Zweifel ausgeräumt: Unsere Vorfahren ernährten sich vor drei Millionen Jahren vegetarisch

Fossiler Zahnschmelz enthüllt ein Geheimnis: Australopithecus lebte vor 3,5 Millionen Jahren fast ausschließlich vegetarisch.

Zahnschmelzproben von sieben Vormenschen aus der Sterkfontein-Höhle zeigen: Unsere Vorfahren lebten vor drei Millionen Jahren fast wie Vegetarier.

Zahnschmelzproben von sieben Vormenschen aus der Sterkfontein-Höhle zeigen: Unsere Vorfahren lebten vor drei Millionen Jahren fast wie Vegetarier. © Wikimedia

Australopithecus, einer unserer Vorfahren, lebte vor etwa 3,5 Millionen Jahren im südlichen Afrika – und war Vegetarier. Zu diesem Ergebnis kam ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz, das zusammen mit der Witwatersrand-Universität in Südafrika Zahnschmelz von sieben Fossilien analysierte. Dabei wendeten die Wissenschaftler eine spezielle Methode an, die selbst in Millionen Jahre alten Überresten den „Fingerabdruck“ der Nahrung sichtbar macht.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Fleisch spielte in der Ernährung des Australopithecus keine Rolle, zumindest nicht regelmäßig. Die Stickstoffisotopenwerte im Zahnschmelz waren vergleichbar mit denen von Pflanzenfressern wie Antilopen und Affen, während sie deutlich niedriger ausfielen als die Werte typischer Fleischfresser. Damit rückt die Vorstellung vom Australopithecus als gelegentlichem Jäger großer Beutetiere in weite Ferne.

Unsere Vorfahren waren Vegetarier – Zahnschmelz gibt faszinierende Einblicke in die Vergangenheit

„Zahnschmelz ist die härteste Substanz im Körper. Er konserviert oft einen isotopischen Fingerabdruck der Nahrung eines Tieres, und dieser kann Millionen von Jahren überdauern“, erklärt die Geochemikerin Tina Lüdecke, die am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz arbeitet. Mit ihrem Team hat sie ein Verfahren entwickelt, das auch in fossilen Zähnen das Stickstoffisotopenverhältnis analysieren kann. Diese neue Technik ist weltweit einzigartig und ermöglicht Rückschlüsse auf die Ernährungsweise unserer frühen Vorfahren.

Für die Untersuchungen entnahmen die Forscher Proben aus der Sterkfontein-Höhle nahe Johannesburg, einer der berühmtesten Fossilienfundstätten der Welt. Dort fanden sie Überreste von Homininen, zu denen sowohl unsere direkten Vorfahren als auch nahe Verwandte gehören. Die Zahnschmelzproben wurden anschließend mit Zähnen anderer Tiere verglichen, die zur gleichen Zeit in der Region lebten – darunter Hyänen, Schakale und sogar Säbelzahnkatzen.

Australopithecus: Ein überwiegend pflanzlicher Speiseplan

Die Analyse zeigt, dass die Ernährung der Vormenschen vielseitig, aber klar pflanzenbasiert war. „Unsere neue Methodik hat das Potenzial, weitere zentrale Fragen der menschlichen Evolution zu beantworten“, sagt Alfredo Martínez-García, einer der beteiligten Wissenschaftler. Der Verzehr von Fleisch war bestenfalls eine Ausnahme. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Australopithecus regelmäßig jagte oder größere Beutetiere konsumierte – eine Praxis, die erst später bei Menschenarten wie dem Neandertaler nachweisbar wird.

Tina Lüdecke neben „Little Foot“, dem vollständigsten vormenschlichen Skelett, das in der Sterkfontein-Höhle entdeckt wurde. Für ihre Forschung analysiert Lüdeckes Team jedoch meist fossile Zahnfragmente. © Bernhard Zipfel, Kurator an der Witwatersrand-Universität

Die Forscher schließen nicht aus, dass gelegentlich tierische Eiweißquellen wie Eier oder Termiten auf dem Speiseplan standen. Doch die Werte im Zahnschmelz sprechen dafür, dass Australopithecus überwiegend vegetarisch lebte. Das könnte auch erklären, warum diese Vormenschen im Vergleich zu späteren Homininen ein kleineres Gehirnvolumen hatten: Der hohe Energiegehalt von Fleisch und Fett fehlte in ihrer Ernährung.

Forschungen in der Wiege der Menschheit

Diese Erkenntnisse werfen weitere spannende Fragen auf. Wann genau begannen unsere Vorfahren, regelmäßig Fleisch zu essen? Und welchen Einfluss hatte das auf ihre Entwicklung? Um diese Rätsel zu lösen, plant das Team um Tina Lüdecke weitere Analysen. Sie wollen Proben von jüngeren und älteren Vormenschen untersuchen – nicht nur in Südafrika, sondern auch in Ostafrika und Südostasien.

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Neue Analysen sollen den Fleischkonsum unserer Vorfahren klären

Ob und wann unsere Vorfahren regelmäßig Fleisch aßen, ist unter Fachleuten umstritten. Einige Forscher vermuten, dass der Australopithecus bereits vor 3,5 Millionen Jahren Fleisch auf seinem Speiseplan hatte. Andere nehmen an, dass erst die Vorfahren der Gattung Homo vor etwa zwei Millionen Jahren Fleisch konsumierten. „Davon gehen wir aus“, erklärt die Anthropologin Jennifer Leichliter vom Max-Planck-Institut für Chemie laut Tagesschau. Mit der neuen Analysemethode könnte dieser entscheidende Punkt in der Evolution erstmals eindeutig nachgewiesen werden.

Was du dir merken solltest:

  • Australopithecus, einer unserer frühen Vorfahren, lebte vor etwa 3,5 Millionen Jahren im südlichen Afrika und ernährte sich fast wie ein Vegetarier, wie Stickstoffisotope im Zahnschmelz zeigen.
  • Die analysierten Werte waren ähnlich denen von Pflanzenfressern und deutlich niedriger als bei Fleischfressern, was regelmäßigen Fleischkonsum ausschließt.
  • Eine innovative Methode des Max-Planck-Instituts ermöglicht erstmals solche Analysen in Millionen Jahre alten Fossilien und liefert wichtige Erkenntnisse zur menschlichen Evolution.

Bild: © Mike Peel (www.mikepeel.net) via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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