Niedriger IQ kann krank machen: Was eine Analyse mit 3 Millionen Menschen zeigt

Ein niedriger IQ in der Kindheit erhöht das Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen im Erwachsenenalter deutlich.

Niedriger IQ erhöht das Risiko für zahlreiche Erkrankungen

Schon ein leicht unterdurchschnittlicher IQ in der Jugend kann das Krankheitsrisiko für Depression, Demenz oder Diabetes im Alter deutlich erhöhen. © Pexels

Ein Unterschied von nur 15 IQ-Punkten kann darüber entscheiden, ob ein Mensch Jahrzehnte später gesund bleibt – oder mit Depressionen, Diabetes oder Demenz leben muss. Eine internationale Meta-Analyse mit fast drei Millionen Teilnehmern zeigt: Ein niedriger IQ in der Kindheit oder Jugend ist deutlich mit einem höheren Risiko für körperliche und psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter verbunden. Das fanden Wissenschaftler der Universität Wien heraus.

Veröffentlicht wurde die Untersuchung in der Fachzeitschrift Communications Psychology. Sie gilt als bisher größte und methodisch robusteste Übersicht zu diesem Thema. Ausgewertet wurden 49 Studien aus acht Ländern, darunter Großbritannien, die USA, Dänemark und Israel. Die Erkenntnisse sind hochrelevant – gerade in einer alternden Gesellschaft, in der psychische Erkrankungen zunehmen und Prävention eine zentrale Rolle spielt.

Niedriger IQ – Risiko für spätere Erkrankungen steigt um 22 Prozent

Der zentrale Befund: Ein Nachteil von nur 15 IQ-Punkten im frühen Leben reicht aus, um das Risiko für spätere Erkrankungen um 22 Prozent zu erhöhen. Dieser Effekt zeigte sich über verschiedene Diagnosen hinweg – von Schizophrenie über Depressionen bis hin zu Diabetes. „Ein niedriger IQ sagte das Krankheitsrisiko über verschiedene Erkrankungen hinweg voraus“, schreiben die Autoren der Universität Wien.

Am stärksten war der Zusammenhang bei psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie. Hier zeigte sich besonders deutlich, dass Menschen mit niedrigerem IQ häufiger betroffen waren. Auch bei körperlichen Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Problemen war der Zusammenhang erkennbar – wenn auch etwas schwächer. Nur bei Krebs fanden die Forscher keinen klaren Zusammenhang mit dem Intelligenzniveau.

Früh gemessener IQ bleibt langfristig prägend

Auffällig ist: Die IQ-Werte wurden im Schnitt bereits im Alter von 14 Jahren erfasst. Die gesundheitlichen Daten folgten oft erst 30 bis 40 Jahre später. Trotzdem blieb der Einfluss der kognitiven Fähigkeiten über die Jahrzehnte bestehen. Der IQ wirkte langfristig – unabhängig davon, welche Erkrankung später diagnostiziert wurde.

Insgesamt wurden Daten von 2,9 Millionen Menschen berücksichtigt. Der Großteil der Probanden war männlich. Die Forscher werteten nur Studien aus, in denen standardisierte IQ-Tests vor dem 21. Lebensjahr sowie klinisch dokumentierte Gesundheitsdaten im Erwachsenenalter vorlagen.

Bildung und Gesundheitsversorgung mildern das Risiko

Besonders interessant für Politik und Gesellschaft: Die negativen Effekte eines niedrigen IQ waren in Ländern mit guter medizinischer Versorgung und hohem Bildungsniveau schwächer – aber nicht verschwunden. Der Zusammenhang wurde schwächer, wenn die Qualität des Gesundheitssystems besser war und wenn Bildung statistisch konstant gehalten wurde. Dennoch blieb ein bedeutsamer Effekt bestehen, heißt es in der Studie.

Das bedeutet: Eine starke Bildungs- und Gesundheitspolitik kann das Risiko abfedern, aber nicht vollständig neutralisieren. Kognitive Unterschiede in jungen Jahren hinterlassen Spuren – selbst unter optimalen gesellschaftlichen Bedingungen.

Kleine Effekte, große Auswirkungen

Auf den ersten Blick wirken die Unterschiede vielleicht nicht besonders groß. Doch wenn man sie auf die ganze Bevölkerung überträgt, zeigt sich: Schon kleine Abweichungen im IQ können langfristig erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Besonders deutlich wird das, wenn keine weiteren Einflussfaktoren wie Bildung oder soziales Umfeld berücksichtigt werden – dann fällt das Risiko sogar noch höher aus.

Das Forschungsteam weist darauf hin, dass solche kleinen Effekte sich über Jahre hinweg aufschaukeln können. Gerade in einem Gesundheitssystem, das zunehmend auf Prävention setzt, sind solche Zusammenhänge entscheidend. Denn sie zeigen, wo frühe Interventionen besonders sinnvoll sind.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein niedriger IQ im Kindes- oder Jugendalter ist mit einem höheren Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen im späteren Leben verbunden.
  • Besonders häufig treten Erkrankungen wie Schizophrenie, Depression, Demenz und Diabetes auf – unabhängig von Bildung oder Gesundheitssystem.
  • Frühzeitige Förderung kognitiver Fähigkeiten kann helfen, langfristige Gesundheitsrisiken zu senken.

Übrigens: Unser IQ ist nicht in Stein gemeißelt – entscheidend sind die ersten Lebensjahre. Ob sich Denkvermögen und Intelligenz entfalten können, hängt stark vom Umfeld ab. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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