Welche Ernährung hilft im Alter gegen chronische Krankheiten?
Gesunde Ernährung kann die Entwicklung chronischer Krankheiten im Alter bremsen – das zeigt große eine Studie aus Schweden.

Gesunde Ernährung kann chronische Krankheiten im Alter deutlich verlangsamen – besonders wirksam sind die MIND- und AHEI-Diät. © Pexels
Gesundheit im Alter ist oft keine reine Glückssache oder genetisch bedingt – sie hängt auch vom täglichen Speiseplan ab. Denn während manche Menschen mit über 80 noch geistig und körperlich fit sind, kämpfen andere schon Jahre früher mit mehreren Erkrankungen gleichzeitig. Eine Langzeitstudie des Karolinska Instituts aus Schweden liefert jetzt neue Hinweise darauf, wie stark die Ernährung chronische Krankheiten beeinflussen kann – und welche Kost sich im Alltag wirklich lohnt.
Fast 2.473 ältere Menschen wurden dafür über 15 Jahre lang regelmäßig untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Wer sich ausgewogen ernährt, bleibt länger gesünder – und sammelt deutlich weniger neue Diagnosen im Alter an. Entscheidend ist dabei nicht ein einzelnes Lebensmittel, sondern das Zusammenspiel aus vielen.
Gesund alt werden: Diese Ernährung schützt vor chronischen Krankheiten
Die Studie untersuchte vier verschiedene Ernährungsmuster – drei davon gelten als gesund, eines als problematisch. Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren am Ende messbar: Bis zu 2,5 chronische Erkrankungen weniger entwickelten die Menschen, die sich langfristig gesund ernährten.
Im Mittelpunkt standen diese vier Diäten:
1. MIND-Diät – Fokus auf Gehirn und Gefäße
Die „Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay“, kurz MIND-Diät, wurde speziell entwickelt, um altersbedingten Abbauprozessen im Gehirn vorzubeugen. Sie vereint Elemente aus der Mittelmeerdiät und der DASH-Diät (gegen Bluthochdruck) – und das mit Erfolg.
Wichtige Merkmale der MIND-Diät:
- viel grünes Blattgemüse (z. B. Spinat, Mangold)
- Beeren (z. B. Blaubeeren, Erdbeeren)
- Vollkornprodukte und Nüsse
- Hülsenfrüchte (z. B. Linsen, Kichererbsen)
- Fisch und Geflügel statt rotem Fleisch
- Olivenöl als Hauptfettquelle
- wenig Süßigkeiten und stark verarbeitete Lebensmittel
Wer sich konsequent an die MIND-Diät hielt, entwickelte über 15 Jahre hinweg im Schnitt 2,0 chronische Erkrankungen weniger als die Vergleichsgruppe.
2. AHEI – Alternative Healthy Eating Index
Der AHEI, kurz für Alternative Healthy Eating Index, wurde auf Basis umfangreicher wissenschaftlicher Studien entwickelt. Ziel war es, ein Bewertungssystem zu schaffen, das die Qualität der Ernährung messbar macht – und dabei besonders gut vor chronischen Krankheiten schützt. Anders als viele allgemeine Ernährungsempfehlungen beruht der AHEI auf konkreten Erkenntnissen darüber, welche Lebensmittel und Nährstoffe langfristig mit einem geringeren Krankheitsrisiko verbunden sind.
Der Index vergibt Punkte für gesunde Ernährungsbestandteile und zieht Punkte für ungünstige Lebensmittel ab. Wer sich besonders nah an den AHEI-Vorgaben orientiert, ernährt sich nach wissenschaftlichen Kriterien besonders gesund.
Typisch für den AHEI:
- viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte
- regelmäßiger Verzehr von gesunden Fetten (z. B. aus Raps- oder Olivenöl), Nüssen und Hülsenfrüchten
- kaum rotes oder verarbeitetes Fleisch, z. B. Wurst
- wenig Zucker, gesüßte Getränke, Salz und Transfette
- kein oder moderater Alkoholkonsum
Wer diese Empfehlungen über viele Jahre hinweg umsetzte, entwickelte im Verlauf der Studie durchschnittlich bis zu 2,54 chronische Erkrankungen weniger als Menschen mit besonders ungesunder Ernährung. Das war der stärkste schützende Effekt unter allen untersuchten Diäten. Besonders deutlich zeigte sich dieser Vorteil bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychischen Krankheiten wie Depression oder Demenz.
3. AMED – Alternative Mittelmeer-Diät
Die AMED-Diät ist eine angepasste Version der traditionellen Mittelmeerdiät, die ursprünglich in Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien verbreitet ist. Für Regionen wie Nordeuropa oder Nordamerika wurde sie so modifiziert, dass sie auch ohne landestypische Zutaten wie große Mengen Olivenöl oder täglich frischen Fisch umsetzbar bleibt. Ziel war es, die gesundheitsfördernden Prinzipien der Mittelmeerdiät beizubehalten – angepasst an andere kulturelle und klimatische Essgewohnheiten.
Im Kern steht auch bei AMED eine pflanzenbasierte Ernährung mit natürlichen, wenig verarbeiteten Lebensmitteln. Besonders wichtig ist dabei die Balance aus gesunden Fetten, pflanzlichem Eiweiß und einem geringen Anteil an Fleisch.
Wichtige Bestandteile der AMED-Diät:
- reichlich Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte
- wenig verarbeitetes Fleisch (z. B. Wurst, Fertigprodukte)
- pflanzliche Öle und Nüsse als Hauptquellen für Fett
- gelegentlicher moderater Alkoholkonsum, etwa ein Glas Rotwein
Im direkten Vergleich mit den anderen gesunden Ernährungsmustern zeigte AMED zwar einen etwas schwächeren Effekt, war aber dennoch wirksam: Personen mit hoher AMED-Adhärenz entwickelten im Schnitt 1,1 chronische Erkrankungen weniger über einen Zeitraum von 15 Jahren. Vor allem Herz und Gehirn profitierten auch hier am deutlichsten.
4. EDII – Entzündungsfördernde Ernährung
Diese Diät (Empirical Dietary Inflammatory Index) bildete das Gegenteil ab: Wer sich hauptsächlich von stark verarbeiteten, fett- und zuckerreichen Lebensmitteln ernährte, entwickelte im Alter deutlich mehr chronische Krankheiten. Besonders problematisch ist der Einfluss dieser Ernährungsweise auf Entzündungsprozesse im Körper.
Denn viele der enthaltenen Stoffe – etwa gesättigte Fette, Zucker oder Zusatzstoffe – fördern stille, also chronisch schwelende Entzündungen. Diese gelten wiederum als zentrale Treiber für eine Vielzahl altersbedingter Erkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes oder Demenzen.
Kennzeichen der EDII-Diät:
- viel rotes und verarbeitetes Fleisch (z. B. Wurstwaren)
- gesüßte Getränke wie Limonade oder Energydrinks
- raffinierte Getreideprodukte wie Weißbrot
- wenig Gemüse, Nüsse, Tee oder Kaffee
Menschen mit besonders hoher EDII-Wertung hatten nach 15 Jahren im Schnitt 2,13 chronische Erkrankungen mehr als jene, die sich am konsequentesten an gesunde Ernährungsmuster hielten.
Der größte Nutzen: Schutz für Herz, Hirn und Psyche
Besonders profitierten Menschen mit gesunder Ernährung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neuropsychiatrischen Krankheiten wie Demenz oder Depression. Hier zeigten sich deutliche Unterschiede in der Krankheitsentwicklung zwischen den Gruppen.
Weniger eindeutig war das Bild bei Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Arthrose oder Osteoporose – hier fanden die Forscher keinen klaren Zusammenhang zur Ernährung.
Frauen und Hochbetagte profitieren besonders
Besonders deutlich wirkte sich die gesunde Ernährung bei Frauen und bei Menschen ab 78 Jahren aus: Sie entwickelten im Verlauf der Studie noch langsamer neue chronische Krankheiten als andere Gruppen. Warum der Effekt bei ihnen stärker war, lässt sich nicht abschließend sagen. Die Forscher vermuten, dass biologische Unterschiede – etwa im Hormonhaushalt –, aber auch der Lebensstil oder die Zusammensetzung der Darmflora eine Rolle spielen könnten.
„Vor allem Frauen und die Ältesten profitieren von gesunder Ernährung“, erklären die Autoren. Entscheidend sei dabei vor allem die Beständigkeit: Wer seine Essgewohnheiten dauerhaft umstellt, kann davon langfristig gesundheitlich profitieren – kurzfristige Diäten zeigen diesen Effekt nicht.
Das lässt sich aus der Studie mitnehmen
Nicht einzelne Lebensmittel entscheiden – sondern das Gesamtmuster. „Eine gesunde Ernährung kann dazu beitragen, dass ältere Menschen langsamer zusätzliche chronische Krankheiten entwickeln“, schreiben die Studienautoren. Wer gesund alt werden möchte, kann also selbst etwas tun – und sollte öfter mal zur Linsenpfanne statt zur Fertigpizza greifen.
Kurz zusammengefasst:
- Eine ausgewogene Ernährung im Alter verringert das Risiko für chronische Krankheiten – besonders bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychischen Leiden.
- Die AHEI- und MIND-Diäten mit viel Gemüse, Vollkorn, Hülsenfrüchten und ungesättigten Fetten wirkten am stärksten schützend.
- Entzündungsfördernde Ernährung mit viel verarbeitetem Fleisch und Zucker beschleunigte dagegen die Krankheitsentwicklung messbar.
Übrigens: Viele Menschen setzen beim Abnehmen auf Sport – doch der entscheidende Faktor ist die Ernährung. Eine neue Studie zeigt: Verarbeitete Lebensmittel treiben das Körperfett in die Höhe, Bewegung allein hilft kaum. Mehr dazu in unserem Artikel.
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