Natur statt Medikamente: 10 Minuten im Grünen lindern psychische Erkrankungen

Eine neue Studie zeigt, dass bereits zehn Minuten in der Natur Depressionen und andere psychische Erkrankungen lindern können.

Natur psychische Erkrankungen

Die Natur reicht uns die Hand und sorgt für unser Wohlbefinden – sorgen wir auch für ihres. © Vecteezy

Ein Aufenthalt in der Natur kann Erwachsenen helfen, psychische Erkrankungen und deren Symptome zu lindern. Dies fand eine neue Meta-Analyse heraus, die die Fachzeitschrift Ecopsychology veröffentlicht hat. Die Analyse wertete Studien aus den Jahren 1990 bis 2020 aus. Sie kam zu dem Ergebnis, dass bereits zehn Minuten in einem Stadtpark positive Effekte haben können.

Die Forscher untersuchten 45 Studien aus 41 Artikeln aus den Jahren von 1990 bis 2020. Sie stellten fest, dass Naturaufenthalte moderate, aber signifikante Verbesserungen der mentalen Gesundheit bewirken. Diese Ergebnisse wurden auch in Studien mit Kontrollgruppen bestätigt. Besonders hilfreich sind Naturaufenthalte für Menschen mit Depressionen und bipolaren Störungen.

Positive Effekte der Natur nach nur 10 Minuten spürbar

Die Natur verbessert die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden, so die Forscher. Sie analysierten, wie verschiedene Arten und Längen der Naturaufenthalte die Symptome der Teilnehmer beeinflussten. Sowohl kurze Aufenthalte von zehn Minuten als auch ein längerer Verweil in der Natur über mehrere Tage zeigten positive Effekte und linderten psychische Erkrankungen.

Kostengünstige Therapie in der Natur

Die Ergebnisse der Meta-Analyse legen nahe, dass Naturaufenthalte als kostengünstige und leicht zugängliche Therapieform für Menschen mit psychischen Erkrankungen genutzt werden könnten. Dies würde nicht nur den Betroffenen helfen, sondern auch die überlasteten Gesundheitssysteme entlasten. „Wir wissen, dass die Natur eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit spielt, aber Fachkräfte im Bereich Verhaltensgesundheit und Gesundheitswesen denken oft nicht daran, sie als Mittel der Wahl in Betracht zu ziehen.“ Das sagte Joanna Bettmann, Professorin an der University of Utah College of Social Work in HealthDay.

Zwei Stunden in der Woche realistisches Ziel

Eine weitere Studie, durchgeführt von Mathew White am European Centre for Environment & Human Health der University of Exeter, zeigte, dass zwei Stunden pro Woche in der Natur – sei es in lokalen Parks oder anderen natürlichen Umgebungen – signifikante Vorteile für die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden bringen. Diese Studie, veröffentlicht im Fachblatt Science Reports, untersuchte 20.000 Menschen. Sie fand heraus, dass Personen, die diese Zeit in der Natur verbrachten, deutlich häufiger von guter Gesundheit und einem starken Wohlbefinden berichteten. Interessanterweise gab es keine Vorteile für diejenigen, die diese Schwelle nicht erreichten.

„Zwei Stunden pro Woche sind hoffentlich ein realistisches Ziel für viele Menschen, besonders da es über die gesamte Woche verteilt werden kann,“ erklärte White. Die Yale School of the Environment berichtete ebenfalls über die robusten Effekte dieser Naturzeit. Beruf, ethnische Zugehörigkeit, sozialer Status oder chronische Krankheiten und Behinderungen spielten dabei keine Rolle.

Bäume vorm Haus reduzieren das Risiko von Depressionen

Aletta Bonn ist eine von rund 25 Forschenden in Europa, die im Rahmen des Projektes „Doctor Forest“ untersuchen, wie sich Natur, insbesondere Wald, auf uns Menschen auswirkt. Sie ist Professorin für Ökosystemleistungen und forscht am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig. „Es geht nicht nur um die tolle, intakte Natur, vielleicht auch in Naturschutzgebieten, sondern die ganz alltägliche Natur, die wir täglich erfahren,“ erklärt Bonn laut SWR.

Eine Langzeitstudie mit 10.000 Teilnehmern in Leipzig, die über fünf Jahre lief, zeigte:

Je mehr Straßenbäume tatsächlich vor der direkten Haustür sind, desto geringer das Risiko, Antidepressiva verschrieben zu bekommen.

Aletta Bonn

Die Daten verdeutlichen, dass selbst nur alltägliche Aufenthalte in der Natur einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheit haben und psychische Erkrankungen lindern können.

Waldbaden ist das neue Detoxen

Waldspaziergänge auf Krankenschein klingen zu schön, um wahr zu sein, aber in Japan ist das möglich. Von dort kommt der Trend des sogenannten Waldbadens, auf Japanisch Shinrin Yoku. Was nach fernöstlicher Weisheit klingt, ist im Grunde nichts anderes als der gute alte Waldspaziergang, nur eben auf Rezept. Eine ärztliche Verschreibung zum Spazierengehen kann helfen, besonders für Menschen, die Schwierigkeiten haben, ziellos umherzuschlendern. Hauptgrund für das Waldbaden sind jedoch die beachtlichen gesundheitlichen Vorteile, die es mit sich bringt.

Peter Wohlleben erklärt in seinem Buch „Das geheime Band zwischen Mensch und Natur„, dass Bewegung natürlich immer gut tut, aber besonders die Bäume verantwortlich für die positiven Gesundheitswirkungen sind. Die entspannende Wirkung der Farbe Grün und die von Bäumen ausgesandten Stoffe, wie Phytonzide, können nachweislich den Blutdruck senken und unser Immunsystem stärken. Bereits seit 1956 weiß man, dass Nadelbäume ihre Umgebung mithilfe pflanzlicher Antibiotika desinfizieren. Japanische Forscher fanden heraus, dass Phytonzide sogar Krebs vorbeugen können. Probanden, die im Wald spazieren gingen, zeigten eine erhöhte Konzentration von Killerzellen und Antikrebsproteinen im Blut. Ein ähnliches Experiment in Korea bestätigte die Verbesserung von Blutdruck, Lungenkapazität und Arterienelastizität nach einem Waldspaziergang. Die Ludwig-Maximilians-Universität in München erforscht seit 2019 die Waldtherapie und bietet eine Ausbildung zum Waldgesundheitstrainer an.

Was du dir merken solltest:

  • Eine neue Meta-Analyse zeigt, dass bereits zehn Minuten in der Natur psychische Erkrankungen lindern können.
  • Die Studie ergab, dass Naturaufenthalte sowohl kurzfristige als auch langfristige positive Effekte auf die mentale Gesundheit haben. Das gilt insbesondere bei Depressionen und bipolaren Störungen.
  • Naturaufenthalte könnten als kostengünstige und leicht zugängliche Therapieform die Belastung der Gesundheitssysteme verringern und den Betroffenen wirksam helfen.

Bild: © Vecteezy

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