Paradoxe Erwärmung: Saubere Luft löst Temperaturschock auf der Erde aus

Eine Regelung für klimafreundlichere Schiffskraftstoffe sorgte schnell für saubere Luft. Die Maßnahme hatte unerwartete Nebeneffekte, darunter eine Erwärmung der Atmosphäre.

Saubere Luft Erwärmung

Die Abgase der Tanker sind seit der IMO 2020-Verordnung sauberer geworden. Ein paradoxer Nebeneffekt scheint die Luft aber zu erwärmen. © Wikimedia

Menschliche Aktivitäten verändern die Atmosphäre der Erde und beeinflussen dadurch das Klima. Während Treibhausgase es erwärmen, kühlen Aerosole die Erde normalerweise etwas ab. Doch 2020 führten neue Kraftstoffvorschriften zu einem starken Rückgang der Schwefeldioxid-Emissionen in der Schifffahrt. Das sorgte zwar erstaunlich schnell für saubere Luft, störte aber den globalen Wärmeausgleich und führte zu einer ungewöhnlich starken Erwärmung der Atmosphäre.

Eine aktuelle Studie der University of Maryland in Baltimore hat herausgefunden, dass die internationalen Bemühungen, die Qualität der Luft zu verbessern, paradoxerweise zur globalen Erwärmung beitragen könnten. Seit der Einführung der IMO 2020-Regelung, die den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen von 3,5 auf 0,5 Prozent drastisch senkt, sind die Schwefeldioxid-Emissionen im Schiffsverkehr um 80 Prozent gesunken.

Erwärmung der Luft über den Schifffahrtsrouten

Laut der Modellierungsstudie könnte der Rückgang der Emissionen seit 2020 für etwa 80 Prozent des Anstiegs der auf der Erde gespeicherten Wärme verantwortlich sein. Die Studienergebnisse, veröffentlicht im renommierten Fachjournal „Communications Earth & Environment„, zeigen, dass der Rückgang der Schwefeldioxid-Emissionen zu einer spürbaren Erwärmung der Luft über den am stärksten befahrenen Schifffahrtsrouten im Nordatlantik, Karibischen Meer und Südchinesischen Meer geführt hat.

Was war passiert?

Durch eine Regelung zur Reduzierung des Schwefelgehalts in Schiffskraftstoffen kam es zu einem markanten Rückgang von Aerosolen. Dies führte zu einer signifikanten Abnahme der Wolkentröpfchendichte. Die Reflexion der Sonnenstrahlen durch Meereswolken verringerte sich. In der Folge blieb mehr Energie gespeichert und wenig reflektiert. Die Atmosphäre erwärmte sich stärker. Unabhängige Experten mahnen jedoch zur vorsichtigen Interpretation dieser Ergebnisse, da Treibhausgase weiterhin als Hauptverursacher der globalen Erwärmung gelten.

Vorsicht bei der Interpretation der Daten

Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mahnt zur Vorsicht bei der Interpretation dieser Ergebnisse. „Der Wert könnte in der Modellierung überschätzt sein“, sagte Levermann der Nachrichtenagentur dpa. Es sei weiterhin notwendig, Klimaschutz und Umweltschutz gleichzeitig zu verfolgen, ohne dabei das eine dem anderen zu opfern.

Durch das Ausbringen von Aerosolen könnten Wolken aufgehellt und die Erderwärmung vorübergehend reduziert werden. Doch Levermann warnt: „Ohne die menschengemachten Ursachen, allen voran die Treibhausgasemissionen, anzugehen, ist das ein Pulverfass.“

IMO 2020 verursacht signifikanten Temperaturschock auf der Erde

Forscher der University of Maryland in Baltimore analysierten den Energiehaushalt der Erde ab dem Jahr 2020. Sie betrachteten dabei die Unterschiede zwischen der Energie, die die Erde von der Sonne empfängt, und der Energie, die sie ins All abstrahlt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die IMO 2020-Regelung einen deutlichen, temporären Schock für die Wärmeaufnahme der Erde darstellte. Dieser Effekt trägt zu der starken Erwärmung bei, die wir 2023 beobachten konnten, und wird voraussichtlich das gesamte Jahrzehnt überdurchschnittlich warme Temperaturen mit sich bringen.

Was du dir merken solltest:

  • Die IMO 2020-Verordnung reduzierte den Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen erheblich, was zu einem starken Rückgang der Schwefeldioxid-Emissionen führte.
  • Diese Reduzierung der Emissionen verminderte die Anzahl der kühlenden Aerosole in der Atmosphäre, was paradoxerweise zu einer Zunahme der globalen Temperaturen beitrug, da weniger Sonnenlicht ins All reflektiert wurde.
  • Obwohl die Reduktion der Emissionen kurzfristig zu einer Erwärmung führte, bleibt der langfristige Kampf gegen Treibhausgase und für mehr saubere Luft entscheidend für die Bekämpfung des Klimawandels und für die Förderung des Umweltschutzes.

Übrigens: Ähnliche unerwartete Nebenwirkungen hatte auch das Abkühlen der Erde durch Geoengineering. Es führte regional ebenfalls zu einer Klimaerwärmung. Wie die Forscher nun auf dieses Problem reagieren, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Sillerkiil via Wikimedia unter CC4-Lizenz

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