Ganz ohne Gentechnik: Neues Pflanzen-Medikament lässt Weizen besser wachsen

Ein molekulares Zuckersignal bringt Weizenpflanzen auf Hochtouren. Die Erträge steigen spürbar – auch bei Trockenheit.

Zuckersignal feuert Weizen-Ernte an und spart Dünger

Ein neues Pflanzen-Medikament bringt Weizen in Topform. © Pexels

Mehr Weizen pro Feld – ohne Gentechnik, ohne aufwendige Züchtung, allein durch ein kleines Signal im Stoffwechsel der Pflanze. Das klingt simpel, könnte aber die Landwirtschaft grundlegend verändern. Forscher aus Großbritannien berichten, dass ein gezielt eingesetztes Zuckersignal den Ertrag von Weizen um bis zu 12  Prozent erhöhen kann. Die Methode basiert auf dem Molekül Trehalose-6-phosphat, kurz T6P, und wurde jetzt in einer Langzeitstudie unter realen Freilandbedingungen getestet.

Das Zuckersignal wirkt wie ein innerer Schalter. Es aktiviert die Stärkeproduktion im Korn – ein Prozess, der direkt über den Ertrag entscheidet. „Eine chemische Anwendung von T6P wirkt wie ein Schalter für die Stärkesynthese im Korn“, so beschreibt es das Forschungsteam in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology. Die University of Oxford war an allen Schritten der Entwicklung beteiligt.

Ein Forscher setzt das Zuckersignal T6P bei einem Weizenversuch in Rothamsted ein. Es kurbelt das Wachstum an und senkt den Düngebedarf. © Rothamsted Research 
Ein Forscher setzt das Zuckersignal T6P bei einem Weizenversuch in Rothamsted ein. Es kurbelt das Wachstum an und senkt den Düngebedarf. © Rothamsted Research 

Zuckersignal aktiviert Wachstum trotz Regenmangel

Die Technologie wurde vier Jahre lang in Mexiko und Argentinien erprobt – mit Erfolg. Unabhängig von Niederschlägen steigerte das Zuckersignal jedes Jahr den Ertrag. In der sogenannten Fahnenblatt-Zone, dem obersten Blatt direkt unter der Ähre, beschleunigte sich zusätzlich die Photosynthese. Grund dafür war der erhöhte Bedarf an Kohlenstoff für die Entwicklung der Körner. Das Zuckersignal brachte den gesamten Stoffwechsel in Schwung.

Damit reagiert die Pflanze nicht nur schneller, sondern auch effizienter – ein Vorteil in Zeiten von Klimawandel und wetterbedingten Ernteausfällen. Die University of Oxford arbeitete bei der Analyse eng mit dem Rothamsted Research Institute und dem Rosalind Franklin Institute zusammen.

Proteingehalt bleibt stabil, Düngerbedarf sinkt

Neben der Steigerung des Ertrags bietet T6P noch einen weiteren Vorteil: Es aktiviert zusätzlich Gene für die Bildung von Aminosäuren und Proteinen im Korn. Das ist besonders für die Backqualität von Bedeutung. Denn bei ertragsstarken Sorten sinkt oft der Proteingehalt – was zusätzliche Düngergaben nötig macht. Mit dem Zuckersignal könnte dieses Problem gelöst werden.

„Der Weg von der Entdeckung zur Umsetzung hat 25 Jahre gedauert“, sagt Dr. Matthew Paul von Rothamsted Research, der das Projekt leitete.

Es war harte Arbeit, aber sie hat sich gelohnt.

Dr. Matthew Paul
Mit T6P behandelter Weizen und Sorghum zeigen deutliche Ertragssteigerungen. © Rothamsted Research 
Mit T6P behandelter Weizen und Sorghum zeigen deutliche Ertragssteigerungen. © Rothamsted Research 

Oxford-Forscher gründen Start-up für Anwendung auf dem Feld

Um die Technologie in die landwirtschaftliche Praxis zu bringen, gründeten die Beteiligten das Start-up SugaROx. Es soll dafür sorgen, dass Landwirte weltweit Zugang zur neuen Methode erhalten – etwa in Form von Sprühmitteln oder Saatgutbeschichtungen. Die University of Oxford unterstützt dieses Vorhaben aktiv.

Professor Ben Davis vom Rosalind Franklin Institute beschreibt das Zuckersignal so:

Es ist eine neue Klasse von Medikamenten – für Pflanzen.

Professor Ben Davis

Statt auf genetische Veränderungen zu setzen, greifen die Forscher gezielt in molekulare Abläufe ein. Das sei nicht nur präziser, sondern auch vielseitiger einsetzbar.

Kurz zusammengefasst:

  • Das Zuckersignal Trehalose-6-phosphat (T6P) kann den Ertrag von Weizen unter Freilandbedingungen um bis zu 12  Prozent steigern.
  • T6P aktiviert gezielt die Stärke- und Proteinbildung im Korn und wirkt unabhängig vom Wetter.
  • Die Methode funktioniert ohne Gentechnik und wird von einem Oxford-geführten Start-up für die landwirtschaftliche Praxis nutzbar gemacht.

Übrigens: Ernteausfälle und Nährstoffverluste setzen dem Weizen spürbar zu – das hat direkte Folgen für unser Brot. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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