Fettleibigkeit verändert unsere Gene: Forscher entschlüsseln gefährliche Prozesse im Fettgewebe
Fettleibigkeit verändert hunderte Gene im Fettgewebe. Besonders Organfett reagiert mit Entzündungen und Stoffwechselstörungen.
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Übergewicht beeinflusst die Gene im Fettgewebe und könnte damit gesundheitliche Risiken verstärken. © Pexels
Fettleibigkeit greift tiefer in den Körper ein, als man lange dachte. Sie hinterlässt nicht nur sichtbare Spuren, sondern beeinflusst sogar unsere Gene. Forscher der University of Delaware haben in ihrer Studie herausgefunden, dass Übergewicht die Genaktivierung im Fettgewebe verändert. Dieser Prozess, die sogenannte Genexpression, könnte erklären, warum Adipositas so oft mit schweren Krankheiten einhergeht – und neue Behandlungswege aufzeigen.
Was passiert auf Genebene?
Gene enthalten verschlüsselte Baupläne für Proteine oder RNA-Moleküle. Damit diese Pläne in den Zellen genutzt werden können, müssen die Gene „abgelesen“ werden. Diesen Prozess nennt man Genexpression. Dabei entscheidet die Zelle, welche Gene sie aktiviert und welche nicht. Das beeinflusst, welche Stoffwechselprozesse ablaufen, wie Entzündungen gesteuert werden und welche Energiequellen bevorzugt genutzt werden.
Wie die Forscher vorgegangen sind
Ein Team um Ibra Fancher, Assistenzprofessor für Kinesiologie und angewandte Physiologie, wollte herausfinden, wie sich unterschiedliche Ernährung auf die Genexpression im Fettgewebe auswirkt. Sie führten ein Experiment mit zwei Gruppen von Versuchstieren durch: Eine erhielt über ein Jahr hinweg stark fettreiche Nahrung, vergleichbar mit Fast Food. Die andere bekam eine normale Ernährung. Danach untersuchten die Forscher, welche Gene sich unterschiedlich verhielten.
Organfett zeigt dramatische Genveränderungen
Nicht jedes Fett im Körper ist gleich. Der Mensch speichert Fett auf zwei Arten: subkutan, also direkt unter der Haut, und viszeral, rund um die Organe. Das viszerale Fett gilt als besonders problematisch, weil es mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes verbunden ist.
Die Forscher stellten fest, dass die beiden Fettarten sich auf genetischer Ebene stark unterscheiden. Im subkutanen Fettgewebe waren etwa 300 Gene in ihrer Aktivierung verändert. Im viszeralen Fett jedoch fanden sie fast 700 betroffene Gene. „Die Unterschiede sind gravierend. Besonders das Organfett zeigt starke Entzündungsreaktionen bei Fettleibigkeit“, erklärte Fancher.
Fettleibigkeit und Gene: Vier Schlüsselgene als Chance für neue Therapien
Besonders spannend: Unter Tausenden von Genen identifizierten die Wissenschaftler vier, die eine zentrale Rolle für Stoffwechsel, Kalziumregulation und Entzündungen spielen. Diese Gene könnten eine Schlüsselfunktion in der Entstehung von Fettleibigkeit haben – und damit auch gezielt beeinflusst werden.
„Wir prüfen bereits, ob diese Gene ein vielversprechendes Ziel für neue Behandlungen sein könnten“, so Fancher. Es wäre denkbar, dass bereits existierende Medikamente sie beeinflussen – oder dass neue Wirkstoffe speziell für diesen Mechanismus entwickelt werden.
Warum das für jeden relevant ist
Die neuen Erkenntnisse helfen zu verstehen, warum Fettleibigkeit oft schwerwiegende gesundheitliche Folgen hat. Besonders das Organfett scheint stark von Entzündungsreaktionen betroffen zu sein. Dies könnte erklären, warum übergewichtige Menschen ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Diabetes haben.
Wie geht es weiter?
Das Forscherteam will nun untersuchen, ob sich diese Mechanismen auch beim Menschen nachweisen lassen. Gemeinsam mit Dr. Caitlin Halbert von ChristianaCare analysieren sie menschliches Fettgewebe. Besonders interessiert sie, ob sich genetische Unterschiede zwischen Männern und Frauen zeigen. „Fettleibigkeit wirkt sich je nach Geschlecht unterschiedlich aus. Ich wäre nicht überrascht, wenn wir auch hier Unterschiede in der Genexpression finden“, sagt Fancher.
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Die University of Delaware liefert mit dieser Forschung wertvolle Hinweise auf die biologischen Mechanismen der Adipositas. Die Erkenntnisse könnten langfristig zu neuen, gezielten Therapien führen, die nicht nur das Gewicht senken, sondern auch gesundheitliche Risiken vermindern.
Kurz zusammengefasst:
- Fettleibigkeit beeinflusst die Gene im Fettgewebe, besonders im viszeralen Fett, das Entzündungen und Stoffwechselstörungen begünstigt.
- Forscher der University of Delaware fanden heraus, dass fast 700 Gene im Organfett betroffen sind, während im Unterhautfett nur etwa 300 Gene verändert waren.
- Vier zentrale Gene spielen eine Schlüsselrolle bei Entzündungen und Stoffwechselprozessen – sie könnten neue Ansätze für die Behandlung von Adipositas bieten.
Übrigens: Nicht nur das Fettgewebe, sondern auch unser Gehirn spielt eine entscheidende Rolle bei Fettleibigkeit. Forscher haben spezielle Neuronen entdeckt, die unser Sättigungsgefühl steuern und damit beeinflussen, wann wir aufhören zu essen – mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
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