Hoher Preis für die künstliche Abkühlung des Klimas: Lebensmittel verlieren ihre Nährstoffe

Umstrittenes Geoengineering: Klimakühlung durch künstliche Schwefelwolken könnte Nährstoffe in wichtigen Lebensmitteln verringern.

Hoher Preis der Klimakühlung: Lebensmittel verlieren Nährstoffe

Die Idee klingt nach Klimaschutz – doch sie hat Folgen auf dem Teller: Schwefelwolken kühlen die Erde, mindern aber wichtige Nährstoffe in unserer Nahrung. © Unsplash

Die Idee klingt auf den ersten Blick bestechend einfach: Wenn die Erde zu heiß wird, könnte man sie künstlich abkühlen – etwa, indem man Schwefelpartikel in die Atmosphäre bringt, die Sonnenlicht zurück ins All reflektieren. Doch eine neue Studie aus den USA zeigt, dass solche Eingriffe nicht ohne Folgen bleiben würden. Sie könnten die Zusammensetzung unserer Nahrung verändern – mit spürbaren Folgen für die weltweite Ernährung.

Forscher der Rutgers University haben untersucht, was passiert, wenn der Planet durch sogenannte stratosphärische Aerosol-Injektionen (SAI) abgekühlt würde. Dieses Verfahren gilt als eine mögliche Methode des sogenannten Geoengineering. Die Forscher wollten wissen, wie sich eine künstliche Abkühlung auf den Eiweißgehalt wichtiger Grundnahrungsmittel auswirkt – also auf Mais, Reis, Weizen und Soja. Ihr Ergebnis: Während die Temperaturen sinken, könnten die Nährstoffe im Essen abnehmen.

Wenn künstliche Abkühlung auf Kosten der Nährstoffe geht

In den Modellen bleibt der CO₂-Gehalt in der Atmosphäre auch bei einer künstlichen Abkühlung gleich hoch. Das liegt daran, dass das SAI-Verfahren nur die Temperatur senkt, aber kein CO₂ aus der Luft entfernt. Das Treibhausgas bleibt also in der Atmosphäre und wirkt weiter auf das Pflanzenwachstum.

Für Pflanzen bedeutet das: Durch den hohen CO₂-Gehalt steht ihnen mehr Kohlenstoff zur Verfügung, sie wachsen schneller und bilden größere Blätter oder Körner. Gleichzeitig nehmen sie jedoch weniger Stickstoff aus dem Boden auf – und genau dieser ist entscheidend für die Bildung von Eiweiß. So sehen die Pflanzen zwar kräftig aus, enthalten aber weniger Nährstoffe.

Kühlere Böden mindern den Proteingehalt wichtiger Nahrungspflanzen

Unter wärmeren Bedingungen kann dieser Effekt teilweise ausgeglichen werden, weil Wärme die Aufnahme von Stickstoff fördert. Steigt die Temperatur, beschleunigen sich die Stoffwechselprozesse, und die Pflanzen können mehr Eiweiß bilden. Wird die Erde jedoch künstlich abgekühlt, verlangsamt sich dieser Prozess. Die Pflanzen speichern weniger Stickstoff, ihr Eiweißgehalt sinkt – und damit auch ihr Nährwert.

Die Analyse zeigt deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Pflanzenarten:

  • Der durchschnittliche Proteingehalt von Mais könnte weltweit um bis zu sieben Prozent sinken.
  • Bei Reis wäre ein Rückgang von etwa fünf Prozent zu erwarten.
  • Weizen und Soja zeigen dagegen nur geringe Veränderungen.

Besonders gefährdet: Länder mit Proteinmangel

Gerade Mais und Reis sind in vielen Regionen der Welt die wichtigste Eiweißquelle. Ein Rückgang ihrer Nährstoffe könnte daher Millionen Menschen treffen – vor allem in Ländern, in denen Fleisch oder Hülsenfrüchte selten auf dem Speiseplan stehen.

Die Forscher simulierten, wie sich die künstliche Abkühlung auf verschiedene Weltregionen auswirken würde. Das Ergebnis: Länder, die schon heute mit Mangelernährung kämpfen, hätten am meisten zu verlieren.

In Teilen Afrikas, etwa in Ghana, Malawi oder Mosambik, könnte der Eiweißgehalt von Mais um bis zu 25 Prozent sinken. Ähnliche Rückgänge zeigen sich in Südamerika, etwa in Paraguay oder Brasilien. In Asien betrifft das vor allem Länder, in denen Reis die Ernährung dominiert: In Thailand etwa um zwölf Prozent, in Indonesien um neun.

Für viele Menschen dort ist Getreide die wichtigste Eiweißquelle. Schon kleine Verluste können deshalb gesundheitliche Folgen haben – vor allem für Kinder, die in Wachstumsphasen auf eine ausreichende Eiweißzufuhr angewiesen sind.

„Ein neuartiges Klima mit unbekannten Folgen“

„SAI würde die Auswirkungen des Klimawandels nicht perfekt ausgleichen; es würde ein neuartiges Klima entstehen, in dem der Zusammenhang zwischen CO₂ und Oberflächentemperaturen entkoppelt ist“, erklärt Studienleiter Brendan Clark. Das bedeute, dass die Erde zwar kühler würde, aber die Pflanzen unter ganz anderen Bedingungen wachsen müssten – Bedingungen, die bislang niemand wirklich versteht.

Auch Klimaforscher Alan Robock, Mitautor der Studie, warnt vor den möglichen Folgen: „Sind wir bereit, mit all diesen Auswirkungen zu leben, nur um weniger globale Erwärmung zu haben?“ Diese Frage müsse die Menschheit beantworten, bevor sie über derartige Eingriffe ernsthaft nachdenkt.

Komplexe Kettenreaktionen im Ernährungssystem

Den Wissenschaftlern zufolge liefert ihre Arbeit keine endgültigen Antworten, sondern erste Hinweise auf mögliche Risiken. Die Berechnungen basieren auf drei verschiedenen Pflanzenmodellen und einem globalen Klimaszenario, das die Temperaturen auf etwa 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau stabil halten würde.

Die Folgen wären global spürbar, auch wenn sie nicht überall gleich stark ausfallen. In reichen Ländern ließe sich ein Verlust an Eiweiß meist über Ernährung oder Importe ausgleichen. In armen Regionen dagegen könnte er Hunger und Unterernährung verschärfen.

Kurz zusammengefasst:

  • Künstliche Abkühlung der Erde durch Schwefelwolken (Geoengineering) könnte zu Lasten der Nährstoffe von Grundnahrungsmitteln wie Mais und Reis gehen und deren Proteingehalt deutlich verringern.
  • Besonders Länder mit ohnehin geringem Eiweißkonsum wären betroffen – in Teilen Afrikas und Asiens drohen Verluste von bis zu 25 Prozent.
  • Ursache ist das Zusammenspiel von höherem CO₂-Gehalt und sinkenden Temperaturen, das die Stickstoffaufnahme der Pflanzen hemmt und so ihren Nährwert mindert.

Übrigens: Manche Experten wollen die Sonne dimmen, um die Erde zu kühlen – doch dieser Plan könnte das Klima völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Wie riskant die Idee wirklich ist, zeigt eine neue Studie aus den USA – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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