WHO-Bericht: Jeder zehnte Jugendliche in Europa abhängig von Social Media

Einem Bericht der WHO zufolge zeigen 11 Prozent der Jugendlichen in Europa Anzeichen problematischer Social-Media-Nutzung.

WHO Social Media

Soziale Medien können Jugendliche unterstützen, dazu muss aber auch über problematische Nutzung gesprochen werden. © Vecteezy

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in einem neuen Bericht alarmierende Zahlen veröffentlicht: Demnach weist jeder zehnte Jugendliche in Europa Anzeichen problematischer Nutzung von Social Media auf. Ähnliche Zahlen gibt es auch in Bezug auf Videospiele.

Wie die WHO berichtet, ist der Anteil der betroffenen Jugendlichen von 7 Prozent im Jahr 2018 auf 11 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Mädchen sind besonders gefährdet; von ihnen weisen 13 Prozent eine problematische Nutzung auf. Bei Jungen geben lediglich 9 Prozent Grund zur Sorge. Hinzu kommt, dass 12 Prozent aller Jugendlichen ein problematisches Spielverhalten aufweisen, in diesem Fall Jungen häufiger als Mädchen.

Diese Erkenntnisse stammen aus einer Studie der WHO zum Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter, die 2022 unter 280.000 Jugendlichen im Alter von 11, 13 und 15 Jahren in 44 Ländern durchgeführt wurde.

Wie wird problematisches Verhalten definiert?

Die WHO geht ab dann von einer problematischen Nutzung aus, wenn suchtähnliche Symptome in Erscheinung treten. Dazu gehören unter anderem die Unfähigkeit, die Nutzung zu kontrollieren, Entzugserscheinungen bei Nichtnutzung, die Vernachlässigung anderer Aktivitäten und negative Folgen im Alltagsleben, die auf die übermäßige Nutzung zurückgehen.

Erhebliche gesundheitliche Folgen befürchtet

Laut dem WHO-Bericht könnten die zunehmenden Verhaltensmuster ernsthafte Auswirkungen auf die seelische Gesundheit und das Wohlbefinden von Jugendlichen haben. Die WHO verweist auf frühere Untersuchungen, in denen problematische Social-Media-Nutzer oft über ein geringeres seelisches und soziales Wohlbefinden berichteten und ein höheres Risiko für Substanzmissbrauch aufwiesen. Diese Jugendlichen bekamen weniger Schlaf und gingen später ins Bett, was ihre schulischen Leistungen beeinträchtigen kann.

Das heißt nicht, dass soziale Medien nicht auch einen positiven Einfluss auf die Gesundheit von Jugendlichen haben können, wie Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, betont. So berichteten intensive, aber verantwortungsvolle Nutzer von stärkerer Unterstützung durch Gleichaltrige und sozialen Verbindungen.

Es ist klar, dass soziale Medien sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Jugendlichen haben können.

Dr. Hans Henri P. Kluge

Umso wichtiger sei daher die Vermittlung von Medienkompetenz, um die Risiken für die psychische Gesundheit zu minimieren. Laut Kluge bieten viele Länder aber noch immer keinen ausreichenden Unterricht an und bereits bestehende Programme halten oft nicht mit der schnellen technologischen Entwicklung Schritt.

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Spielverhalten ebenfalls ein Risikofaktor

Übermäßiges Spielen digitaler Spiele kann ebenfalls zum Problem werden oder ein Indikator für andere Beschwerden sein. Ein Drittel der befragten Jugendlichen spielt laut der Studie täglich, wobei 22 Prozent an Spieltagen mindestens vier Stunden spielen. Laut Dr. Claudia Marino von der Universität Padua, einer Autorin des Berichts, zeigen Jungen häufiger problematisches Spielverhalten als Mädchen.

Jungen spielen nicht nur häufiger täglich, sondern entwickeln auch eher problematische Spielgewohnheiten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit gezielter Interventionen, die geschlechtsspezifische Motivationen und Risikofaktoren beim Spielverhalten berücksichtigen.

Dr. Claudia Marino

Eine frühere HBSC-Studie in fünf Ländern hat ergeben, dass problematisches Spielverhalten mit geringerer Lebenszufriedenheit und häufigeren psychischen Beschwerden in Verbindung steht.

Verbesserung der digitalen Kompetenz gefordert

Die WHO fordert, die digitale Kompetenz von Jugendlichen in Schulen stärker zu fördern. Sie sollten lernen, wie sie soziale Medien und digitale Spiele bewusst und verantwortungsvoll nutzen können, ohne ihre psychische Gesundheit zu gefährden. Schulen und Eltern spielen eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung digitaler Kompetenz und der Förderung gesunder Online-Gewohnheiten.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir Maßnahmen zum Schutz der Jugend ergreifen, um ihnen zu ermöglichen, sich sicher durch die digitale Landschaft zu bewegen […] Sie sollten die sozialen Medien beherrschen und sich nicht von den sozialen Medien beherrschen lassen.

Dr. Natasha Azzopardi-Muscat, Direktorin der Abteilung Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme der Länder im WHO-Regionalbüro für Europa

Forderungen an Regierungen und Plattformen

Der Bericht schließt mit einem Appell an Regierungen und Plattformen, aktiv zu werden. Er fordert, dass soziale Netzwerke strengere Altersbeschränkungen einführen und durchsetzen sollten, um jüngere Nutzer besser zu schützen. Gleichzeitig müssten Schulen Programme zur Förderung der digitalen Kompetenz umsetzen und den Jugendlichen beibringen, kritischer mit ihrem eigenen Online-Verhalten umzugehen.

Was du dir merken solltest:

  • Ein WHO-Bericht zeigt, dass die problematische Nutzung sozialer Medien unter Jugendlichen in Europa von 7 Prozent im Jahr 2018 auf 11 Prozent im Jahr 2022 gestiegen ist, wobei Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen.
  • 12 Prozent der Jugendlichen weisen problematisches Spielverhalten auf; Jungen sind dabei stärker gefährdet als Mädchen.
  • Die WHO fordert dringend Maßnahmen zur Förderung digitaler Kompetenz, um die psychische Gesundheit der Jugendlichen zu schützen und die negativen Auswirkungen übermäßiger Social-Media-Nutzung und Spielsucht zu minimieren.

Bild: © Vecteezy

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