Wenn Papas Psyche wankt – Wie Depressionen beim Vater Kinder langfristig prägen

Eine neue Studie zeigt: Der Einfluss von Depression beim Vater kann die kindliche Entwicklung messbar und langfristig beeinträchtigen.

Wenn der Vater leidet: Einfluss der Depression aufs Kind

Väter mit Depressionen werden in der frühen Familienphase oft übersehen – dabei wirkt sich ihre psychische Gesundheit deutlich auf Sprache und Denken des Kindes aus. © Pexels

Wenn ein Kind zur Welt kommt, ändert alles. Die Mutter steht im Mittelpunkt, sie wird medizinisch eng begleitet, oft auch psychologisch betreut. Doch was ist mit dem Vater? Auch er durchlebt diese Lebenswende – oft still, unsichtbar, aber nicht minder tiefgreifend. Die Sorgen sind oft dieselben: Wird das Geld reichen? Wird man als Paar bestehen? Wächst das Kind in eine sichere Welt hinein? Diese Gedanken können Männer stark belasten – manche rutschen in eine Depression, andere kämpfen mit Angstzuständen oder chronischem Stress. Was bisher häufig übersehen wurde: Diese psychische Last kann Spuren hinterlassen – nicht nur beim Vater selbst, sondern auch beim Kind. Eine aktuelle Studie der Deakin University in Australien zeigt: Der Einfluss von Depression beim Vater kann die Entwicklung des Kindes über Jahre hinweg beeinträchtigen.

Studie wertet Daten von über 50.000 Familien aus

Die Forscher haben eine sogenannte Meta-Analyse erstellt. Dafür haben sie 84 Studien mit Daten von 15 bis über 54.000 Familien pro Untersuchung ausgewertet. Ihr Ziel: herausfinden, ob Depressionen, Ängste oder starker Stress bei Vätern in der Zeit rund um Schwangerschaft und Geburt einen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben. Das Ergebnis ist eindeutig. In der Studie heißt es: „Perinatale psychische Belastungen des Vaters waren mit einer schlechteren globalen, sozial-emotionalen, kognitiven, sprachlichen und körperlichen Entwicklung der Nachkommen verbunden.“

Besonders deutlich war der Effekt, wenn die psychischen Probleme nach der Geburt auftreten – also in einer Zeit, in der Väter oft stark in die Versorgung und Erziehung eingebunden sind. Kinder, deren Väter rund um die Geburt unter Depressionen litten, zeigten später häufiger Probleme – zum Beispiel in der sprachlichen Entwicklung.

Die sozial-emotionale Entwicklung war interessanterweise leicht positiv beeinflusst – möglicherweise, weil Väter mit psychischen Belastungen auch feinfühliger auf Emotionen reagieren. Für motorische Fähigkeiten oder die Fähigkeit zur Anpassung fanden die Forscher dagegen keinen signifikanten Zusammenhang.

Psychische Probleme bei Vätern sind kein Einzelfall

Die Daten zeigen auch, wie viele Männer betroffen sind. Bis zu 8 Prozent leiden im sogenannten perinatalen Zeitraum – also von der Schwangerschaft bis zum ersten Geburtstag des Kindes – an einer behandlungsbedürftigen Depression. 11 Prozent berichten von Angstsymptomen, 6 bis 9 Prozent kämpfen mit erheblichem Stress. Das sind viele – doch psychische Probleme beim Vater bleiben oft unerkannt.

Laut der Studie haben Männer ein erhöhtes Risiko für psychische Belastungen während des Übergangs zur Vaterschaft. Dennoch fehlt es vielerorts an Angeboten zur Unterstützung. Väter werden selten gezielt angesprochen – weder in Kliniken noch in Geburtsvorbereitungskursen.

Einfluss von Depression beim Vater: Zeit nach der Geburt ist entscheidend

Die Forscher fanden heraus, dass der Einfluss einer Depression beim Vater besonders deutlich wird, wenn die psychischen Probleme nach der Geburt auftreten. Dann nämlich ist der Vater nicht mehr nur Begleiter, sondern aktiver Bezugspunkt für das Kind. Wenn er unter Depressionen leidet, kann das seine Fähigkeit zur Bindung und Kommunikation einschränken.

Diese Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, psychische Gesundheit bei Vätern nicht länger zu übersehen. Ein Vater, der sich in einer Depression verliert, kann sich oft weniger um sein Kind kümmern – nicht, weil er nicht will, sondern weil er nicht kann. Und doch wünschen sich viele betroffene Männer genau das: ein guter Vater zu sein.

Die Forscher empfehlen deshalb, Väter frühzeitig in Vorsorge und Nachsorge einzubinden. „Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Unterstützung der psychischen Gesundheit von Vätern während des Übergangs zur Elternschaft“, heißt es in der Studie. Denn wer den Vater stärkt, stärkt auch das Kind.

Was Eltern aus der Studie mitnehmen können

Auch Väter brauchen Aufmerksamkeit, Gespräche, psychologische Angebote. Schon kleine, frühzeitige Hilfen können verhindern, dass sich Belastung verfestigt. Und sie können verhindern, dass Kinder diese Belastung unbewusst mittragen. Wer merkt, dass die Freude über das neue Leben von Angst oder dunklen Gedanken überlagert wird, sollte sich Hilfe holen – ohne Scham. Denn niemand muss allein durch diese Zeit gehen. Weder Mütter noch Väter.

Trotz der aussagekräftigen Daten sehen die Forscher auch Lücken. Die meisten untersuchten Kinder waren im Kleinkind- oder Grundschulalter. Wie sich väterliche Belastung auf Jugendliche auswirkt, ist bisher kaum erforscht. Auch die Wirkung von Stress – im Unterschied zu Depression oder Angst – ist noch unklar.

Kurz zusammengefasst:

  • Der Einfluss von Depression beim Vater wirkt sich messbar auf die kindliche Entwicklung aus – vor allem auf Sprache, Denken und soziales Verhalten.
  • Besonders starke Effekte zeigen sich, wenn die psychische Belastung des Vaters nach der Geburt auftritt und damit die frühe Bindung zum Kind stört.
  • Frühe Hilfe und gezielte Unterstützung der väterlichen Psyche verbessern nicht nur das Wohlbefinden des Vaters, sondern auch die Entwicklungschancen des Kindes.

Übrigens: Wenn Grundschulkinder durch Unruhe oder Trotz auffallen, liegt der Ursprung oft auch beim seelischen Zustand des Vaters nach der Geburt. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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