die Zusammensetzung der Muskulatur bislang kaum beachtet. Doch genau das könnte sich bald ändern. Die Daten der TUM zeigen, dass Muskeln weit mehr über die Gesundheit verraten als bisher angenommen. Sie geben nicht nur Kraft, sondern können ein Frühwarnsystem sein – für Schmerzen, Erkrankungen oder Überlastung.

„Die Zusammensetzung der Muskulatur wird in der Routinediagnostik oft vernachlässigt“, sagt Ziegelmayer. Dabei scheint sie, „insbesondere in Kombination mit weiteren Faktoren wie Lebensstil, psychologischen und biomechanischen Aspekten – ein mögliches Puzzleteil für chronische Rückenschmerzen zu sein.“

Die Hoffnung der Forscher: Wenn man die Muskelzusammensetzung künftig frühzeitig misst und analysiert, lassen sich individuelle Therapien gezielter anpassen. So könnten Schmerzen früher erkannt, Ursachen besser bekämpft und die Lebensqualität vieler Menschen deutlich verbessert werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Menschen mit einem hohen Fettanteil in der Rückenmuskulatur haben ein deutlich höheres Risiko für chronische Rückenschmerzen, während eine kräftige, fettarme Muskulatur schützt.
  • Ein moderates Maß an Bewegung – etwa 150 Minuten pro Woche – senkt das Schmerzrisiko, zu wenig oder zu viel Aktivität kann auch schaden.
  • Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung und psychische Gesundheit beeinflussen die Muskelqualität – und sollten deshalb frühzeitig in Diagnostik und Therapie einbezogen werden.

Übrigens: Nicht nur Bewegung und Muskelqualität beeinflussen chronische Rückenschmerzen – auch der Blick in die Natur kann helfen. Wie einfache Naturvideos messbar Schmerzen lindern – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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