Ernährungsbericht 2024: Deutschland isst anders: Mehr Gemüse, weniger Fleisch – aber nicht für alle
Ernährungsbericht 2024: Deutsche essen bewusster, konsumieren mehr Gemüse und weniger Fleisch. Doch ein drängendes Problem bleibt ungelöst.
Wie isst Deutschland? Der neue Ernährungsbericht 2024 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat darauf eine klare Antwort: immer bewusster, aber mit Luft nach oben. Gemüse boomt, Fleisch verliert – und selbst beim Bier wird gespart. Diese Trends zeigen, dass ein gesünderer Lebensstil für viele Menschen wichtiger wird. Gleichzeitig schwingt ein Alarm mit: Millionen armutsgefährdeter Haushalte haben oft keinen Zugang zu ausgewogener Ernährung. Die Lücke zwischen „können“ und „wollen“ wächst – mit ernsten gesundheitlichen Folgen.
Es ist ein Bericht, der Hoffnung macht und zugleich fordert. Denn was auf den Tellern der Nation passiert, betrifft nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Zukunft von Klima und Gesellschaft.
Keyfindings aus dem Ernährungsbericht 2024
- Gemüse im Aufwind: 111 Kilogramm pro Kopf und Jahr, Tomaten und Möhren sind besonders beliebt.
- Fleischkonsum rückläufig: 20 Prozent weniger in einem Jahrzehnt, vor allem Schweinefleisch ist betroffen.
- Alkoholverzicht nimmt zu: Der Bierverbrauch ist seit 2016 um 1,8 Liter pro Kopf gesunken.
- Systemgastronomie bleibt ein Problem: Kalorienreiche Speisen dominieren, gesunde Alternativen sind selten gefragt.
- Ernährungsarmut betrifft fast 25 Prozent armutsgefährdeter Haushalte: Hohe psychische Belastung und gesundheitliche Risiken.
Pflanzenbetonte Ernährung auf dem Vormarsch
Gemüse steht häufiger auf dem Speiseplan: Im Durchschnitt isst jeder Deutsche jährlich 111 Kilogramm davon. Besonders Tomaten und Möhren gewinnen an Beliebtheit, auch Hülsenfrüchte wie Linsen und Erbsen sind gefragt. Gleichzeitig nimmt der Fleischkonsum stetig ab. Innerhalb von zehn Jahren sank die Menge um 20 Prozent – Schweinefleisch ist hier besonders betroffen.
Diese Entwicklung hat mehrere Vorteile. Prof. Dr. Kurt Gedrich von der Technischen Universität München, der die Daten für die DGE auswertete, betont: „Ein steigender Verbrauch von Getreide, insbesondere in Form von Vollkornprodukten, sowie von Obst und Gemüse inkl. Hülsenfrüchten hat sowohl gesundheitliche als auch umwelt- und klimapolitische Vorteile.“ Die Landwirtschaft für pflanzliche Produkte verursacht deutlich weniger Treibhausgase als die Tierhaltung, was den ökologischen Fußabdruck der Ernährung reduziert.
Trendumkehr bei Alkohol und Milchprodukten
Auch beim Konsum von alkoholischen Getränken zeichnet sich ein positiver Trend ab. Seit dem letzten DGE-Bericht im Jahr 2016 sank der Bierkonsum pro Kopf um 1,8 Liter. Gleichzeitig ging der Verzehr von Milch und Joghurt zurück. Der Verbrauch von Käse hingegen stieg, vor allem Sorten wie Mozzarella oder Schnittkäse erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Dennoch gibt es Baustellen: Der Gemüseverbrauch liegt weiterhin unter den DGE-Empfehlungen, während zuckerhaltige Softdrinks und stark verarbeitete Produkte wie Chips und Fertiggerichte noch immer zu häufig konsumiert werden.
Deutsche essen immer häufiger in Fast-Food-Ketten
Die Systemgastronomie, also Fast-Food-Ketten und ähnliche Anbieter, spielt für viele Menschen eine zentrale Rolle. Der DGE-Bericht zeigt, dass vor allem junge Erwachsene häufig Burger, Pizza und Co. konsumieren. Rund 30 Prozent der 16- bis 34-Jährigen nutzen diese Restaurants mindestens einmal pro Woche – oft, weil sie praktisch, günstig und gut erreichbar sind.
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Doch die ernährungsphysiologischen Eigenschaften der angebotenen Speisen geben Anlass zur Sorge. Ein durchschnittlicher Burger hat rund 430 Kilokalorien, eine Pizza sogar über 1.200. Pommes, die beliebteste Beilage, liefern zusätzlich 400 Kilokalorien. Zudem enthalten viele Gerichte zu viel Fett, Zucker und Salz.
Vegetarische und vegane Optionen sind zwar verfügbar, werden jedoch seltener gewählt. Die Befragten assoziieren gesunde Alternativen oft mit weniger Geschmack – ein Hindernis, das Anbieter überwinden müssten, um nachhaltige und gesunde Speisen populärer zu machen.
Ernährungsarmut: Eine stille Krise in Deutschland
Ein Viertel der armutsgefährdeten Haushalte in Deutschland kämpft mit Ernährungsunsicherheit. Dies zeigt die MEGA_kids-Studie, die im aktuellen DGE-Bericht veröffentlicht wurde. Betroffene Familien haben oft nicht genug Geld, um gesunde Lebensmittel zu kaufen. „Zum Beispiel sorgten sie sich, dass ihnen das Essen ausgeht und sie konnten nur zwischen wenigen verschiedenen Lebensmitteln wählen“, erklärt Dr. Anja Simmet von der Universität Hohenheim.
Die Konsequenzen sind gravierend. Mehr als die Hälfte der befragten Eltern leidet unter mindestens einer chronischen Krankheit, häufig verursacht durch ungesunde Ernährung. Auch psychische Belastungen wie Scham und soziale Isolation sind weit verbreitet: 70 Prozent der Eltern fühlen sich in ihrer Situation ausgegrenzt.
Wie lässt sich die Ernährungssituation verbessern?
Der DGE-Bericht liefert konkrete Empfehlungen:
- Politische Maßnahmen: Günstigere Preise für gesunde Lebensmittel und weniger Werbung für ungesunde Produkte.
- Ernährungsbildung: Aufklärung über die Vorteile gesunder Ernährung, vor allem in Schulen.
- Unterstützung armutsgefährdeter Familien: Zugang zu kostenfreien Mahlzeiten und Lebensmittelspenden.
Die DGE sieht in der Ernährungspolitik eine zentrale Aufgabe für die Zukunft. Chefredakteurin Prof. Ulrike Arens-Azevêdo betont: „Es gilt weiterhin, die ernährungsmitbedingten Krankheiten zu reduzieren und zugleich die ökologischen Herausforderungen im Ernährungsbereich zu bewältigen. Ohne eine Ernährungswende sind diese Ziele nicht zu erreichen.“
Was du dir merken solltest:
- Bewusster Konsum: Der Ernährungsbericht 2024 zeigt, dass Deutsche mehr Gemüse (111 kg/Kopf), weniger Fleisch (-20 Prozent in 10 Jahren) und weniger Bier (-1,8 l seit 2016) konsumieren.
- Probleme der Systemgastronomie: Kalorienreiche, fett- und salzhaltige Speisen dominieren, gesunde Alternativen werden selten gewählt.
- Fast ein Viertel der armutsgefährdeten Haushalte in Deutschland erlebt Ernährungsunsicherheit. Ihnen fehlt oft das Geld für ausreichend gesunde Lebensmittel – eine Belastung, die nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Psyche schwer trifft.
Übrigens: Eine ausgewogene Ernährung kann das Immunsystem effektiv stärken und die Abwehrkräfte verbessern. Wie gezielte Nährstoffe helfen, erfährst du in unserem Artikel.
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