Psychische Belastung im Klassenzimmer: Krieg, Klimakrise und Leistungsdruck – das sind die Sorgen von Schülern
Das Deutsche Schulbarometer offenbart alarmierende Zahlen: Leistungsdruck, Zukunftsängste und mangelnde Unterstützung belasten Schüler zunehmend.
Viele Kinder und Jugendliche in Deutschland fühlen sich überfordert. Das zeigt das aktuelle Deutsche Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung. Die repräsentative Studie untersuchte erstmals nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Schüler und ihre Eltern. Die Ergebnisse sind alarmierend: Sorgen wegen Krieg, Klimakrise und Zukunft, hoher Leistungsdruck und mangelnde Unterstützung in der Schule setzen vielen jungen Menschen zu.
Belastungen in Zahlen: Lebensqualität und Wohlbefinden
Mehr als ein Viertel der befragten Schüler (27 Prozent) bewertet die eigene Lebensqualität als niedrig. Besonders Kinder aus einkommensschwachen Familien sind betroffen: In dieser Gruppe klagen 33 Prozent über psychische Belastungen und 30 Prozent geben an, sich in der Schule nicht wohlzufühlen. Laut Pressemitteilung haben sich diese Werte seit der Corona-Pandemie zwar leicht verbessert, liegen jedoch weiterhin deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie.
Dr. Dagmar Wolf, Bildungsexpertin der Stiftung, beschreibt die Situation als besorgniserregend:
Die meisten Kinder verbringen täglich rund acht Stunden in der Schule, ähnlich wie Erwachsene an ihrem Arbeitsplatz. Doch im Gegensatz zu Arbeitsplätzen wird die Bedeutung der Schule für die Gesundheit der Schüler kaum untersucht.
Dr. Dagmar Wolf
Die Stiftung fordert, diese Forschungslücke dringend zu schließen.
Unterrichtsqualität: Viel Kritik, wenig Unterstützung
Ein Schwerpunkt der Studie war die Verbindung zwischen Unterrichtsqualität und psychischem Wohlbefinden. Hier zeigt sich ein deutlicher Nachholbedarf: 83 Prozent der Schüler erleben regelmäßig Unterrichtsstörungen, etwa durch Lärm oder Disziplinprobleme. Zusätzlich bemängeln 41 Prozent, dass Lehrkräfte zu selten überprüfen, was im Unterricht verstanden wurde. Fast 40 Prozent erhalten keine konkreten Rückmeldungen, wie sie ihre Leistungen verbessern können.
Für eine bessere Unterstützung der Schüler fordert die Stiftung ein Umdenken in der Unterrichtsgestaltung.
Lehrkräfte sollten den Lernprozess stärker in den Fokus nehmen und Kinder ermutigen, auch schwierige Aufgaben zu bewältigen.
Dr. Dagmar Wolf
Neue Prüfungsformate und gezielte Diagnosen könnten helfen, individuelle Lernfortschritte zu fördern.
Eltern und psychische Gesundheit: Fehlende Hilfsangebote
Auch die Eltern wurden in der Studie befragt, vor allem zu ihrer Wahrnehmung von Unterstützungsangeboten für Kinder mit psychischen Problemen. Ein Drittel der Eltern kennt keine Hilfsangebote an der Schule ihrer Kinder. Wenn Unterstützung gesucht wird, wenden sich die meisten zunächst an die Klassenlehrkraft. Doch fast ein Viertel der Eltern (23 Prozent) berichtet, dass sie keine Hilfe erhalten haben. Besonders belastend ist die lange Wartezeit auf psychologische Therapien: Bis Kinder und Jugendliche professionelle Hilfe bekommen, vergehen im Durchschnitt fünf Monate.
Das Deutsche Schulbarometer: Ein Blick in die Schulen
Das Deutsche Schulbarometer wird seit 2019 jährlich von der Robert Bosch Stiftung durchgeführt. Ziel ist es, Einblicke in die Herausforderungen an deutschen Schulen zu geben und Veränderungen anzustoßen. Die aktuelle Ausgabe entstand in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig. Sie basiert auf den Antworten von 1.530 Kindern und Jugendlichen im Alter von 8 bis 17 Jahren sowie ihrer Eltern. Die repräsentative Studie legt den Fokus auf die Erfahrungen derjenigen, die den Schulalltag täglich erleben.
Was du dir merken solltest:
- Laut dem Deutschen Schulbarometer fühlen sich viele Schüler in Deutschland durch Krieg, Klimakrise, Zukunftsängste und Leistungsdruck stark belastet; insbesondere Kinder aus einkommensschwachen Familien sind überdurchschnittlich betroffen.
- Die Studie zeigt, dass Unterrichtsqualität und psychisches Wohlbefinden eng zusammenhängen, doch die Kritik an häufigen Störungen und mangelnder Unterstützung durch Lehrkräfte bleibt groß.
- Ein Drittel der Eltern kennt keine schulischen Hilfsangebote für psychische Probleme ihrer Kinder, und lange Wartezeiten auf Therapien verschärfen die Situation zusätzlich.
Übrigens: Das bayerische Schulsystem setzt Kinder durch die frühe Selektion und strenge Notenvorgaben stark unter Druck, was häufig zu psychischen Belastungen und erhöhtem Leistungsstress führt. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
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