Milliardengrab Forest City: Chinas geplatzter Megatraum wird zur Geisterstadt

Forest City in Malaysia sollte bis zu 700.000 Menschen beherbergen. Acht Jahre nach dem Start leben nur noch wenige Tausend dort.

Forest City in Malaysia wurde zu einer Geisterstadt.

Forest City in Malaysia wurde zu einer Geisterstadt. © Wikimedia

Forest City in Malaysia sollte ein Vorzeigeprojekt der chinesischen Bauindustrie werden – eine grüne Megastadt mit Platz für bis zu 700.000 Menschen. Doch acht Jahre nach Beginn des Projekts leben nur noch 5.000 bis 10.000 Menschen in dieser futuristischen Geisterstadt. Die Planer, angeführt vom chinesischen Baukonzern Country Garden, hatten sich eine innovative Metropole erträumt, die als Alternative zum teuren Singapur dienen sollte. Stattdessen steht das Projekt heute symbolisch für gescheiterte Visionen und Investitionen.

Laut Tagesschau präsentierte Country Garden das Projekt 2016, mitten im Boom der chinesischen Bauwirtschaft. Die Stadt entstand auf künstlich angelegten Inseln an der Küste von Johor, in unmittelbarer Nähe zu Singapur. Die Idee war, wohlhabende Chinesen anzulocken, die nach einem günstigeren Wohnort als Singapur suchten, aber dennoch die Nähe zu der wirtschaftsstarken Stadt nicht missen wollten. Potenzielle Käufer strömten damals in Bussen herbei, wie Samuel Tan, ein lokaler Immobilienhändler, gegenüber der Tagesschau berichtete: „Jeden Tag kamen 17 Busse voll mit Investoren.“

Gesetzesänderungen bremsen Erfolg

Doch die Erfolgsgeschichte endete abrupt, als China 2017 den Abfluss von Kapital ins Ausland einschränkte. Der Investitionsstrom versiegte, und mit ihm schrumpfte die Nachfrage nach Wohnungen in Forest City. Die gesetzliche Änderung führte dazu, dass viele geplante Wohnhäuser leer stehen blieben und der Glanz des Projekts verblasste. „Immer wenn zu viele Ausländer eine Stadt kaufen, bleibt sie leer“, erklärte Tan der Tagesschau. Forest City wurde zur Geisterstadt, in der die Gebäude zwar fertiggestellt wurden, aber keine Käufer mehr fanden.

Ein weiterer Grund für den Niedergang war die unzureichende Infrastruktur. Eric Sim, ein Investmentbanker aus Singapur, investierte nach eigenen Angaben etwa 640.000 Euro in zwei Wohnungen in Forest City, bereut diese Entscheidung jedoch zutiefst. „Das war die schlechteste Investition meines Lebens“, sagte Sim gegenüber der Tagesschau. Die Stadt, die nie die versprochene Lebensqualität und Infrastruktur bot, enttäuschte ihn. Sim hatte sechs Jahre lang versucht, seine Wohnungen zu verkaufen, bevor er sie schließlich mit einem Verlust von etwa 100.000 Euro veräußerte.

Fast alle Wohnungen an Ausländer verkauft

Laut Business Insider beginnen die Preise für eine Wohnung in Forest City bei stolzen 510.000 malaysischen Ringgit, umgerechnet etwa 99.600 Euro – ein beachtlicher Betrag für den malaysischen Bundesstaat Johor. „Immobilien in Johor kosten normalerweise unter 300.000 Ringgit (58.300 Euro)“, erklärt Muhammad Najib Razali, Professor für Immobilienwirtschaft an der Technischen Universität Malaysia. Für Haushalte mit mittlerem Einkommen sei dies noch erschwinglich, doch die luxuriösen Wohnungen in Forest City richten sich eindeutig an eine andere Zielgruppe.

Tatsächlich gingen etwa 98 Prozent der verkauften Einheiten an ausländische Käufer, wie aus einem 2017 veröffentlichten Bericht von Ong Kian Ming hervorgeht, einem Fulbright-Stipendiaten und stellvertretenden Minister für internationalen Handel und Industrie Malaysias. Bis Juni 2017, so eine Pressemitteilung von Country Garden, wurden rund 16.000 Wohnungen veräußert.

Leere Straßen in Forest City. © OpenStreetCam via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

Ökologische Schäden und leere Versprechungen

Neben den wirtschaftlichen Rückschlägen kämpft Forest City auch mit erheblichen ökologischen Problemen. Für die Errichtung der Stadt wurden große Seegraswiesen zerstört, die für die Fischpopulationen der Region von zentraler Bedeutung sind. Laut der Umweltaktivistin Serina Abdul Rahman, die mit der Tagesschau sprach, haben diese Eingriffe gravierende Folgen für die Artenvielfalt. „Ohne Seegras gäbe es keine Fische und Meeresfrüchte“, betonte sie und äußerte die Hoffnung, dass der Leerstand in Forest City zukünftige ähnliche Projekte verhindert.

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Obwohl die Vision von einer lebenswerten Stadt gescheitert ist, versuchen die Verantwortlichen, Forest City als touristische Attraktion zu vermarkten. Ein Wasserpark und eine Hotelanlage ziehen einige Besucher an, allerdings weniger aufgrund der Infrastruktur als wegen steuerfreiem Alkohol, was laut lokalen Berichten zu Problemen mit Betrunkenen geführt hat.

Letzter Rettungsanker: TV-Drehort

Angesichts der vielen leeren Gebäude dient Forest City mittlerweile als Kulisse für Film- und TV-Produktionen. Netflix drehte hier unter anderem die Realityshow „Der Maulwurf“. Die menschenleere Stadt bietet eine ungewöhnliche, fast surreale Kulisse für solche Projekte, was der Stadt zumindest einen Hauch von Leben verleiht. Doch die Zukunft von Forest City bleibt ungewiss.

Country Garden, der Bauträger hinter Forest City, befindet sich inzwischen selbst in einer Krise. Der Aktienkurs des Unternehmens ist stark gefallen, und der Handel mit den Papieren wurde ausgesetzt. Ob das Unternehmen langfristig überleben kann, steht laut Tagesschau in den Sternen – ebenso wie die Zukunft von Forest City, das heute mehr als Mahnmal für verfehlte Stadtplanung denn als florierende Metropole gilt.

Übrigens: Während Forest City in Malaysia mit leeren Wohnungen kämpft, sehen Architekten in schwimmenden Siedlungen eine Chance, auf den steigenden Meeresspiegel zu reagieren. Schwimmende Häuser könnten die Zukunft der Stadtplanung verändern – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © *angys* via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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