KI-Rennen: Deutschland hinkt hinterher und geht nicht genug Risiko ein
Deutschland hinkt bei KI-Forschung stark hinterher. Das liegt vor allem an der mangelnden Risikobereitschaft.
Die Zukunftsforscherin Amy Webb sieht Deutschland und Europa vor großen Herausforderungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Sie erklärt, dass der internationale Wettbewerb um die KI-Technologie noch nicht entschieden ist, auch wenn die USA und China aktuell dominieren. Besonders in diesen Ländern investieren Unternehmen und Regierungen immense Summen in die Entwicklung von KI-Technologien.
Sie betont laut FAZ, dass das eigentliche Rennen in der KI weniger in der technischen Entwicklung liegt, sondern vor allem in der Sicherung von Marktanteilen und Kapital.
Das ist ein globales Rennen. Jeder Kontinent ist involviert.
Amy Webb
USA und China dominieren, aber noch ist nichts entschieden
Webb glaubt, dass die USA und China den Wettbewerb um die KI noch nicht gewonnen haben. Die Zukunft der KI hängt stark von Cloud-Technologien und Rechenressourcen wie denen von Nvidia ab. Zwar spielt Nvidia derzeit eine zentrale Rolle, aber es gibt auch Konkurrenten, die aufholen. Webb sieht hier ein Rennen um Marktanteile und Kapital, bei dem die USA derzeit deutlich mehr Forschungen und Veröffentlichungen haben als andere Länder. Dies verschafft den Vereinigten Staaten einen Vorteil gegenüber China und anderen Ländern.
Europas Potenzial ungenutzt
Europa könnte laut Webb eine bedeutende Rolle im KI-Wettbewerb spielen, doch viele Chancen bleiben ungenutzt. Deutschland und Frankreich bieten großes Potenzial, insbesondere in der Forschung und Entwicklung. In Frankreich entwickelt das Unternehmen Mistral Open-Source-KI-Systeme, die flexibler und offener sind als die anderer großer Technologieunternehmen. Trotzdem gibt es in Europa Sicherheitsbedenken, da die Regulierungen zur Bekämpfung von Big Tech (große IT-Unternehmen wie Apple) manchmal unbeabsichtigte Folgen haben. Webb sieht diese Vorschriften als Hindernis, da sie gleichzeitig Sicherheit und Innovation einschränken.
Arabische Staaten als neuer Player
Auch die arabischen Staaten, insbesondere die Vereinigten Arabischen Emirate, greifen aktiv in den Wettbewerb um die Zukunft der Technologie ein. Die Emirate setzen auf eine neutrale Position und nutzen sowohl amerikanische als auch chinesische Server und Sprachmodelle. Webb hält diese Strategie für klug, da sie den Ländern Zugang zu verschiedenen Technologien verschafft und sie nicht in geopolitische Konflikte verwickelt. Die Chinesen haben in den letzten Jahren massiv in KI-Technologien investiert und zahlreiche Patente angemeldet, doch Webb gibt zu Bedenken, dass ein Patent allein kein fertiges Produkt ist.
Deutschland bleibt zurück
Besonders in Deutschland sieht Webb Probleme. Trotz führender Forschungsteams und Unternehmen in Bereichen wie Automobil und Pharmazie investiert das Land nicht genug in KI. Sie kritisiert, dass deutsche Unternehmen nicht bereit sind, strategische Risiken einzugehen, um neue Wachstumschancen zu schaffen. „Ich sehe nicht, dass diese Unternehmen in die Zukunft investieren“, erklärt Webb. Ein Beispiel dafür ist Volkswagen, das mit seiner Software-Tochter Cariad gescheitert ist. Webb glaubt, dass das Unternehmen zu groß und unbeweglich ist, um sich zu einem softwaregesteuerten Unternehmen zu entwickeln.
Kultur und Führung als Hauptprobleme
Die Zukunftsforscherin nennt zwei Hauptprobleme, die Deutschland im Bereich der KI hemmen: die Unternehmenskultur und die Führung. Sie beschreibt die deutsche Kultur als zu risikoscheu und sagt, dass viele Unternehmen aus Angst vor Fehlern Innovationen vermeiden. Webb stellt fest, dass deutsche Unternehmen oft auf Perfektion setzen und lieber gar nichts unternehmen, wenn sie nicht sicher sind, dass sie Erfolg haben. Diese Haltung bremst den Fortschritt und verhindert, dass Deutschland im KI-Wettbewerb eine führende Rolle einnimmt.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen. Einige deutsche Unternehmen experimentieren erfolgreich mit neuen Technologien und entwickeln Prototypen, um ihre Branchen zu verändern. Webb lobt diese Innovationsbereitschaft und fordert, dass mehr Unternehmen diesem Beispiel folgen.
Regulierung bremst Innovation
Webb äußert sich kritisch zur Regulierung in Europa. Sie versteht zwar das Bedürfnis nach Vorschriften, die den technologischen Fortschritt sicherer machen sollen, doch warnt sie davor, dass zu strikte Regeln Innovationen behindern. Sie schlägt flexiblere Ansätze vor, wie sie etwa in Abu Dhabi mit einer „Beta-Testing-Policy“ praktiziert werden. Dort testen die Behörden neue Technologien in geschützten Umgebungen, bevor sie endgültige Vorschriften erlassen.
Was du dir merken solltest:
- Amy Webb sieht den internationalen Wettbewerb um Künstliche Intelligenz (KI) als noch offen, obwohl die USA und China aktuell dominieren, wobei es hauptsächlich um Marktanteile und Kapital geht.
- Europa, insbesondere Deutschland und Frankreich, haben großes Potenzial im KI-Bereich, nutzen dieses jedoch nicht ausreichend aufgrund von Sicherheitsbedenken und strikten Regulierungen.
- Webb kritisiert Deutschlands risikoscheue Unternehmenskultur und mangelnde Investitionen in KI, sieht jedoch in einigen Innovationsprojekten Hoffnung auf Fortschritt.
Bild: © Internet Education Foundation from Washington, DC via Wikimedia unter CC BY 2.0
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