Von Partydrogen zu Medizin: Können LSD und Ketamin Depressionen heilen?
Psychedelische Drogen wie LSD werden in der Medizin erforscht und zeigen vielversprechende Ergebnisse.
Psychedelische Substanzen wie Psilocybin, LSD und MDMA, die lange Zeit als illegale Drogen galten, finden zunehmend Einsatz in der Medizin, besonders bei der Behandlung schwerer Depressionen. Menschen, bei denen herkömmliche Therapien nicht helfen, könnten von diesen Substanzen profitieren. Laut dem Psychiater Gerhard Gründer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim soll es Hinweise geben, dass Psychedelika auch bei Abhängigkeitserkrankungen, Zwangsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen wirksam sein könnten.
Die rituelle Verwendung psychedelischer Wirkstoffe wie Psilocybin (aus Pilzen) oder Meskalin (aus Kakteen) reicht weit in die Geschichte zurück. In den 1940er-Jahren starteten erste Versuche, Psychedelika in der Psychotherapie zu nutzen. LSD wurde 1949 als Medikament auf den Markt gebracht, doch in den 1970er-Jahren verbot die US-Regierung unter Präsident Nixon die Forschung an diesen Substanzen im Rahmen des „Kriegs gegen die Drogen“. Erst in den letzten Jahren begann die Wissenschaft, das Potenzial dieser Substanzen wieder zu erforschen, mit vielversprechenden Ergebnissen.
Fortschritte bei der Depressionstherapie
Besonders weit ist die Forschung an Psilocybin, das als mögliche Behandlungsmethode für therapieresistente Depressionen untersucht wird. In kleineren Studien zeigten sich so gute Ergebnisse, dass die amerikanische Zulassungsbehörde FDA Psilocybin 2020 als „Durchbruchstherapie“ einstufte. Eine große europäische Studie mit 144 Patienten am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und der Berliner Charité ist bereits abgeschlossen, jedoch noch nicht veröffentlicht. Vorläufige Ergebnisse deuten auf eine antidepressive Wirkung hin.
Das Besondere an der Behandlung mit Psychedelika ist, dass sie nicht langfristig durchgeführt werden muss, erklärt Gerhard Gründer. Im Gegensatz zu herkömmlichen Antidepressiva sei oft nur eine oder wenige Sitzungen nötig, um eine anhaltende Wirkung zu erzielen. „Wir machen eine punktuelle Intervention, die letztendlich eine ‚heilende‘ Wirkung haben soll“, sagt Gründer laut der Tagesschau.
Ketamin und MDMA im medizinischen Einsatz
Ein anderes Psychedelikum, das bereits in der Therapie von Depressionen eingesetzt wird, ist Ketamin. Es wird normalerweise als Schmerzmittel in der Notfallmedizin verwendet, doch seit 2019 ist ein Nasenspray mit dem Wirkstoff Esketamin zur Behandlung von schweren Depressionen zugelassen. Laut Stefan Borgwardt, Psychiater an der Uniklinik Lübeck, kann man so Patienten helfen, bei denen andere Therapien nicht greifen. Laut bisherigen Erkenntnissen sollen zwei Drittel der behandelten Personen auf die Therapie positiv reagiert haben, und ein Drittel soll sogar komplett symptomfrei geworden sein.
MDMA, der Wirkstoff der Partydroge Ecstasy, wird mittlerweile in der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) eingesetzt. Große Studien haben gezeigt, dass die Psychotherapie von PTBS durch die Einnahme von MDMA deutlich effektiver ist. In einer Studie haben 71 Prozent der Probanden nach der Therapie die diagnostischen Kriterien für PTBS nicht mehr erfüllt.
Nebenwirkungen und Herausforderungen
Obwohl psychedelische Substanzen wie LSD und Psilocybin in der Vergangenheit als gefährlich galten, sind sie im medizinischen Umfeld gut verträglich. Es kann zwar zu Nebenwirkungen wie Bluthochdruck und Herzrasen kommen, jedoch sei das Risiko für schwere psychische Folgen wie Psychosen gering. Allerdings soll vor der Anwendung sorgfältig überprüft werden, ob Patienten anfällig für psychotische Erkrankungen sind.
Bis auf die Ketamintherapie wird es noch einige Zeit dauern, bis psychedelische Substanzen in der Medizin breiten Einsatz finden werden. Die bisherigen Forschungsergebnisse lassen jedoch darauf hoffen, dass in Zukunft viele psychiatrische Erkrankungen besser behandelbar sein könnten.
Was du dir merken solltest:
- Psychedelische Substanzen wie Psilocybin, LSD und MDMA werden zunehmend in der Medizin erforscht und zeigen vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung therapieresistenter Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen.
- Im Gegensatz zu herkömmlichen Antidepressiva können psychedelische Therapien oft nach wenigen Sitzungen langanhaltende Wirkungen erzielen, wie Studien zu Psilocybin und Ketamin zeigen.
- Obwohl es noch einige Herausforderungen in der Anwendung gibt, wird erwartet, dass diese Substanzen in Zukunft eine größere Rolle in der Psychiatrie spielen könnten.
Übrigens: Laut einer aktuellen Umfrage nutzen viele Deutsche Cannabis zur Linderung von Stress und Schlafproblemen. Der Zugang zu legalem Cannabis bleibt für viele jedoch problematisch. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
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