Wie „halluzinierende“ KI unsere Wettervorhersagen besser machen will
Google Deepmind entwickelt „halluzinierende“ KI-Modelle, die Wetterextreme präziser vorhersagen können.

Die KI-Modelle von Google Deepmind könnten Hurrikans wie Milton bis zu drei Tage früher erkennen. © Wikimedia
Wettervorhersagen, die Wetterphänomene im Voraus erkennen – dank „halluzinierender“ Künstlicher Intelligenz (KI) – genau das kann Google Deepmind. Das Ziel ist es, KI-Modelle zu entwickeln, die extreme Wetterereignisse präziser vorhersagen und den Klimawandel global verständlich machen sollen.
2024 erhielt Google Deepmind den Nobelpreis für Chemie. Das Team um Demis Hassabis und John M. Jumper entwickelte eine KI zur Proteinvorhersage, doch auch andere KI-Projekte stehen im Fokus. Raia Hadsell, Vizepräsidentin für Forschung bei Google Deepmind, erklärte kürzlich, wie Künstliche Intelligenz auch bei der Wettervorhersage und dem Klimaschutz eingesetzt wird. „KI kann uns helfen, den menschlichen Körper und unseren Planeten besser zu verstehen,“ erklärte sie gegenüber dem Standard.
Ein digitales Modell der Erde
Hadsell und ihr Team arbeiten an einem ehrgeizigen Ziel: einem KI-Modell, das die Erde simuliert. Dieses Modell soll wie ein „digitaler Zwilling“ funktionieren, indem es Zusammenhänge zwischen Klimafaktoren, Artenvielfalt und globalen Veränderungen analysiert.
Es könnte verstehen, wie Wälder, Ozeane und Wendepunkte im Klima miteinander korrelieren.
Raia Hadsell
Solch ein Modell soll helfen, die Auswirkungen des Klimawandels besser zu verstehen und vorauszuberechnen.
„Halluzinierende“ KI für die Wetterprognose
Bei Wettervorhersagen setzt Google Deepmind auf „halluzinierende“ KI-Modelle wie GenCast und GraphCast, die jahrelange Wetterdaten analysieren und daraus Muster ableiten. Die KI ergänzt Daten wie Windgeschwindigkeit, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit, um das Wetter der kommenden Tage vorherzusagen. „In jedem Schritt fügen wir Millionen an multimodalen Beobachtungen auf globaler Ebene hinzu,“ erklärte Hadsell. So könne die KI eine „halluzinierte“ Vorstellung vom Wetterverlauf entwickeln, die bisherigen Vorhersagemodellen überlegen sei. Hadsell betonte, dass ihre KI-Modelle Hurrikans drei Tage früher vorhersagen konnten als physikalische Modelle.
Herausforderungen durch den Klimawandel
Der Klimawandel verändert bestehende Wettermuster, was laut Hadsell die Arbeit der KI-Modelle herausfordernder macht. Trotzdem ist die KI anpassungsfähig, da sie regelmäßig mit aktuellen Daten trainiert wird. So könnte sie auch neue, sich verändernde Wettertrends abbilden. Extremwetter wie Hurrikans oder Hitzewellen sind dennoch schwieriger zu prognostizieren, da sie durch den Klimawandel zunehmen und oft unberechenbar auftreten.
Ein weiteres Problem ist das sogenannte „katastrophale Vergessen“, bei dem KI-Modelle beim kontinuierlichen Training alte Informationen verlieren können. Dieses Phänomen betrifft neuronale Netzwerke, wenn sie regelmäßig mit neuen Daten gefüttert werden. Laut Hadsell betrifft das jedoch nicht die KI-Modelle für Wetterprognosen, da diese alle sechs Monate neu aufgesetzt werden. „Katastrophales Vergessen ist damit kein Problem mehr,“ stellte sie fest.
Verantwortung im Umgang mit KI
Google Deepmind legt laut Hadsell großen Wert auf den verantwortungsvollen Umgang mit KI, besonders in sensiblen Bereichen wie Medizin und Politik. „Es braucht einen nuancierten Zugang und ein Abwägen, aus welcher Perspektive die Frage gestellt wird,“ erklärte Hadsell. Es sei wichtig, die Interessen der User zu verstehen und sicherzustellen, dass die bereitgestellten Informationen korrekt sind.
Kooperationen trotz Big-Tech-Konkurrenz
Obwohl Google im Wettbewerb mit anderen großen Tech-Unternehmen steht, bleibt Deepmind weiterhin stark in wissenschaftliche Kooperationen eingebunden. Jedes Jahr kommen Studierende und Forschende für Forschungsprojekte hinzu. Laut Hadsell ist die akademische Zusammenarbeit wichtig, doch Google muss gleichzeitig entscheiden, welche Forschungsergebnisse öffentlich gemacht werden. „Manchmal warten wir ein wenig mit der Veröffentlichung,“ sagte sie, „aber wir sind weiterhin stark in die akademische Forschung eingebunden.“
Keine Sorge wegen AGI
Raia Hadsell sieht den Fortschritt in der Künstlichen Intelligenz als langfristiges Ziel, bei dem KI irgendwann auf vielen Gebieten menschliches Leistungsvermögen erreichen oder sogar übertreffen könnte – die sogenannte Artificial General Intelligence (AGI). Ihrer Ansicht nach wird dieser Fortschritt jedoch nicht plötzlich eintreten, sondern schrittweise erfolgen. Sie betont, dass es keinen Grund zur Sorge gibt: AGI wird ein äußerst nützliches Werkzeug sein, das vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bietet. Sie ist überzeugt, dass die Gesellschaft zunehmend das Potenzial dieser Technologie erkennen und für das Gemeinwohl nutzen wird.
Was du dir merken solltest:
- Google Deepmind entwickelt KI-Modelle wie Gencast und Graphcast, die extreme Wetterereignisse durch den Einsatz von „halluzinierender“ Künstlicher Intelligenz genauer vorhersagen können und den Klimawandel besser verständlich machen sollen.
- Das Team um Raia Hadsell arbeitet an einem „digitalen Zwilling“ der Erde, der Klimafaktoren, Artenvielfalt und globale Veränderungen simuliert und so Zusammenhänge sichtbar macht, um die Auswirkungen des Klimawandels besser zu berechnen.
- Deepmind betont die Wichtigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit KI und fördert akademische Kooperationen, während die KI-Modelle anpassungsfähig und für vielfältige gesellschaftliche Bereiche nützlich gestaltet werden.
Bild: © NASA via Wikimedia unter public domain