Stress schlägt aufs Herz – Wie psychische Belastung den Herzrhythmus stört

Dauerstress und Angst schwächen den Vagusnerv – das bringt das Herz aus dem Takt und erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Bluthochdruck.

Stress stört den Vagusnerv: So leidet das Herz unter Druck

Bei anhaltendem seelischem Druck reagiert der Vagusnerv empfindlich – das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt und die Belastung für den Kreislauf wächst. © Freepik

Das Herz rast, der Brustkorb schnürt sich zu, der Atem wird flach – typische Reaktionen auf Dauerstress, Angst oder innere Anspannung. Viele erleben solche Symptome, ohne zu ahnen, dass sie nicht nur psychisch, sondern auch körperlich belasten. Wie eng Stress und Herzgesundheit zusammenhängen, zeigt ein aktueller Bericht der Deutschen Herzstiftung: Im Mittelpunkt steht dabei ein oft übersehener Faktor – der Vagusnerv.

Vagusnerv: Schlüsselstelle zwischen Stress und Herz

Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle für die Erholung des Körpers. Er gehört zum parasympathischen Nervensystem, das im Gegensatz zum aktivierenden Sympathikus für Entspannung und innere Ausgeglichenheit sorgt. Dieser längste Hirnnerv reicht vom Gehirn bis in den Bauchraum und steuert viele lebenswichtige Prozesse – darunter Herzschlag, Atmung und Verdauung.

Bei anhaltendem Stress verliert der Vagusnerv an Einfluss, während das sympathische Nervensystem dauerhaft aktiv bleibt. Der Körper verharrt im Alarmzustand – auch ohne akuten Auslöser. Die Folge: Der Puls steigt, der Blutdruck erhöht sich, Entzündungen breiten sich aus, das Herz wird belastet. Doch dieser Zustand lässt sich gezielt beeinflussen – mit Maßnahmen, die den Vagusnerv im Alltag stärken.

Angst und Stress schwächen den Vagusnerv – und belasten das Herz messbar

Menschen mit Panik- oder Angststörungen haben ein deutlich höheres Risiko für Herzinfarkte. Auch Depressionen zählen inzwischen zu den anerkannten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Entscheidend ist dabei nicht nur das subjektive Stressempfinden – sondern messbare Veränderungen im Nervensystem.

Dr. Cora Stefanie Weber, Chefärztin der Psychosomatischen Medizin an der Klinik Henningsdorf erklärt: „Bei Menschen mit Angst- und Panikstörungen nimmt man an, dass es ihrem Gehirn nicht mehr gelingt, Angstreaktionen ausreichend zu unterdrücken. Ihr Vagusnerv ist gehemmt – und sie geraten so in chronischen Stress.“ Die Folgen zeigen sich nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Typisch sind Herzrasen, Brustenge und Atemnot.

HRV: Der Taktgeber für körperliches Gleichgewicht

Ein wichtiges Frühwarnzeichen ist die Herzratenvariabilität (HRV). Sie zeigt an, wie flexibel der Herzschlag auf Belastungen reagiert. Eine hohe HRV deutet auf ein aktives parasympathisches Nervensystem hin – also auf gute Anpassungsfähigkeit an Stress.

Bei jungen, gesunden Menschen oder trainierten Sportlern liegt die HRV meist hoch. Mit zunehmendem Alter, bei Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck, sinkt sie. Auch seelische Belastung lässt den Wert fallen – und zeigt so, wie eng Psyche und Herz miteinander verbunden sind.

Emotionale Kompetenz hilft dem Herzen

Dr. Weber empfiehlt, Menschen mit Angststörungen dabei zu unterstützen, ihre oft unkontrolliert auftretenden belastenden Gefühle besser wahrzunehmen und zu steuern. Eine solche Stabilisierung kann im Rahmen einer psychosomatischen Behandlung erfolgen – ob ambulant, teilstationär oder stationär.

Fördert man das Wahrnehmen von Emotionen therapeutisch, lässt sich die Funktion des Herzens günstig beeinflussen.

Dr. Cora Stefanie Weber

Ziel sei es, emotionale Reaktionen zu erkennen und gezielt zu steuern. Diese Fähigkeit entlaste das Herz – besonders bei Menschen mit chronischer Angst oder Anspannung. Therapien wie Achtsamkeitstraining, Atemtechniken oder gezielte Entspannung helfen, das Nervensystem neu zu regulieren. Das senkt nicht nur die psychische Belastung – sondern auch messbare Risiken für das Herz. Kommt die Psyche zur Ruhe, folgt der Körper.

Alltagstaugliche Wege zur Beruhigung des Nervensystems

Schon mit kleinen Veränderungen im Alltag lässt sich der Vagusnerv gezielt stärken. Das hilft dem Körper, besser mit Stress umzugehen – und entlastet das Herz.

Diese Maßnahmen fördern die Vagusnerv-Aktivität:

  • Tief und ruhig atmen: Tägliche Bauchatmung – idealerweise fünf Minuten am Stück – beruhigt das Nervensystem.
  • Bewegen ohne Druck: Spazierengehen, Radfahren oder Schwimmen helfen, Stress abzubauen und die Herzfrequenz zu stabilisieren.
  • Regelmäßig schlafen: 7 bis 8 Stunden Schlaf pro Nacht unterstützen die körperliche Erholung und fördern die innere Balance.
  • Entspannung einbauen: Methoden wie Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung helfen, das Nervensystem in den Ruhemodus zu bringen.
  • Struktur im Alltag: Ein stabiler Tagesrhythmus mit festen Essens- und Schlafenszeiten reduziert innere Unruhe.

Schon diese einfachen Gewohnheiten können einen spürbaren Unterschied machen – und stärken nicht nur den Vagusnerv, sondern auch die eigene Herzgesundheit.

Kurz zusammengefasst:

  • Der Vagusnerv reguliert Entspannung und schützt das Herz vor den Folgen von chronischem Stress, Angst und Depression.
  • Eine geringe Herzratenvariabilität (HRV) weist auf ein überlastetes Nervensystem hin und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Entspannungsübungen, Bewegung, Schlaf und gezielte Psychotherapie stärken den Vagusnerv und verbessern sowohl die psychische als auch die körperliche Gesundheit.

Übrigens: Nicht nur Schlafmangel oder Dauerstress schwächen das Herz – auch die Ernährung spielt im Alter eine entscheidende Rolle. Neue Studiendaten zeigen, dass bis zu sechs Eier pro Woche das Herzinfarkt-Risiko bei Senioren deutlich senken können. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Freepik

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